Misshandlung von Kindern: Jugendamt trennt 474 Betroffene von der Familie

Nach 1528 Hinweisen auf mögliche Misshandlungen von Kindern und Jugendlichen hat das Dresdner Jugendamt in 474 Fällen betroffene Kinder aus der Familie genommen. Das geht aus einer heute von der Stadt veröffentlichten Bilanz für das Jahr 2013 hervor. „Kinder von ihren Eltern zu trennen, ist immer das äußerste Mittel“, sagt Claus Lippmann, Leiter des Dresdner Jugendamtes. „Leicht fällt unseren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern dieser Schritt nie. Es ist immer ein Balanceakt. Dabei hat das Wohl des Kindes oberste Priorität“, fügt er hinzu. Sorge bereitet dem Jugendamts-Chef die große Anzahl gefährdeter Säuglinge und Kleinkinder. Allein in diesem Jahr (Stand 30. Juni 2014) mussten bereits 40 Kinder unter drei Jahren in Obhut genommen werden, darunter auch 16 Neugeborene.

Es waren und sind Nachbarn, Bekannte, Kinderärzte, Schulen und Kindertagesstätten, die das Jugendamt informieren, erklärt Lippmann. Viele Kinder und Jugendliche würden sich aber auch selbst melden. Jeder einzelne Fall werde bearbeitet, betont der Jugendamts-Leiter. 21 Prozent dieser gemeldeten Verdachtsfälle hätten die Mitarbeiter im vergangenen Jahr als so alarmierend und schwerwiegend eingestuft, dass unverzüglich gehandelt werden musste. Dies seien Fälle, in denen Kinder und Jugendliche unter akuten Gefahren leiden und schwere Konflikte in der Familie, Misshandlungen oder sexuelle Gewalt erleiden. Dann sei die Trennung von der Familie der letzte Ausweg, der Rettungsring, den das Jugendamt werfen muss.

„Wir gehen raus und machen Hausbesuche. Schließlich müssen wir uns ein genaues Bild verschaffen“, beschreibt Lippmann das Vorgehen und betont, dass diese Entscheidungen nicht am Schreibtisch fallen würden. In Einzelfällen würde die letzte Konsequenz auch gegen den erklärten Willen der Sorgeberechtigten gezogen. Dann werde immer das Familiengericht mit eingeschaltet. Dieses hat das letzte Wort und entscheidet, was für das Wohl des Kindes richtig und notwendig ist.

Für Kinder und Jugendliche, für die eine Rückkehr in ihre Familie nicht in Betracht komme, werde eine geeignete Unterbringung gesucht, zum Beispiel eine Pflegefamilie. „Hier wartet das auf sie, was sie bislang vermisst haben: Aufmerksamkeit und Zuwendung, Zuneigung und Liebe. Es ist so etwas wie eine zweite Startchance fürs Leben“, so Lippmann.

Große Aufmerksamkeit widmet das Jugendamt der Vorbeugung von Konfikten in den Familien. Es bietet eine Fülle von Hilfen für belastete Familien an, um es erst gar nicht soweit kommen zu lassen. „Jedes Kind, das in der eigenen Familie nicht mehr gut aufgehoben ist, ist ein Kind zu viel. Und immer steckt eine menschliche Tragödie dahinter“, erläutert Lippmann. Speziell für Säuglinge und Kleinkinder gibt es mittlerweile in Dresden ein dichtes Netz der so genannten Frühen Hilfen für werdende Eltern und Eltern mit Kindern bis zum dritten Lebensjahr. Dazu gehören Familienhebammen, Begrüßungsbesuche des Jugendamtes bei Eltern nach Geburt eines Kindes, Familiengesundheitspaten, ein Pool von Ehrenamtlichen für die Unterstützung von Familien in schwierigen Situationen und vieles mehr. Alle Berufsgruppen, die mit Kindern, Jugendlichen und Familien arbeiten haben sich dafür in Netzwerken für Kinderschutz und Frühe Hilfen zusammengefunden.

 

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