Es kann sehr kalt werden in einem Kinosessel. Und zwar genau dann, wenn man nicht mehr genau weiß, ob dieser nun in einem behaglichen Saal steht oder auf tausenden Metern Höhe. Doch während die Kälte in Finger und Füße zu ziehen droht, bahnen sich auch Hitzewallungen durch Kopf und Körper – beim Mitfiebern in dem Film, der in dieser Woche gestartet ist und ins höchste Gebirge der Welt entführt. In „Everest“ kämpft Jake Gyllenhaal als Extremsportler ums Überleben. Die Rahmenhandlung – übrigens tatsächlich passiert – ist schnell erzählt: Als im Mai 1966 eine Gruppe Bergsteiger den höchsten Berg der Welt erklimmen will, schlägt das Wetter plötzlich um – und die Tragödie beginnt.
Der bildgewaltige Film ist prominent besetzt: Die Hauptrollen spielen Stars wie Jake Gyllenhaal, Josh Brolin, Keira Knightley und Jason Clarke. Dennoch musste Regisseur Baltasar Kormákur beim Film-Auftakt der Internationalen Filmfestspiele in Venedig, Kritik einstecken. Der Film verschenke, was in der Geschichte stecke, hieß es von der Kritik: das Drama am Berg wie die Dramen daheim, die Landschaft, die Konflikte. Die Problematik der Massenbewegung hinauf auf den Berg. Die Geschäftemacherei. Die ökologische Katastrophe, die das bedeutet. Vielleicht hat diese Aufreihung der Minuspunkte aber auch mit der überhöhten Erwartung zu tun, die einen Auftaktfilm jedweden Filmfestes nun einmal begleitet.
Sterben mit 3D-Effekt
Denn tatsächlich erleben die Kinozuschauer genug Drama, noch deutlich verstärkt durch den 3D-Effekt. Er macht die Umstände der Everest-Expedition realitätsnah wie eisig wie mitfiebernd. Co-Produzent David Breashears, der für die Filmarbeiten am Mount Everest verantwortlich war, und selbst fünfmal auf dem höchsten Gipfel der Welt stand, unter anderem im Katastrophenjahr 1996, erzählt von den Möglichkeiten bei optischen Effekten: „Wir konnten für den Hintergrund Bewegtbilder vom Everest verwenden, während im Vordergrund Schauspieler zu sehen sind, die ihre Einstellungen in viel niedrigeren Höhenlagen gedreht haben.“ David Breashears kann nicht nur die Technik vergleichen, sondern auch die Entwicklung des „Gipfel-Stürmens“. „Der Everest hat seine Kapazitätsgrenze erreicht“, weiß er. „Bei Filmarbeiten 1983 waren wir das einzige Team dort, 1996 waren mehr als 200 Menschen im Basecamp, dieses Jahr 1200.“ Das sei kein temporäres Camp mehr, sondern ein temporäres Dorf mit Discozelt.
Bei der 1996er-Tragödie, die auch mit dem Erfolg des Buches „In eisige Höhen“ von Jon Krakauer bekannt wurde, ist die Kommerzialisierung schon deutlich zu erkennen. Jeder, der 65.000 Dollar und ein wenig Kondition mitbringt, darf mit, unter anderem der Journalist Jon Krakauer, Doug Hansen, ein Postbote und Beck Weathers, ein depressiver Millionär aus Texas. Chef Rob Hall merkt schon bei Probe-Routen zur Akklimatisierung, dass der texanische Millionär überfordert ist. Fehlende Befestigungen und mangelnde Absprachen machen die Tour zum Nerventrip. Und dann hat das Wetter seinen mehr als theatralischen Auftritt – acht Menschen kommen nicht mehr zurück.
Der Film zeigt dennoch nur einen Ausschnitt: Der Everest ist einer der tödlichsten Berge der Welt. Über 250 Menschen sind bisher dort gestorben.
>> ab 17.9. im UFA-Kristallpalast, CinemaxX und UCI-Kiniowelt
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