Nachdem mit Dirk Hilbert (FDP) Dresdens neuer Oberbürgermeister feststeht, wählt der Stadtrat am 6. August sechs der sieben Beigeordneten neu. Die Amtszeit des Beigeordneten für Finanzen und Liegenschaften, Hartmut Vorjohann, geht noch bis Ende 2016. menschen-in-dresden.de stellt die sechs Bewerber vor, heute: Eva Jähnigen.
Bleibt sie bei ihrer Linie, wird Eva Jähnigen auch als Beigeordnete im Dresdner Rathaus viel Transparenz vermitteln. Man darf gespannt sein, welche Einblicke wir bis 2022 auf ihrer Homepage erhalten. Die Bewerbung als Beigeordnete für Umwelt und Kommunalwirtschaft hat sie samt Lebenslauf öffentlich gemacht. Ausführlich legt die Grünen-Politikerin ihre Ziele für die einzelnen Veranwortungsbereiche in dem neu zugeschnittenen Geschäftsbereich der Stadtverwaltung dar. Als Landtagsabgeordnete hat sie auf der Homepage ihre Einkünfte offengelegt, nennt Nebeneinkünfte und Spenden, die sie selbst zahlt. Bei Facebook hat sich Jähnigen 2012 mit dem Satz „Ich möchte nicht, dass Ihre/Eure Daten in irgendeiner Weise von Facebook vermarktet werden können“ zwischenzeitlich schon einmal verabschiedet. Passt zu ihr, zu ihrem Anspruch an Transparenz. Auch mit Twitter ist die Juristin unterwegs. Da verbreitet sie, was ihr wichtig ist, von anderen und von sich selbst.
Bewerberin: Eva Jähnige (Bündnis 90/Die Grünen)
Amtsantritt: 12. September 2015
aktueller Amtsinhaber: Dirk Hilbert (FDP)
Was gehört zum Amtsbereich?
- Umweltamt
- Amt für Stadtgrün und Abfallwirtschaft
- Beteiligungsverwaltung
- Eigenbetrieb Städtische Friedhöfe
- Eigenbetrieb für Stadtentwässerung
Wenn sie sagt, „ich hatte eine hartes Bewerbungsgespräch“, kann man das glauben. Sie wollte den Job und war bestens vorbereitet auf die Fragen, die ihr in der Stadtratsfraktion und auf dem Grünen-Parteitag gestellt wurden . Dass der Leiter des Umweltamtes ihr Konkurrenz machen wollte, sieht sie als normal an und sei kein Hindernis bei der künftigen Zusammenarbeit. „Ich werde nie die bessere Fachfrau im Vergleich zu Herrn Korndörfer sein“, sagte Jähnigen und stellt klar: „Meine Rolle ist eine andere“. Sie will politische Konzepte umsetzen.
Dabei hat sie eines besonders gestört. „Politik ist in Dresden immer sehr als Stadtpolitik verstanden worden. Hier brauchen wir ein neues Bewusstsein“, sagt Jähnigen und führt auch gleich ein Beispiel an. Dresden könne wirtschaftlich nur wachsen, wenn man die Potenziale zusammen mit dem Umland erschließt. Als Landtagsabgeordnete hat die gebürtige Dresdnerin Büros in Pirna und Meißen eröffnet, um einen Anlaufpunkt für Initiativen und Interessenten aus der Region anzubieten. Sie ist dort oft unterwegs und kennt inzwischen auch die politische Akteure in der Region sehr gut. Dabei hilft auch ihr Sitz im Regionalen Planungsverband Oberes Elbtal/Osterzgebirge.
Verkehrsplanung, Biotope oder solidarischer Hochwasserschutz sind für sie Themen, die man über Stadtgrenzen hinaus diskutieren und lösen muss. Und man findet in diesen Debatten auch die Themen, die man als Kommunen gemeinsam gegen den Freistaat durchsetzen muss. Hier freut sie sich auch auf die Erfahrungen, die Raoul Schmidt-Lamontain, der als Baubürgermeister kandidiert, aus der Region Hannover mitbringt. „Er ist ein Stadt-Umland-Experte“, sagt Jähnigen.
Zum Thema:
Der Stadtrat hat einen neuen Zuschnitt der sieben Amtsbereiche beschlossen. Die abschließende Einigung erfolgt nach der Wahl der Beigeordneten.
>> Neue Verwaltungsstruktur
>> Bisherige Verwaltungsstruktur
Auch das Energie- und Klimakonzept ist für sie nur gemeinsam mit dem Umland erfolgreich umsetzbar. Luftreinhaltung und Lärm sollen zwei große Themen ihrer Arbeit sein. „Trotz des 2008 beschlossenen und 2011 fortgeschriebenen Programms zur Luftreinhaltung in Dresden hat sich die hohe Luftbelastung kaum verringert“, begründet sie die Wichtigkeit dieser Fragen. Sie will darum die „bisherige Umsetzung und Wirkung der Maßnahmen auf den Prüfstand stellen“ und bleibt bei ihrem Nein zur Umweltzone in der Stadt. Es gibt, so sagt sie, wirksamere Instrumente. Um die Luftqualität zu verbessern, könnte der Verkehr von Autos und Lkw verlagert und die Bahnangebote verdichtet werden. Um Verdichtung und Vertaktung des Bahnverkehrs müsse man sich als Stadt und Region selbst kümmern, das mache nicht der Freistaat, sagt Jähnigen.
Werkzeugmacherin, Krankenschwester, Rechtsanwältin …
Über ihr Privatleben plaudert die in Dresden geborene und verheiratete Politikerin nicht so viel. Auch nicht bei Facebook (siehe oben) oder Twitter. Im November wird sie 50. Ihre beiden Kinder sind 10 und 13 Jahre alt. Die Familie kümmert sich um die pflegebedürftige Mutter, die mit im Haushalt wohnt. Vor ihrem Jurastudium hat Jähnigen als pflegerische Hilfskraft im Krankenhaus Friedrichstadt gearbeitet und nebenher eine Ausbildung zur Krankenschwester gemacht. Der erste erlernte Beruf allerdings ist Werkzeugmacher. Im Zeugnis steht „Facharbeiter für Fertigungsmittel“. Wer Jähnigen schon mal auf einer Demo gehört hat, weiß, dass ihre Stimme für einen lauten Volkstribun nicht geeignet ist. Leise Töne liegen ihr besser. „Aber ich kann auch richtig wütend sein“.
Mit vielen ihrer Vorstellungen für das neue Amt wird Jähnigen bei ihrer eigenen Fraktion offene Türen einrennen. „Ich will aber den ganzen Stadtrat überzeugen“. Verwaltung und Beigeordnete seien verpflichtet, den ehrenamtlichen Stadträten die Vorhaben verständlich zu machen, erfüllten hier auch eine Dienstleisterrolle. Jähnigen hat seit 1991 die verschiedensten politischen Konstellationen in der Stadt erlebt, auch schon einmal einen grünen Beigeordneten. Sie war selbst fast 15 Jahre Vorsitzende der Grünen-Fraktion. Eine Führungsaufgabe in der Verwaltung ist für sie neu. Zwar hat sie als Rechtsanwältin früher oft mit der Verwaltung zu tun gehabt, aber aus einer anderen Perspektive. Das Rollenverständnis der Beigeordneten ist für sie wichtig. „Wenn das alle so sehen, wird es eine andere Atmosphäre der Zusammenarbeit geben“, ist sie sicher.
Bereits vorgestellt:
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