Thema: Wahlen 2014

Valentin Lippmann

Valentin Lippmann: NSA und Funkzellenabfrage haben die Bürger sensibel gemacht

2014 ist Wahljahr. Am 25. Mai werden das Europaparlament und in Dresden der Stadtrat gewählt. Am 31. August folgt die Wahl des Sächsischen Landtags. menschen-in-dresden.de stellt in loser Reihenfolge Kandidaten vor – Neulinge, Quereinsteiger, erfahrene Politiker.

Heute: Valentin Lippmann, Platz 6 auf der Landesliste Bündnis 90/Die Grünen für die Landtagswahl

Valentin Lippmann, 23
geboren in Dresden
Student, Masterstudium Politik und Verfassung, TU Dresden
Ortsbeirat Dresden-Neustadt seit 2009
Grüne Jugend, Eintritt 2006
Schatzmeister Bündnis 90/Die Grünen Dresden seit 2008
Sprecher der Landesarbeitsgemeinschaft Demokratie und Recht von Bündnis 90/ Die Grünen Sachsen
Freizeit: Fahrradfahren, Kochen, Zurückziehen und lesen

Sie sind 23 Jahre alt und haben für dieses Alter schon eine lange politische Karriere hinter sich. Warum waren es die Grünen, für die Sie sich mit 15 Jahren entschieden haben?

Für mich gab es damals zwei Motive, politisch aktiv zu werden. Das eine war die Bildungssituation in Sachsen. Ich fand es einfach nicht hinnehmbar, dass so frühzeitig aussortiert wird. Und dass jemand, der seinen Leistungshorizont erst später erreicht, eigentlich keine Chance mehr auf das Abitur hat. Da hatten die Grünen mit den Gemeinschaftsschulen ein für mich schlüssiges Konzept. Ein anderes Thema war der Klimawandel. Eine meiner ersten Demo-Erfahrungen bei der Grünen Jugend war eine Demo gegen Braunkohlekraftwerke.

Sie sind mit 17 Schatzmeister beim Dresdner Kreisverband der Grünen geworden – nicht volljährig und fürs Geld verantwortlich?

Ich finde Alter in der Politik nicht so eine spannende Frage, weil das nichts über die Fähigkeiten aussagt. Die Kasse bei den Grünen hat gestimmt. Das ist entscheidend.

Die Neustadt ist eine Grünen-Hochburg. Kann man da im Ortsbeirat mehr bewegen?

Wir sind der einzige Ortsbeirat in Dresden, wo die Grünen mit 5 von 15 Sitzen die stärkste Kraft sind. In den letzten Jahren haben die großen Themen der Stadtentwicklung wieder eine Rolle gespielt – da ist der Ortsbeirat auch immer ein wichtiger Raum für die öffentliche Diskussion.  Leider ist der Ortsbeirat nur beratend. Wir Grünen wollen mehr Entscheidungsrechte für die Ortsbeiräte und dass diese auch gewählt und nicht vom Stadtrat bestellt werden. Selbst bei einstimmigen Beschlüssen im Ortsbeirat kann der Stadtrat ganz andere Entscheidungen treffen. Das wollen wir ändern.

Wo war es besonders ärgerlich, dass der Ortsbeirat nicht selbst entscheiden konnte?

Wenn es wirklich nur um den Stadtrat geht, sollten die entscheiden, die sich vor Ort auskennen und die Infrastruktur täglich nutzen. Warum entscheiden dies Stadträte, die davon nicht betroffen sind? Bei vielen kleinen Themen könnten die Einwohner merken, dass es schneller geht – beim Pflanzen von Bäumen, Aufstellen von Papierkörben. Da gibt es einen Konsens mit den anderen Parteien vor Ort. Wir Neustädter sind einfach leidgeplagt durch den Zentralismus der Stadt.

Ihr nächsten politisches Ziel ist der Landtag. Der am Wochenende erkämpfte Platz 6 auf der Landesliste ist dafür beste Voraussetzung. Mit welchen Themen wollen Sie Ihre Wähler mobilisieren und die Grünen sicher über die 5-Prozent-Hürde bringen?

Wir haben in Sachsen einen eklatanten Nachholebedarf in Sachen Bürgerrechte und Demokratie. Wir brauchen dringend eine Demokratieoffensive. Bürgerbeteiligung wird von der CDU/FDP-Regierungskoalition weitgehend ignoriert und damit auch viel bürgerschaftliches Engagement gebremst. Die Quoren für Bürgerentscheide müssen gesenkt werden.

Mein persönlicher Schwerpunkt ist die Frage der Bürgerrechte. Da hat die Staatsregierung in den letzten Jahren viel kaputt gemacht. Funkzellen-Überwachung oder NSA. Wir brauchen eine bürgerrechtsorientierte Politik. Versammlungsrecht und Polizeigesetz wurden verschärft, die Grundlagen für die Datenerhebung durch Polizei und Verfassungsschutz wurden erweitert. Das stört, glaube ich, viele in Sachsen.

Woher nehmen Sie die Überzeugung, dass das Themen sind, die die breite Masse interessieren?

Ich denke, dass das Interesse am Thema Bürgerrechte nach dem NSA-Skandal gewachsen ist. Viele Menschen, besonders auch junge, wollen genau wissen, was mit ihren Daten passiert. Ich beobachte da in Dresden ein hohe Sensibilität.

Bürgerrechte sind Ihr Thema, womit werden die Grünen als Partei die Wähler mobilisieren?

In der Energiepolitik haben wir ganz klar ein Alleinstellungsmerkmal. Es gibt keine andere Partei in Sachsen, die glaubwürdig für den Ausstieg aus der Braunkohleverstromung und für mehr erneuerbare Energien steht. Bildung und Hochschulpolitik sind zunehmend Opfer der CDU-Sparpolitik. Das ist fatal.

War es die Diskussion um schwarz-grün, die Antje Hermenau ein eher bescheidenes Abstimmungsergebnis eingebracht hat?

Antje Hermenau scheut keine Auseinandersetzung. Sie sagt offen, was sie denkt. Damit gewinnt sie nicht nur Zustimmung in der Partei. Aber sie kann besser als ich bei kritischen, ehemaligen CDU-Wählern für grüne Politik werben.

Natürlich müssen demokratische Parteien miteinander koalieren können. Die Wahrscheinlichkeit einer schwarz-grünen Koalition, genau weil es um die Durchsetzung grüner Inhalte geht, ist allerdings marginal. Braunkohle, Bürgerrechte, eine andere Hochschul- und Bildungspolitik – das sehe ich bei der sächsischen CDU keine Chance auf Bewegung. Wir werden im Wahlkampf deutlich machen, wo die CDU versagt hat.

Wo würden Sie sich denn bewegen, bei Braunkohle oder Bürgerrechten?

Im Wahlkampf geht es nicht um Koalitionsfragen. Wir wollen erst einmal die grünen  Positionen deutlich machen und für diese um Unterstützung der Wählerinnen und Wähler werben.

Das ist auch eine klare Ansage. Bis zur Wahl erklärt jeder seine Position, danach muss man Kompromisse verhandeln.

Wir wollen mindestens so stark werden wie 2009. Nur starke Grüne können über Koalitionen verhandeln. Sonst bewegen sich etwa bei der Energiepolitik weder die SPD noch die CDU. Wir Grüne wollen Sachsen verändern. An Koalitionen, bei denen nichts geändert werden soll, sind wir nicht interessiert.

Danke für das Gespräch.