Mit einer echten Überraschung wartete Jens Werner, Geschäftsführer der ThyssenKrupp Carbon Components mit Sitz in Kesselsdorf, heute auf. Dresden könnte in wenigen Jahren Standort für die Produktion von Leichtbaurädern von Bussen werden. Derzeit würde ein höherer zweistelliger Millionenbetrag in die Pilotproduktion investiert. Dann könnten 30.000 neuartige leichte Felgen pro Jahr hergestellt werden. Spätestens in fünf Jahren soll die Produktion in Großserie beginnen. Derzeit würden geeignete Standorte für ein Werk geprüft. Mehrere hundert Arbeitsplätze würden neu entstehen, erklärte Werner. An den weltweit neuartigen leichten Felgen seien hätten Fahrzeughersteller aus Deutschland und dem Nicht-EU-Raum bereits Interesse angemeldet. Die Felgenproduktion habe großes Potential. Weltweit würden jährlich rund 700 Millionen Felgen hergestellt. Mit der Neuentwicklung würde ein Bus um etwa 200 bis 250 Kilogramm leichter.
Hightechbus auf Pilotlinie 64
Darüber zeigte sich vor allem DVB-Geschäftsführer Reiner Zieschank hoch erfreut. Er hatte heute DVB-Partner aus Forschung und Produktion eingeladen, um die Pilotlinie 64 mit vielen weiteren Neuerungen zu präsentieren. Während die Entwicklung effizienterer Batterien weltweit in vollem Gang ist, verfolgen Wissenschaftler der TU Dresden und Fachleute der DVB im Rahmen des Projektes „Pilotlinie 64“ gemeinsam zwei andere vielversprechende Ansätze. Zum einen soll die im Bus vorhandene Energie besser genutzt werden. Zum anderen gehe es um die Verringerung der Fahrzeugmasse. „Beides sind zentrale Themen, wenn wir über den Beitrag der Verkehrsbetriebe zum Umweltschutz reden“, betonte Zieschank. Der Hybridbus werde künftig neben den Leichtbaufelgen auch mit einer Luft-Wärmepumpe und vorausdenkender Software unterwegs sein.
Sechs Jahre Forschung, zwei Jahre Projektumsetzung und rund 20 Patente – so beschrieb Niels Modler, Professor für Funktionsintegrativen Leichtbau, den Weg bis zur Pilotanlage für die aus Karbonfasern geflochtenen und mit einem Zwei-Komponenten-Kunststoff getränkten und gehärteten Felgen. Er rechnet fest damit, dass die Testläufe erfolgreich abgeschlossen werden. Auch Tests mit einer 2,5-fachen Radlast auf einer Strecke von 300.000 Kilometern würden dazu gehören.
Luft-Wärmepumpe als Heizung und Klimaanlage
Bernard Bäker, Professor für Fahrzeugmechatronik, erläuterte die erstmalig im Bus eingebaute Luft-Wärmepumpe. Dies finde man deutschlandweit nur in Dresden. Neben dem Antrieb verbrauchen Heizung, Lüftung und Kühlung die meiste Energie im Bus. Die nun eingebaute vollelektrisch betriebene Anlage der Firma Spheros entzieht der Außenluft Wärme, die zur Heizung des Fahrgastraums benutzt wird. Eine Zusatzheizung mit Heizöl sei dann nur noch bei tiefen Temperaturen nötig. Im Sommer wirke die Wärmepumpe als Klimaanlage und kühle den Fahrgastraum angenehm ab. 10 bis 20 Prozent Heizöl ließen sich mit dieser Lösung einsparen.
Der mit 117 Sensoren verdrahtete Bus liefert auch die Daten für die Steuerung der Klimaanlage. So erkenne das System die Zahl der Fahrgäste und schalte die Innenraumheizung ab, wenn sie nicht benötigt wird. Dafür gibt es drei Klimazonen – Fahrer, Mitte, Hinten. Die Daten der Sensoren liefern in Kombination mit der Auswertung der GPS-Daten weitere Steuerungsmöglichkeiten. So erkenne das System auch, wann ein Gefälle mit hohem elektrischem Nachladepotenzial durch Energierückgewinnung befahren wird.
Branchenkongress Werkstattwoche im September in Dresden
Wirtschaftsminister Martin Dulig (SPD) lobte die Verkehrsbetriebe als „einen der neugierigsten Verkehrsträger“. Die Kombination von Forschungseinrichtungen und Industrie sei für Dresden ein wichtiger Standortfaktor für die Zukunft. Mit 4,2 Millionen Euro unterstütze der Freistaat das Dresdner Projekt „Pilotlinie 64“. Es ist eines von 40 Projekten im Rahmen des Schwerpunktes „Schaufenster Bayern-Sachsen Elektromobilität verbindet“.
Die von den Werkstoffforschern der TU Dresden entwickelte Lösung für die Herstellung von Leichtbaufelgen wird Mitte September bei der Premiere des neuen Branchenkongresses „Werkstattwoche“ vor rund 500 Experten in Dresden präsentiert. Dresden sei eine Hochburg der Materialwissenschaft und Werkstofftechnik, sagte Frank O.R. Fischer von der Deutschen Gesellschaft für Materialkunde. Darum sei die Entscheidung für den Ausrichtungsort des ersten Fachkongresses dieser Art nur folgerichtig.
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