Am 14. Dezember öffnet die „Lößnitzstraße 14“ auf dem ehemaligen Drewag-Gelände zur Adventswerkstatt ihre Tore. Obwohl das Areal zu einem quicklebendigen Ort der Kreativwirtschaft geworden ist, plant die Stadt zum Frühjahr 2014 den Verkauf. Was dann aus den dort ansässigen Künstlern und Handwerkern werden soll, ist derweil noch unklar. Im kürzlich beschlossenen Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD hat sich die Große Koalition dagegen klar für die Förderung der Kreativwirtschaft ausgesprochen und spricht von einer „Branche mit großem Potential“. Kristian Andresen, Stephanie Bernhard und Falk Terrey von der Lößnitzstraße 14 beantworten im Interview Fragen zur Zukunft des Areals und zur kreativen Szene Dresdens.
Die Lößnitzstraße 14 (LÖ14) hat sich zu einem unverzichtbaren Raum für die Kultur- und Kreativwirtschaft entwickelt. Warum ist das Areal zu so einem wichtigen Hotspot der hiesigen Kreativszene geworden?
Kristian Andresen: Durch den schrittweisen Rückzug der Drewag aus den Gebäuden wurden gerade zu Beginn sehr günstige Räume zur Vermietung frei. Dazu kommt die Qualität der Räume, die laute und dreckige Arbeiten zulassen. Das Areal ist zudem noch ziemlich abgeschottet und mit seinem industriellen Charme für viele Künstler und kreativ Arbeitende der perfekte Spielplatz.
Stephanie Bernhard: Auch die Nähe zur Neustadt, wo viele Kreative und Kleinunternehmer leben, ist ein Grund, weshalb es sich anbietet auf dem Areal im Bogenviertel zu arbeiten – ein idealer Arbeitsort. Kleinere Flächen geben einzelnen Selbstständigen Platz für Büros und Arbeitsräume, Künstler und Handwerker haben Gelegenheit für größere Arbeiten und Konstruktionen.
Falk Terrey: Gerade bei der Ateliersuche ist es für viele Studenten der Hochschule für Bildende Künste und für die Designer und andere kreativ Arbeitende nicht leicht, ein geeignetes und halbwegs bezahlbares Atelier zu finden. Die angehenden Designer, Architekten und Künstler blicken auf einen sukzessiven Wegfall vieler Freiräume in Dresden.
Die Drewag strebt Anfang nächsten Jahres den Verkauf des Areals an. Sehen dadurch viele Nutzer ihren Standort gefährdet?
Kristian Andresen: Im Herbst letzten Jahres wurde uns Nutzern offiziell mitgeteilt, dass die Drewag plant, das Areal zu veräußern bzw. dass ein Verfahren zur Feststellung eines Bebauungsplans gestartet wurde. In diesen Plänen ist aus unserer Sicht allerdings kein Platz mehr für die derzeitigen Nutzer, da zum einen wesentliche Gebäude abgerissen werden und zum anderen die Ersatzflächen nicht mehr bezahlbar sein werden.
Der Stadtrat spricht von der LÖ14 als „Gewerbebrache“, tatsächlich handelt es sich aber um einen quicklebendigen Ort der Kreativwirtschaft. Ein Widerspruch, oder?
Kristian Andresen: Ein ziemlich häufiger Widerspruch. Das Konzept der „Zwischennutzung“ ist in der Kreativwirtschaft sehr verbreitet. Die Akteure der Kreativwirtschaft sind aus verschiedenen Gründen häufig auf günstige Mietflächen angewiesen und meist unempfindlich, was den Zustand der Gebäude angeht, wenn nicht sogar besonders angezogen von nicht saniertem Altbestand. Der Knackpunkt ist dabei das „Zwischen“ in der Nutzung. Die Nutzer wollen gerne langfristig in den Gebäuden bleiben. Für die Eigentümer verursachen die Gebäude aber größere Kosten als durch die Mieteinnahmen gedeckt werden können. Die Zwischennutzung wird dabei geduldet, oder gar gewollt, da die Gebäude durch die Benutzung vor dem Verfall bewahrt bleiben. Trotzdem steht immer das Verkaufsinteresse des Eigentümers im Hintergrund. An dieser Stelle fehlt noch eine Lösung, die die Interessen aller Beteiligten zusammenbringt. Auch die Stadtverwaltung ist hier gefragt, denn die kleinen Kreativunternehmer sind mittlerweile ein nicht mehr vernachlässigbarer Wirtschaftsfaktor und haben großen Einfluss auf das Image einer Stadt.
Warum tut sich die Stadt Dresden allem Anschein nach so schwer, der Kreativwirtschaft und ihren Akteuren den nötigen Raum zu geben?
Falk Terrey: Die Kultur- und Kreativwirtschaft ist ein zukunftsorientierter Wirtschaftsfaktor, in dem viele Ideen und Visionen entstehen und dazu zur gesellschaftlichen Bereicherung beitragen und eine Stadt attraktiv und spannend machen. Ich denke, auch Dresden sieht in diesem Wachstumsmarkt Potential. Aber Kunst und Kultur kann nur dort gesellschaftlich wirken, wo sie authentisch vorhanden ist und dazu gehört die Lößnitzstraße. Deshalb ist es von Bedeutung, die Künstler, Musiker, Komponisten, Designer und Architekten etc., in die Überlegungen der kulturellen, wirtschaftlichen und stadtplanerischen Entwicklung aktiv mit einzubeziehen.