Jafar Panahi ist sympathisch. Der Mittfünfziger mit dem dichten dunklen Haar begegnet dem Zuschauer als dauerschmunzelnder Onkel, der in einem Taxi in Teheran geduldig Menschen von A nach B fährt. Geld will er nicht. Nur Geschichten. Alltagsgeschichten, die er während der Fahrt mit der im Auto installierten Kamera aufnimmt.
Jafar Panahi ist klug. Der Regisseur hat in seiner Heimat, dem Iran, eigentlich Berufsverbot. Also kommt er auf die fast schon geniale Idee, in seinem Auto eine Art privaten Film zu drehen. Das kann auch gut als Dokumentation verstanden werden. Die Kritik an dem Regime, in dem er leben muss, weil er zu seiner sechsjährigen Haftstrafe auch Berufs- und Reiseverbot bekommen hatte, verpackt er intelligent in ebenjene Alltagsgeschichten.
Jafar Panahi ist mutig. Er lässt diesen Film nach Berlin schmuggeln, trotzt der Gefahr, mediale Aufmerksamkeit und sogar einen Preis – das Werk wurde auf der Berlinale mit dem Goldenen Bären ausgezeichnet – zu erhalten. Sympathisch, klug und mutig – das macht es schwer, den Streifen des so mit Vorschuss-Lob ausgestatteten Regisseurs zu kritisieren. Gestern hatte „Taxi Teheran“ bei den Filmnächten am Elbufer seine Deutschland-Premiere.
Sommernachtsabend im Großstadtauto
Das Publikum war zahlreich erschienen. Es kam zumeist mit großen Erwartungen. Und es applaudierte zum Schluss. Dabei ließ der Film einige ratlos zurück. Es war zu merken, dass der Regisseur Mühe mit der Entscheidung hatte, ob es nun eher ein Dokumentar- oder Spielfilm sein soll. Für die Dokumentation wirkten die Szenen zu gespielt, für einen Film gab es zu viel nur gefühlte Handlung.
Das große Prädikat „heimlich gedreht“ reichte nicht als Spannungsbogen für die knapp 90 Minuten. Dabei begann die Fahrt recht originell: Der erste Fahrgast gab sich erst beim Ausstieg als Taschendieb zu erkennen – nachdem er sich mit der Volkschullehrerin auf dem Rücksitz eine heftige Debatte über die Todesstrafe geliefert hatte. Seiner Meinung nach gehörten Diebe hingerichtet – also alle, außer den Taschendieben.
Jafar Panahi blieb als Taxifahrer Beobachter oder wurde zum Gesprächspartner. Er traf einen Freund, kutschierte seine Nichte, beförderte einen Fahrgast, der mit illegalen Filmkopien handelte. Immer wieder ging es um die Politik, oft ums Filmemachen. Man erfuhr: Schwarzseherei ist im Iran nicht erwünscht. Alles soll positiv dargestellt werden. Den einen oder anderen erinnerte dies an das Leben in der DDR, auch wenn es da keine offiziellen Todesurteile gegeben hatte. Im Iran bringt die „Hinrichtungskultur“ jedenfalls so merkwürdige Geschichten zustande, dass ein Freund des Regisseurs, der überfallen worden war und seine Peiniger erkannt hatte, diese nicht ans Messer liefern wollte, um nicht über Leben und Tod entscheiden zu müssen.
Klug inszeniert waren auch die Szenen um die Rechte der Frauen, ganz nach dem Motto: Die beste Kritik ist jene, die Zuschauer ganz einfach an den alltäglichen Absurditäten teilhaben zu lassen. Doch klang die Angst einer Frau, beim möglichen Tod ihres mit dem Moped verunglückten Mannes verstoßen zu werden, sehr exotisch in den Ohren gestandener Mitteleuropäerinnen.
Fazit: Der Film ist wichtig, um Unrecht öffentlich zu machen. Und er ist gut für jene, die sich dadurch verstanden fühlen – auch, wenn die wenigsten Iraner „Taxi Teheran“ zu sehen bekommen werden. Doch schon allein, um den Mut des Regisseurs zu belohnen, sollte man den Film schauen – der Film läuft ab heute in deutschen Kinos, beispielsweise im Programmkino Ost und im Kino in der Fabrik.
Heute kommen die Dinosaurier an die Elbe: In „Jurassic World“ gerät ein Vergnügungspark mit den lebenden Urzeitgiganten in arge Bedrängnis. Warnung der Veranstalter: In Begleitung eines Erwachsenen dürfen Kinder zwar ab 6 Jahren diesen Film besuchen, jedoch raten sie auf Grund blutiger Szenen davon ab. Zuvor spielt in der die Konzertreihe „Hören vor Sehen“ die Band Paisley aus Dresden.
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