Montag Abend, gegen 19.30 Uhr am Bratwurststand auf dem Altmarkt. „Tausend Würste werden wir heute noch los“, sagt der eine Bratwurstbrater zum anderen. Ach ja? „Die Pegida-Demos sind gut für unser Geschäft. Nach dem Spaziergang gibts noch ’ne Bratwurst. Die anderen da auf dem Postplatz haben eh kein Geld. Die sollten lieber arbeiten gehen“, sagt der Mann am Grill.
Die anderen da auf dem Postplatz haben sich heute im Science-Slam sechs Kurzvorträge von jungen Leuten, die in Dresden an der Uni oder Instituten forschen, angehört. Die Wissenschaftler kommen aus Australien, aus Spanien oder auch aus Frankreich, wie Xavier Prudent. Der junge Mann spricht deutsch. Er hat einen ähnlichen Akzent wie der als „der Franzose aus Leipzig“ bekannt gewordene Einpeitscher auf einigen Pegida-Demos.
Der promovierte Teilchenphysiker hat fünf Minuten Zeit, um die Biodiversität zu erklären und fragt: Warum kriegen Tiere kein Skorbut? Weil viele von ihnen das Vitamin C selbst produzieren. Hund und Katze können das, das Meerschweinchen und der Mensch nicht. Darum muss der Mensch frisches Obst essen. Dann zeigt er die unterschiedliche DNS-Abschnitte zum Vergleich. Die DNS, sagt Prudent, sorgt für die Biodiversität. Viel wichtiger als der kleine Einblick in seine Arbeit ist ihm eine andere Botschaft. „Ich werde Dresden nach fünf Jahren verlassen und es bricht mir das Herz“. Er hat sich hier wohl gefühlt, hat geforscht, Freunde gefunden. Jetzt geht er für vier Monate auf den Jakobsweg und dann will er sich in Spanien niederlassen und Olivenöl produzieren. Auch für Akademiker sei es nicht leicht, einen Job zu finden, meint er. Aber Forscher bleibt man auf immer, ist er sicher. Auch heute zeigten die Organisatoren der Postplatzkonzerte wieder, wie bunt Dresden ist. Für die Stimmung waren die Bands Geigerzähler, Alberthain und Fineripps zuständig. Den Umzug bis zum Albertplatz führte dann Banda Communale an. Die Polizei sprach von rund 250 Teilnehmern.
Auf dem Neumarkt waren 4.800 Pegida-Anhänger zum inzwischen 16. Treffen gekommen. Einen eigenen Kandidaten für die Oberbürgermeisterwahl konnte Pegida-Organisator Lutz Bachmann nicht präsentieren. Es sei noch nicht entschieden, wann und wie der oder die Kandidatin präsentiert würde, sagte er am Rande der Kundgebung. Gastredner war René Stadtkewitz. Das ehemalige CDU-Mitglied aus Berlin-Pankow ist seit Sommer 2014 Bundesvorsitzender der rechtspopulistischen und islam-feindlichen Bewegung Pax Europa, die wie auch Pegida, für sich in Anspruch nimmt, für die Bewahrung der christlich-jüdischen Tradition der europäischen Kultur zu kämpfen. Für ihn ist der Islam eine Ideologie, die immer mehr Gewalt hervorbringt. Darum müssten die Muslime sich einen neuen Koran schreiben. Bachmann gab auf der Abschlusskundgebung eine eigene Teilnehmerzahl bekannt. Mit Hilfe einer Anwaltskanzlei seien 10.100 Teilnehmer gezählt worden. Obwohl die Polizei sonst bei jeder Pegida-Demo gelobt wird, gibt es bei den Zahlen offenbar kein Vertrauen.
Anmerkung: Wie viele Pegida-Würste heute auf dem Altmarkt über den Tresen gingen, war bei Redaktionsschluss noch nicht gezählt.