Gemeinsam Fahrräder reparieren in Löbtau, Flüchtlinge unterbringen in Künstlerwohnungen des Festspielhauses Hellerau, ein gemeinsames Tanzprojekt mit Prohliser Jugendlichen – die Zahl der Menschen, die sich in Dresden in Hilfsprojekten und für den weltoffenen Charakter der Stadt engagieren, misst sich nicht an den montäglichen Pegida-Gegendemonstrationen. Viola Klein, Geschäftsführerin von Saxonia Systems, findet diese Demonstrationen wichtig, wie auch die Place-to-be-Konzerte und die Bürgerkonferenz. „Wir brauchen einen Mix aller Initiativen“, sagt sie. Ihr liegt eher der aktive Part, „nicht reden, sondern machen“. Einen Sprachkurs wollte sie mit ihrem Unternehmen auf die Beine stellen und auch finanzieren. Wie bei der Idee in Hellerau, Flüchtlinge unterzubringen, war es auch hier von der Idee bis zum Start ein Weg, auf dem viele Erfahrungen mit der Verwaltung gesammelt wurden, etliche Telefonate und Gespräche geführt werden mussten, bis die richtigen Ansprechpartner gefunden waren. „Zunächst haben wir uns an das Sozialamt gewandt“, schildert Tina Gruhl, Assistentin der Geschäftsleitung bei Saxonia Systems, die ersten Schritte. Dann habe man eine Veranstaltung mit Asylbewerbern in Gorbitz besucht und Kontakt zum Flüchtlingsrat geknüpft. Da hatte man einen Ansprechpartner, der potentielle Kursbesucher kennt.
Patenschaften zur Überwindung von Bildungsunterschieden
Heute war das schon Geschichte. Die ersten 15 Kursteilnehmer bekamen in einer kleinen Feier ihre Zertifikate überreicht. Acht Wochen Deutschkurs. Täglich fünf Stunden reden, reden, reden. Ein bisschen aufgeregt, aber auf jeden Fall stolz, gingen sie einzeln nach vorn und nahmen Urkunde und Blumen in Empfang. Anschließend bedankten sich die Kursteilnehmer mit kleinen Präsenten bei den Organisatoren und ihrer Sprachlehrerin Claudia Oertel.
Die Germanistin ist freiberufliche Dozentin für Deutsch als Fremdsprache. Es sei nicht einfach gewesen, schildert sie die zurückliegenden acht Wochen. Sie hat Patenschaften organisiert, um das unterschiedliche Bildungsniveau ihrer Schüler auszugleichen. Es waren Hochschulabsolventen dabei, aber auch junge Leute, die nur fünf Jahre zur Schule gegangen waren. Einige hatten noch nie ein Museum gesehen oder einen Busfahrplan gelesen. „Ich habe in der Zeit auch viel über die Kultur meiner Schüler erfahren, über das Leben in Eritrea, Syrien oder Palästina“, erzählt die Dozentin. Das sei sehr beeindruckend gewesen. Die meisten Sprachkursabsolventen können jetzt eine berufsbegleitende weitere Qualifizierung anschließen. Eine Teilnehmerin interessiert sich für Altenpflege, eine andere für das Hotelwesen.
Aufruf an Dresdner Unternehmen
Viola Klein wird mit ihrem Unternehmen einen weiteren Sprachkurs organisieren. Sie hat Unternehmen in Dresden aufgerufen, dem Beispiel von Saxonia Systems zu folgen.
Die meisten Asylbewerber kämen sehr motiviert nach Deutschland, warten dann aber durchschnittlich 15 Monate auf einen Entscheidung ihres Asylantrages, erklärt Klein. In dieser Zeit können sie ausgewählte berufsbezogene Deutschkurse besuchen. Dafür jedoch ist ein Zertifikat der Stufe A1 die Voraussetzung. „Und genau hier gibt es eine Lücke, die wir mit unserer Initiative schließen wollen“, sagte Klein.
Sie hat selbst bereits mit vier weiteren Firmen gesprochen und die Zusagen fast in der Tasche. Klein setzt darauf, dass sich noch mehr Firmen beteiligen und richtet ihren Appell an die Dresdner Wirtschaft. „Helfen Sie den Asylsuchenden, sich selbst zu helfen. Dafür ist unsere Sprache die wichtigste Voraussetzung. Unsere Erfahrungen, das ganze Netzwerk stellt unsere Firma jedem, der helfen möchte, zur Verfügung“, so die Unternehmerin.
Der Beweis ist erbracht
Mit dabei war heute auch Andreas Babuke von der Dresdner Agentur für Arbeit. Er betreut das Projekt „Early Integration – Integration von Asylsuchenden“, das derzeit deutschlandweit in neun Städten angelaufen ist. Dresden ist eine davon. In dem Projekt arbeiten das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, die Agentur für Arbeit und der Flüchtlingsrat gemeinsam. Early Intergration soll helfen, die Strukturen aufzubauen, in denen die Asylsuchenden schneller Deutsch lernen und in eine Beschäftigung vermittelt werden können, erklärt Babuke.
Auch Andreas Mönch, zusammen mit Viola Klein Vorstand bei Saxonia Systems, würde sich freuen, wenn sich weitere Firmen der Initiative anschließen. Der Kundenkreis von Saxonia Systems ist überwiegend außerhalb von Dresden. „Wir müssen ständig Rede und Antwort stehen über die Ereignisse der letzten Monate in Dresden“, schildert er. Darum wollte man nicht nur reden, sondern auch etwas tun. Man kann als Firma mit der Verwaltung einen Weg finden, wenn man helfen will. „Der Beweis ist erbracht“, sagt Mönch.