Großdemotag gegen und für Pegida: 12.000 Menschen waren in Dresden unterwegs

Mit Sorge wurde auf den langen Demotag am 6. Februar geschaut. Sowohl Dresdens Polizeipräsident Dieter Kroll, als auch Oberbürgermeister Dirk Hilbert (FDP) richteten im Vorfeld einen Appell an die Öffentlichkeit, die demokratischen Grundwerte zu achten und für einen friedlichen Ablauf der Demonstrationen zu sorgen. Ursprünglich sollten mehr als 13 Kundgebungen in Alt- und Neustadt abgehalten werden, bei denen die Behörden von insgesamt bis zu 25.000 Demonstranten ausgingen. Tatsächlich gestaltete sich der Sonnabend dann aber ruhiger als erwartet.

Dennoch waren mehr als 1930 Polizeibeamte in schwerer Montur im Stadtgebiet unterwegs und sicherten vor allem die Gebiete rund um Hauptbahnhof, Theaterplatz und Carolabrücke. Es wurden auch Wasserwerfer und Räumfahrzeuge vor allem in der Neustadt in Stellung gebracht. Stellenweise kam es zu kurzzeitigen Verkehrsbehinderungen und Vollsperrungen. Mit einer eigenen Großkamera auf dem ehemaligen DVB-Hochhaus am Albertplatz bereitete sich die Polizei auf eventuelle Zwischenfälle in diesem Gebiet vor.

Pegida-Frontmann war krank

Gegen 11 Uhr begann die Jüdische Gemeinde Dresden mit einem öffentlichen Gottesdienst in der Synagoge, bei dem auch Oberbürgermeister Dirk Hilbert zu Gast war. Ab 12 Uhr startete am Wiener Platz ein Gedenkmarsch für Weltoffenheit, multikulturelle Werte und gegen Faschismus. Etwa 1500 Teilnehmer spazierten mit Transparenten und einem Lautsprecherwagen bis zum Theaterplatz und anschließend über die Elbe bis zum Alaunpark in der Neustadt.

Die von Pegida-Frontmann Lutz Bachmann angesagte Demo am Skaterpark an der Lingnerallee entpuppte sich als Ente. Mehrere kleine Demonstrationen von Grünen (Schlossplatz), Linke (Dr.-Külz-Ring) und Jusos (Schlossplatz) erreichte maximal 50 bis 100 Teilnehmer und verliefen relativ kurz ohne Störungen. Die von der Piratenpartei angekündigte Kundgebung am Lingnerplatz fand gar nicht erst statt.

Die Demonstrationen am Sonnabend verliefen weitestgehend ruhig. Am Königsufer hielt Pegida eine Kundgebung ab. Foto: S. Burghardt
Die Demonstrationen am Sonnabend verliefen weitestgehend ruhig. Am Königsufer hielt Pegida eine Kundgebung ab. Foto: S. Burghardt

Gegen 13 Uhr füllte sich langsam der Theaterplatz zur Kundgebung „Herz statt Hetze“. An der größten „Anti-Pegida“ Demonstration nahmen unter anderem die Staatsminister Martin Dulig und Eva-Maria Stange (beide SPD) teil. Statt der bis zu 8000 erwarteten Teilnehmer beteiligten sich aber nur schätzungsweise bis zu 1000 Menschen. Am späteren Mittag versammelte der Evangelische Kirchenbezirk Dresden bis zu 200 Menschen am Goldenen Reiter. Unter dem Motto „Licht an für Menschlichkeit“ wurden Kerzen entzündet und gemeinsam gebetet. Am Nachmittag nahm auch Oberbürgermeister Hilbert an der Veranstaltung teil und sang mit den Bürgern Kirchenlieder.

Ab 14 Uhr füllte sich dann das Königsufer in rasantem Tempo. Während es Tausende zur Pegida-Kundgebung zog, sicherte die Polizei das Gebiet großräumig ab. 15 Uhr startete die Kundgebung dann erwartungsgemäß, jedoch ohne Pegida-Frontmann Lutz-Bachmann, der sich kurzfristig wegen Krankheit abmeldete. Die Veranstaltung dauerte knapp 90 Minuten und lief störungsfrei ab. Anschließend mussten sich die schätzungsweise 6000 bis 8000 Pegidaanhänger zügig vom Königsufer entfernen, da ab 18 Uhr bereits die nächste Gegendemonstration „Gepida“ am selben Ort angesagt war. Diese startete dann auch nach einiger Verzögerung. Schätzungsweise 100 bis 200 Teilnehmer tanzten und hielten Regen gegen Rassismus und Fremdenfeindlichkeit.

Rangelei zwischen Polizei und Hooligans

Insgesamt verlief der Demotag sehr friedlich und ohne besondere Vorkommnisse. Lediglich die Morgenpost berichtete von einer Rangelei zwischen Polizeibeamten und „Hooligans“ am Haus der Presse. Einige vermummte Demonstranten brannten in der nördlichen Neustadt rund um den Alaunpark Pyrotechnik ab und lieferten sich anschließend mehrere kleine Verfolgungsjagden mit der Polizei. Auch am Abend blieb in der Stadt alles ruhig. Das befürchtete Chaos blieb aus und auch die angekündigten Teilnehmerzahlen der jeweiligen Demonstrationen wurden nicht erreicht. Schätzungsweise demonstrierten am 6. Februar etwa 12000 Menschen friedlich in der Landeshauptstadt.

#dd0602: Breiter Aufruf zu gewaltfreien Demos am Sonnabend in Dresden

Die Polizei rechnet am Sonnabend mit etwa 15.000 Pegida-Anhängern und insgesamt 10.000 Gegendemonstranten. Die Pegida-Anhänger werden aus allen Richtungen zu ihrem Versammlungsort am Königsufer anreisen, erklärte heute Polizeipräsident Dieter Kroll. Dort soll die Dresdner Kundgebung des europaweiten Aktionstages für eine „Festung Europa“ stattfinden. Pegida plant Zuschaltungen von Demos aus anderen Städten Europas.

Der größte Teil der Gegendemonstranten werde auf dem Theaterplatz und am Terrassenufer erwartet, sagte Kroll. Dort haben das Aktionsbündnis Herz statt Hetze und die Gewerkschaften DGB und GEW Veranstaltungen angemeldet. Am Terrassenufer soll eine 10 mal 2,5 Meter große und klare Botschaft für ein weltoffenes Dresden in Richtung Pegida am Königsufer ausgerollt werden, kündigten die Organisatoren an.

[box style=’info‘ width=’50%‘]Zum Thema:
>> Karte mit Demonstrationsorten und Routen

>> Kontakttelefon Polizei:  0351 483-3000
Freitag: 12.00 bis 18.00 Uhr
Sonnabend: 10.00 bis 20.00 Uhr
[/box]

Dass „Bündnis für grenzenlose Solidarität“ hat in mehreren Ländern zu Aktionen gegen eine „Festung Europa“ – das ist die Pegida-Losung – aufgerufen. So soll es Veranstaltungen in Indomeni an der Grenze zwischen Mazedonien und Griechenland, in Prag, Amsterdam, Kopenhagen, Graz und Warschau geben. In Dresden wird das Bündnis vom Hauptbahnhof über die Könneritzstraße bis zum Alaunpark demonstrieren. Das Bündnis sieht sich selbst als antiautoritär und antikapitalistisch, spricht sich für globale Bewegungsfreiheit als Menschenrecht aus, kritisiert die Unterbringung von Flüchtlingen in Lagern und setzt sich für sichere Fluchtrouten ein.

Polizeiplakat 0602
Die Polizei ist mit einem eigenen Plakat (hier ein Ausschnitt) unterwegs. Quelle: PD Dresden

„Mit den verschiedenen Demonstrationsangeboten wollen wir allen Dresdnern die Möglichkeit geben, sich den Protesten gegen die fremdenfeindliche Hetze von Pegida anzuschließen“, sagte heute Rita Kunert von Herz statt Hetze bei der Vorstellung des Demonstrationsprogramms. Den Theaterplatz sieht sie dabei als Treffpunkt der Dresdner politischen Mitte. Dort werden unter anderem SPD-Landeschef Martin Dulig, Linke-Bundeschefin Katja Kipping und Monika Lazar, Grünen-Bundestagsabgeordnete aus Leipzig reden.

Oberbürgermeister Dirk Hilbert (FDP) will sich am Sonnabend an mehreren Veranstaltungen beteiligen, wie genau, darüber will er morgen informieren. Er rief dazu auf, der Gewalt keinen Platz zu geben, weder am Sonnabend, noch an jedem anderen Tag. „Wer Gewalt ausübt oder zur Gewalt aufruft, Autos anzündet, Polizisten als Zielscheibe betrachtet, Flüchtlingsunterkünfte attackiert oder Fremde beleidigt und angreift – positioniert sich außerhalb unseres demokratischen Rechtsstaates und kann dieses Handeln mit keiner Weltanschauung rechtfertigen“, erklärte Hilbert.

Auch die Kirchen und Polizeipräsident Kroll appellierten an die Demonstranten, gewaltfrei und friedlich zu bleiben. „Ich meine Links- und Rechtsextremisten, die in ihren Gewaltphantasien die tausenden friedlichen Versammlungsteilnehmer ‚als Deckmasse‘ ins Kalkül ziehen“, präzisierte Kroll seinen Aufruf. Alle Beteiligten sollten sich darüber im Klaren sein, wie „fragil die Sicherheitslage am Sonnabend ist“, so Kroll. „Solche, sich in ihren Meinungen gegensätzlich und scheinbar unversöhnlich gegenüberstehende Menschenmassen, ihre Bewegungen und Laufwege durch die Stadt sind nicht getrennt zu kanalisieren. Sie sind auch durch Polizeiketten und Gitter nicht zu beherrschen“, erklärte der Polizeipräsident. Das sei keine Bankrotterklärung der Polizei, „sondern der unverzichtbare Hinweis darauf, dass der Rechtsstaat und seine Gesetze auf freie, mündige und verantwortlich handelnde Bürger setzen. Nur dann funktioniert`s“, sagte Kroll.

Neben den klassischen politischen Aufrufen fanden die Musiker der Gruppe Banda Internationale deftigere Worte. „Liebe Sächsinnen, liebe Sachsen…Arsch hoch!“, heißt es in dem Appell auf ihrer Facebook-Seite. Die Musiker werden auf dem Theaterplatz zu hören sein und wundern sich sehr, „wie lange der selbstzufriedene Dresdner noch der rassistischen Mutation dieser Stadt zusehen will“. Dass Pegida von Dresden aus europaweit mobilisiere, sei „verdammt unheimlich und gefährlich“. Dagegen wollen sich die Musiker mit „Blech und Fell“ wehren und hoffen auf viele Mitstreiter.

 

#dd0602: Bisher 13 Demos angemeldet – 400 gewaltbereite Linksautonome erwartet

Die Dresdner Stadtverwaltung hat die Bearbeitung der Versammlungsanmeldungen für den 6. Februar noch nicht abgeschlossen. Grund sind Anforderungen an die Sicherheit aller angemeldeten Veranstaltungen, sagte Ralf Lübs, Leiter des Ordnungsamtes. Insgesamt seien 13 Demonstrationen und Umzüge mit rund 20.000 Teilnehmern angemeldet worden. Verschärft wird die Genehmigungspraxis durch einen Hinweis der Verfassungsschützer. Sie hätten die Anreise von rund 400 gewaltbereiten Linksautonomen prognostiziert. „Aufgabe des Ordnungsamtes ist es, Versammlungen zu genehmigen“, stellte Ordnungsbürger Detlef Sittel (CDU) klar. Dabei müsse die Sicherheit aller Demonstrationsteilnehmer höchste Priorität haben. Jede Genehmigung sei eine Einzelentscheidung. Der Zeitpunkt der Anmeldung wäre dabei eines von vielen Kriterien, die in die Entscheidung einfließen würden. Wichtig sei zudem, wieviele Einsatzkräfte die Polizei stellen kann. An dem Wochenende seien die Beamten bundesweit nicht nur bei Einsätzen zu Fußballspielen, sondern auch bei vielen Karnevalsveranstaltungen erforderlich.

Der Pegida-Verein hat seit dem 22. Januar einen Bescheid für die Kundgebung am Königsufer. Am gleichen Ort hatte das Bündnis Gepida (Genervte Einwohner protestieren gegen Intoleranz Dresdner Außenseiter) ebenfalls eine Kundgebung angemeldet. Die Versammlungsbehörde strebt nun mit den Anmeldern von Gepida eine Einigung auf andere Uhrzeiten am gleichen Ort oder einen anderen Ort an. Auch für  symbolträchtige Plätze wie den Theaterplatz, Schloßplatz, Postplatz oder Schlesischen Platz liegen der Versammlungsbehörde seit längerem Anmeldungen vor.

Obwohl seit 30. November bekannt ist, dass Pegida zu länderübergreifenden Aktionen für eine „Festung Europa“ am 6. Februar aufruft, hatte es das Orga-Team offenbar versäumt, rechtzeitig entsprechende Versammlungsorte zu benennen. Verschiedene Nopegida-Anmelder waren schneller und haben eigene Demos mit konkreten Bezügen zum jeweiligen Veranstaltungsort angemeldet. Die größte Demo hat die Vernetzung 06/02 mit rund 8.000 Teilnehmern für den Theaterplatz angemeldet. „Für ein Europa der Solidarität statt der Ausgrenzung! Für ein Europa mit Herz statt Hetze. Wir rufen alle Menschen auf, an diesem Tag mit uns auf die Straße zu gehen. Für ein Europa, in dem Menschen unabhängig von ihrer Herkunft, ihres Geschlechts, ihrer Religion und ihrer Lebensplanung ein Zuhause haben“, heißt es in dem Aufruf der Initiatoren von „Herz statt Hetze“.

 

 

#dd0602: Zahlreiche Gegendemos am Aktionstag von Pegida

Um den Zusammenschluss aller islam- und asylkritischen Bürgerbewegungen und Parteien in Europa zu organisieren, haben sich am Wochenende Vertreter aus zehn Ländern im tschechischen Roztoky, einer Kleinstadt nahe Prag, getroffen. Über das dort verabschiedete Positionspapier, das sich Prager Erklärung nennt, informierte heute Tatjana Festerling die 3.000 bis 4.000 Anhänger der Pegida-Bewegung auf dem Theaterplatz. Sie hatte gemeinsam mit Pegida-Vereinschef Lutz Bachmann an dem Treffen teilgenommen. In der Erklärung heißt es, dass Kanzlerin Angela Merkel (CDU) allen anderen EU-Nationen zeige, wie die Flüchtlingspolitik nicht funktioniere. „Damit hat Merkel Deutschland innerhalb Europas isoliert. Die Politik der Deutschen Bundesregierung ist gescheitert. Merkel ist gescheitert. Merkel vertritt nicht die Mehrheit der Deutschen“, zitierte Festerling aus der Erklärung. „Den Völkern Europas bleiben nur zwei Möglichkeiten: Unterwerfung oder Aufstand. Wir hier aus den internationalen Orga-Teams gehören zu denen, die den Kampf für die Freiheit und den Erhalt der vielfältigen und bunten Kulturen Europas aufnehmen“, so die Vertreter aus den Teilnehmerländern Tschechien, Slowakei, Polen, Österreich, Bulgarien, Holland, Finnland, Estland, Italien und Deutschland. Weitere vier Länder seien per Video zugeschaltet gewesen, hieß es und hätten sich dem Aufruf für eine Festung Europa angeschlossen.

Zahlreiche Gegenaktionen gegen Pegida-Aktionstag

Als Zeichen des Protestes soll am 6. Februar ein europaweiter Aktionstag stattfinden. Das hatte am 30. November bereits Gastredner Tommy Robinson in Dresden angekündigt. Bachmann will die Pegida-Anhänger an diesem Tag am Königsufer begrüßen, Orga-Team-Mitglied Siegfried Däbritz soll in Bratislava und Festerling in Warschau reden. Weitere Kundgebungen sind in Graz, Tartu oder Cork geplant. In Dresden redeten heute Gäste aus Holland, Dänemark, Russland und von Pegida U.K.. In Dresden sind für den gleichen Tag bereits eine Reihe von Gegenveranstaltungen angemeldet. So ruft das Netzwerk Dresden Nazifrei zu einem Aktionstag gegen die Festung Europa auf. Die Initiatoren von  „Herz statt Hetze“ haben für den 6. Februar auf den Theaterplatz eingeladen. „Für ein Europa der Solidarität statt der Ausgrenzung! Für ein Europa mit Herz statt Hetze. Wir rufen alle Menschen auf, an diesem Tag mit uns auf die Straße zu gehen. Für ein Europa, in dem Menschen unabhängig von ihrer Herkunft, ihres Geschlechts, ihrer Religion und ihrer Lebensplanung ein Zuhause haben“, heißt es in dem entsprechenden Aufruf.

Am kommenden Montag wird es keine Pegida-Kundgebung geben. Bachmann rief dazu auf, statt dessen am 6. Februar um 15 Uhr ans Königsufer zu kommen.

Während der Pegida-Demo war gegen 19.45 Uhr ein Notruf bei der Polizeidirektion Dresden, eingegangen. Grund waren brennende Autos auf der Pieschener Allee an der Marienbrücke. Elf Fahrzeugen seien beschädigt worden, erklärte Polizeisprecher Thomas Geithner. Die Ermittler würden von Brandstiftung ausgehen, sagte er. Bei den Fahrzeugnutzern habe es sich in erster Linie um Teilnehmer an der Pegida-Demo gehandelt. Angaben zur Schadenshöhe konnte die Polizei noch nicht machen.

Die Teilnehmerzahlen beruhen auf den Angaben der Forschungsgruppe durchgezaehlt.

 

Politikwissenschaftler Hans Vorländer: Kein Platz für eine Pegida-Partei

Einer Pegida-Partei räumt der Dresdner Politikwissenschaftler Hans  Vorländer keine Chancen ein. „Das politische Feld ist bestellt, da gibt es keinen Platz für eine Pegida-Partei“, sagte Vorländer heute bei der Vorstellung der Buches „Pegida -Entwicklung, Zusammensetzung und Deutung einer Empörungsbewegung“. Die AfD besetze mit ihrem Führungspersonal an der Parteispitze und in den Landesverbänden von Baden-Württemberg bis Thüringen ein breites Themenspektrum, ergänzte Vorländer die Einschätzung auf Nachfrage. In Sachsen erreiche die AfD auch viele Nichtwähler.

Allianz zwischen Straße und Partei

Offenbar habe Pegidas Ex-OB-Kandidatin Tatjana Festerling diese Situation inzwischen erkannt und könne eine „Allianz zwischen Straße und Partei“ akzeptieren. So zumindest interpretierte Vorländer Äußerungen von Festerling auf der Pegida-Demo am Montag. Dort hatte sie, im Gegensatz zu früheren Distanzierungen von der AfD, gesagt: „Die einzige Opposition in Deutschland ist die Straße, das sind wir, das ist Pegida und das ist die AfD“.

Vorländer Herold  Schäller 2001
Präsentierten heute ihr Pegida-Buch: Maik Herold, Hans Vorländer und Steven Schäller. Foto: W. Schenk

Während Ex-AfD-Mitglied Festerling offenbar zum Einlenken bereit ist, herrscht zwischen den Spitzen von AfD und Pegida-Vereinsführung Funkstille. Pegida-Chef Lutz Bachmann und AfD-Vorsitzende Frauke Petry haben seit Januar 2015 nicht mehr miteinander geredet. Über die Gründe wird spekuliert. Petry soll nach dem ersten und einzigen Treffen zwischen der AfD-Landtagsfraktion und dem damaligen Pegida-Orga-Team geäußert haben, dass sie Bachmann als Ansprechpartner nicht akzeptiere. Wenige Wochen später war das Orga-Team auseinander gebrochen.

Nach dem Austritt von sieben Orga-Team-Mitglieder habe es eine längere Phase der Reorganisation und Neuorientierung gegeben, beschreiben die Buchautoren verschiedene Phasen der Pegida-Geschichte nach dem Start im Oktober und November 2014 und einer schnellen Wachstumsphase bis zum Januar 2015. In die Zeit der Neuorientierung fallen der Auftritt des niederländischen Rechtspopulisten Geert Wilders und die Kandidatur von Festerling bei der OB-Wahl in Dresden. Nach dem Sommer 2015, so Vorländer bei der Buchpräsentation in der Landeszentrale für Politische Bildung, habe eine Radikalisierung eingesetzt, die bis heute anhalte. Trotz klarer Bezüge zur Bewegung der Neuen Rechten treffe der Vorwurf des Rechtsradikalismus eher auf Pegida-Randgruppen zu. Insgesamt habe aber die Ausländerfeindlichkeit deutlich zugenommen. Dies dokumentiere sich auch „in einer Verrohung der Sprache bis hin zu einem offenen Rassismus“, so Vorländer.

Warum nur in Dresden?

Als Antwort auf die Frage, warum Pegida nur in Dresden so stark sei und bundesweit kaum Fuß fasse, führten die Wissenschaftler mehrere  Gründe als Erklärungsmuster an. Dresden biete eine große Bühne und sei als Ort für die von Pegida praktizierten rituelle Inszenierungen sehr gut geeignet. Das wüsste das Orga-Team mit der Wahl der Kundgebungsorte auch gezielt auszunutzen. Eine weitere Erklärung liegt für die Wissenschaftler im Ethnozentrismus, der in einer Art sächsischem Chauvinismus zum Ausdruck komme. Außerdem sei Dresden eine „sehr, sehr konservative Großstadt“, die stark von den Erlebnissen und Erzählungen der Vergangenheit lebe.

Vorländer hält es für möglich, mit den Mitteln der Versammlungspolitik die Pegida-Demos aus dem Zentrum heraus zu verlegen. Dies sei in anderen Städten auch gelungen. Wichtiger für das politische Gegengewicht sei aber, dass die gesellschaftliche Mitte nicht wegbreche.

Eine rechtspopulistische Empörungsbewegung

Pegida, so die Schlussfolgerung der Autoren Vorländer, Maik Herold und Steven Schäller, ist eine rechtspopulistische Empörungsbewegung. Sie sei durch Vorbehalte und Aversionen gegen politische und mediale Eliten geprägt. Das Politikverständnis charakterisieren die Wissenschaftler als „vulgärdemokratisch“, geprägt von Gegensatz zwischen „wir“ auf der einen und „Elite, „die anderen“, die „Medien“ auf der anderen Seite.  Pegida habe sich selbst in die rechtspopulistische Ecke gestellt und sei nun den allgemeinen Diskurs „nicht mehr anschlussfähig“.

Die erste Auflage des Buches sei bereits vergriffen, hatte Frank Richter, Direktor der Landeszentrale für politische Bildung,  bei der Begrüßung zur Buchpräsentation gesagt. Eine Nachauflage sei aber bereits im Druck. Hans Vorländer ist Inhaber des Lehrstuhls für Politische Theorie und Ideengeschichte am Institut für Politikwissenschaften der TU Dresden. Dort arbeiten auch die beiden Koautoren Steven Schäller und Maik Herold.

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Service:

Hans Vorländer, Maik Herold, Steven Schäller: „PEGIDA. Entwicklung, Zusammensetzung und Deutung einer Empörungsbewegung“ , erschienen im Verlag Springer VS.[/box]

Pegida-Demo: Festerling vergleicht Regierungsparteien mit Nazis

Nach einer Woche Pause haben sich heute zwischen 3.500 bis 4.000 Anhänger des Pegida-Vereins auf dem Neumarkt versammelt. Vereinsmitglied und Ex-OB-Kandidatin Tatjana Festerling reagierte in ihrer Rede auf die Ermittlungen zum Verdacht der Volksverhetzung wegen ihrer Rede vor einer Woche in Leipzig. „Wenn die Mehrheit der Bürger noch klar bei Verstand wäre, dann würden sie zu Mistgabeln greifen und diese volksverratenden, volksverhetzenden Eliten aus den Parlamenten, aus den Gerichten, aus den Kirchen und aus den Pressehäusern prügeln“, hatte sie dort gesagt. Der Journalistenverband hat Anzeige erstattet, die Staatsanwaltschaft Leipzig ermittelt. Festerling sprach von einem politischen Schauprozess. Heute legte sie auf dem Neumarkt nach und verglich die Regierungsparteien mit Nazis. Heute seien die Farben der Nazis nicht mehr braun, sondern die der Regierungsparteien, hatte Festerling gesagt. Die Polizei teilte mit, dass sie diese Äußerung „der Staatsanwaltschaft Dresden zur rechtlichen Würdigung vorgelegt“ hat.
Auffallend war zudem, dass Festerling nicht nur Pegida, sondern auch die AfD in einer gemeinsamen Oppositionsrolle gegen das „Establishment“ sieht. Bisher hatte sich Pegida immer strikt von der AfD abgegrenzt und alle Annäherungsversuche abgewehrt. Vereinschef Lutz Bachmann war wegen Krankheit zu Hause geblieben.

Während des Pegida-Umzugs kam es am Dr.-Külz-Ring zu lautstarken verbalen Auseinandersetzungen zwischen den Pegida-Anhängern und Gegendemonstranten. Hier hatten sich Teilnehmer einer GEW-Kundgebung und die Gepida-Demonstranten vereinigt. Gepida war heute mit etwa 500 Teilnehmern auf dem Theaterplatz gestartet und dann in Richtung Dr.-Külz-Ring gezogen. Nach Auskunft der Polizei warfen Gegendemonstranten Schneebälle auf die Pegida-Anhänger. Es habe keine Verletzten gegeben. Insgesamt seien heute Abend 306 Polizeibeamte im Einsatz gewesen, so ein Polizeisprecher.

Erstmals haben sich heute Händler, Kultur und Gastronomen mit der Aktion „Dresden geht aus“ gegen monatelange Einnahme-Rückgängen am Pegida-Montag gewehrt.

Pegida ruft zu Demo-Teilnahme am kommenden Montag in Leipzig auf

Pegida-Chef Lutz Bachmann hat am Montag Abend in Dresden alle Anhänger aufgerufen, am 11. Januar in Leipzig das einjährige Jubiläum des Pegida-Ablegers Legida zu feiern. In Dresden werde man darum pausieren. Für Leipzig sei gemeinsam mit der Polizei ein Sicherheitskonzept erarbeitet worden, um ohne Störungen über den Abend zu kommen. Vor drei Wochen war es in Leipzig zu Ausschreitungen von linksextremen Randalierern gekommen. Mehrere Brände wurden gelegt und mehr als 40 Polizisten verletzt. In Dresden will Pegida am kommenden Montag nicht demonstrieren.

Bachmann beklagte in seiner Rede zum Abschluss der ersten Pegida-Kundgebung im neuen Jahr, dass die Presse die Inhalte der Bewegung nicht korrekt wiedergebe. So werde die Kritik an der deutschen Russland-Politik oder an TTIP und CETA unterschlagen. Auch dass Pegida für den Rechtsstaat stehe, werde verschwiegen. Kurz zuvor hatten die rund 4.000 Pegida-Anhänger noch laut den Gastredner aus Nürnberg bejubelt, der gefordert hatte: „Sie (gemeint ist Kanzlerin Merkel) und dieses ganze Regime müssen weg“.

Bachmann prophezeite für dieses Jahr aufgrund seiner Einschätzung der geopolitischen Lage eine „regelrechte Invasion von drei bis vier Millionen Flüchtlingen“. Quellen für diese Einschätzung nannte er nicht. Wie er den Rechtsstaat interpretiert, machte auch sein Vorschlag deutlich, in einer Volksbefragung über ein Verbot von „Pegida als sogenannte Neonazi-Organisation abstimmen zu lassen“. Die Versammlungsfreiheit und Meinungsfreiheit ist jedoch in Deutschland deutlich besser geschützt, als dass sie von einer Wahlbeteiligung von vielleicht 20 Prozent bei einem Bürgervotum und launigen Stimmungen abhängig wäre.

Auch von Pegida-Vereinsmitglied Tatjana Festerling gab es keine Neuigkeiten. Pegida sei das „gute Gewissen Deutschlands“ und werde im Ausland als ernst zu nehmende Opposition zur Berliner Politik wahrgenommen, behauptete sie.

Am kommenden Wochenende würden sich Vertreter  verschiedener europäischer Parteien in Belgien treffen, kündigte Bachmann an. Über die Ergebnisse wolle man am Montag in Leipzig informieren. Offenbar geht es dabei auch um die für den 6. Februar geplanten europaweiten Kundgebungen. Gastredner Tommy Robinson von der English Defense League hatte am 30. November in Dresden erklärt, dass die Vorbereitungen dafür bereits in 13 Ländern laufen würden.

Polizei ermittelt nach Zwischenfällen

Am Montag Abend ist es nach Angaben der Polizei am Rande einer von Gepida organisierten Gegendemonstration zu einem Zwischenfall gekommen. Mehrere Demonstranten hätten im Sprechchor „Feuer und Flamme den Abschiebebehörden“ gerufen. Die Polizei leitete Ermittlungen wegen des Anfangsverdachts der öffentlichen Aufforderung zu Straftaten ein. Einsatzkräfte stellten in dem Zusammenhang die Identitäten von vier Männern im Alter von 16, 20, 23 und 23 Jahren fest.

Einen weiteren Zwischenfall gab es gegen 20.20 Uhr wurde im Bereich des Postplatzes. Dort wurde ein Mann Opfer einer Körperverletzung. Der slowakische Staatsbürger gab gegenüber Einsatzkräften an, dass die Täter mit schwarz-weiß-roten Mützen bekleidet und in einen Bus der Linie 94 eingestiegen waren. Polizisten stellten kurz darauf die Identitäten von insgesamt neun Businsassen der genannten Linie fest. Die Ermittlungen dauern an. Insgesamt waren heute 256 Polizeibeamte im Einsatz. Die Forschungsgruppe durchgezaehlt ermittelte bei Pegida rund 3.500 bis 4.000 und bei Gepida etwa 180 Teilnehmer.

 

 

Botschaft der Weltoffenheit vom Theaterplatz – Demos in Dresden weitgehend friedlich

Nach monatelangen fremdenfeindlichen Reden und Sprechchören auf dem Theaterplatz in Dresden sang dort heute Abend ein beeindruckender Chor Beethovens „Ode an die Freude“. „Alle Menschen werden Brüder, wo dein sanfter Flügel weilt“ schmetterte erst der Chor aus Mitarbeitern der Semperoper und der Staatskapelle in den dunklen, aber regenfreien Himmel über Dresden. Dann gab es Gänsehautstimmung.

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Benni Cellini erinnerte vor seinem musikalischen Auftritt an die Rede von Martin Luther King aus dem Jahr 1964.
Foto: W. Schenk

3.000 bis 4.000 Teilnehmer der von Herz statt Hetze organisierten Kundgebung sangen gemeinsam den Schlußchor aus Beethovens 9. Sinfonie. Während der Chor der Mitarbeiter auf den Stufen vor der Semperoper stand, saßen die Musiker des Orchesters im unteren Rundfoyer im Gebäude. „Das hat funktioniert, weil jeder auf den anderen gehört hat“, sagte Dirigent und  Studienleiter Johannes Wulff-Woesten. „Wenn es in der Gesellschaft immer  so sein könnte, das wäre schön“, fügte er hinzu.

Am Königsufer hatten sich etwa 6.000 bis 8.000 Anhänger des Pegida-Vereins versammelt. Sie sangen Weihnachtslieder und hörten Reden von Pegida-Chef Lutz Bachmann. Er kündigte ein juristisches Nachspiel zur Entscheidung des Verwaltungsgerichtes von heute  Nachmittag „durch alle Instanzen“ an. Die Richter hatten nach fast fünf Stunden Beratung die Auflagen der Stadt Dresden bestätigt.  Am 11. Januar, so der Vorschlag von Bachmann, soll Pegida in Leipzig und nicht in Dresden demonstrieren.

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6.000 bis 8.000 Anhänger fanden sich Königsufer bei Pegida ein. Auch hier wurde gesungen – Weihnachtslieder. Foto: W. Schenk

Auf dem Theaterplatz zeigten in einem fast vierstündigen Programm Künstler und Gruppen ihr Herz gegen Hetze. Benni Cellini erinnerte an eine Rede von Martin Luther King 1964 bei der Verleihung des Friedensnobelpreises. Die Menschheit müsse für alle menschlichen Konflikte eine Methode entwickeln, die Rache, Aggression und Vergeltung zurückweist. Das Fundament einer solchen Methode ist Liebe“, so dessen Worte. Tragt diese Gedanken weiter an die Stammtische, forderte der Musiker. Ähnliche Gedanken formulierte Superintendent Christian Behr mit seinen Worten „ohne Liebe geht es nicht“. Aber, so Behr, Nächstenliebe verlange Klarheit. „Keine Gewalt“ sei eine solche klare Ansage, die die Kirchenvertreter an die Demonstrationsteilnehmer gerichtet hatten. Damit seien sowohl die Pflastersteine als auch die verbale Gewalt gemeint, betonte Behr.

Viele Persönlichkeiten aus der Dresdner und Sächsischen Politik, Wissenschaft und Kultur hatten sich unter die Kundgebungsteilnehmer gemischt. Künstler der Semperoper wie die Solisten Gala El Hadidi aus Ägypten und Levy Sekgapane aus Südafrika sangen, begleitet vonP Pianist Thomas Cadenbach aus »My Fair Lady« und aus »Les Misérables«.

Für ihren Protest in Hör- und Sichtweite warten die Demonstranten, bis die Pegida-Anhänger sich auf den Heimweg machen. Foto: W, Schenk
Für ihren Protest in Hör- und Sichtweite warten die Demonstranten, bis die Pegida-Anhänger sich auf den Heimweg machen. Foto: W, Schenk

Die von Dresden Nazifrei für den Alaunplatz angemeldete Kundgebung wurde kurzfristig abgesagt. Die Pegida-Gegner versammelten sich auf dem Schlesischen Platz. Der Versuch, einen spontanen Umzug durchzuführen, wurde von der Polizei auf der Antonstraße gestoppt. An der Carolabrücke und der Augustusbrücke warteten später viele Demonstranten, um gegen die Pegida-Anhänger auf dem Heimweg in Hör- und Sichtweite zu protestieren. Ein direktes Aufeinandertreffen der politischen Gegner verhinderte die Polizei. Dafür wurde der Carolaplatz kurzzeitig gesperrt. Auch die Augustusbrücke war für Personen während des Abzugs der Pegida-Anhänger nicht zugänglich, die Straßenbahn konnte dagegen die Brücke queren.

2.578 Polizeibeamte aus Sachsen und acht weiteren Bundesländern sicherten gemeinsam mit Bundespolizisten den weitgehend friedlichen Demonstrationsabend in Dresden. Kommunikationsteams waren an Brennpunkten im Einsatz. Im Verlauf des Abends brannten zwei Autos (Opel, Audi) an der Ziegelstraße. Die Kriminalpolizei geht von Brandstiftung aus. Ein Zusammenhang mit dem Versammlungsgeschehen werde geprüft, sagte ein Polizeisprecher. Zudem hätten Unbekannte mehrere Mülltonen am Bischofsweg in Brand gesetzt. Im Umfeld der Versammlungen seien mehrere Straftaten, insbesondere Verstöße gegen das Versammlungsgesetz, festgestellt worden. Entsprechende Ermittlungsverfahren wurden eingeleitet.

Die im Text genannten Teilnehmerzahlen beruhen auf den Angaben der Forschungsgruppe durchgezaehlt. Andere seriöse, öffentlich nachprüfbare Quellen, stehen nicht zur Verfügung.

Etwa 15.000 Dresdner waren heute Abend im Fußballstadion von Dynamo Dresden, wo der Dresdner Kreuzchor in einer Premiere ein Weihnachtskonzert gab.

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Live-Ticker zum Nachlesen:

>> sz-online
>> dnn-online
>> mopo24.de
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Pegida bleibt am Königsufer – Verwaltungsgericht bestätigt Auflagen der Stadt

Pegida bleibt am Königsufer. Das Verwaltungsgericht Dresden hat die Auflage der Versammlungsbehörde der Stadt Dresden heute Nachmittag bestätigt (Az. 6 L 1361/15). Auch ein Umzug wird nicht stattfinden. Der Pegida-Verein legt dagegen keine Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht Bautzen ein. Das lasse die Zeit nicht zu, heißt es auf der Facebook-Seite des Vereins. Allerdings werde eine Feststellungsklage im Nachhinein „angestrebt.

Die Richter des Verwaltungsgerichtes führten in ihrer Entscheidung aus, dass eine Untersagung des Demonstrationszuges durch die Dresdner Neustadt zwar nicht mit Gefahren begründet werden könne, die von einer solchen Veranstaltung selbst ausgingen. Dafür lägen nach den bisherigen Erfahrungen keine hinreichenden Anhaltspunkte vor. Auch sei der von der Versammlungsbehörde geltend gemachte polizeiliche Notstand nicht hinreichend belegt.

Allerdings schließen sich die Richter der Gefahrenprognose der Behörde insoweit an, »dass das Versammlungsrecht des Antragstellers auch unter Beachtung seiner hohen Bedeutung im vorliegenden Einzelfall gegenüber der Sicherheit von Leib und Leben anderer Versammlungsteilnehmer, unbeteiligter Dritter und von Polizeikräften zurückstehen« müsse. Das Gericht verwies auf Erkenntnisse der Stadt, wonach mit einer starken Mobilisierung links- und rechtsgerichteter Gruppierungen im Umfeld der Veranstaltung gerechnet werden müsse und deshalb durchaus Ereignisse wie kürzlich in Leipzig befürchtet werden könnten.

Das Netzwerk Dresden Nazifrei hatte auf eine Beschwerde gegen die Auflagen verzichtet, aber ebenfalls angekündigt, im Nachhinein die REchtmäßigkeit gerichtlich prüfen zu lassen.

#dd2112: Endgültige Klarheit über Demos und Standorte erst am Montag

Die Versammlungsbehörde der Stadt hat die Standorte für die angemeldeten Demonstrationen am Montag festgelegt. Ob die Entscheidungen Bestand haben, will das Dresdner Verwaltungsgericht am Montag entscheiden, falls bis dahin Klagen oder Anträge eingehen. Dies sei bis Freitag 16.30 Uhr nicht der Fall gewesen. „Soweit Verfahren heute Abend oder im Verlauf des Wochenendes anhängig gemacht werden, beabsichtigt das Gericht notwendige Entscheidungen Montagvormittag zu treffen“, heißt es in einer entsprechenden Mitteilung des Gerichts. Gegen Entscheidungen des Verwaltungsgericht kann dann noch Widerspruch beim Oberlandesgericht eingelegt werden.
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Genehmigungen für den 21. Dezember:

  • Staatenlos info e. V,  Theaterplatz, 18 Uhr bis 22 Uhr
  • Privatanzeige (natürliche Person), Kundgebung auf dem Schlesischen Platz, 17 Uhr bis 22 Uhr
  • Dresden Nazifrei, Alaunplatz, 18 Uhr bis 21 Uhr
  • PEGIDA, Königsufer, 18.30 Uhr bis 21 Uhr
  • Initiative: „Vernetzung 21/12“, Theaterplatz, 18.30 bis 21 Uhr
  • Mahnwache am Gomondaiplatz, Anzeige durch natürliche Person, 18 Uhr bis 21 Uhr
  • Demokratische Montagsaktion, Prager Straße, 17.45 Uhr bis 19 Uhr[/box]

Die Versammlungsbehörde hat den Ort für die Pegida-Kundgebung geändert. Danach muss Pegida ans Königsufer. Auf dem Schlesischen Platz vor dem Bahnhof Neustadt darf ein privater Anmelder demonstrieren. Die Kundgebung von  Dresden Nazifrei soll auf dem Alaunplatz stattfinden. Die Anmeldung von Herz statt Hetze unter dem Namen „Vernetzung 21/12“ für den Theaterplatz wurde  bestätigt. Darüber hinaus finden drei weitere kleine Kundgebungen statt. Pegida und Herz statt Hetze haben ihre Veranstaltungen für jeweils 10.000 Teilnehmer angemeldet. Die Versammlungsbehörde hatte grundsätzlich nur stationäre Kundgebungen genehmigt, die geplanten Umzüge dagegen nicht.

Der Pegida-Verein bleibt trotz des Bescheides zunächst bei seiner ursprünglichen Planung für den Schlesischen Platz. Bachmann kündigte an, den Bescheid der Versammlungsbehörde gerichtlich prüfen lassen. „Nach mehrstündigen Gesprächen legen wir in den nächsten Minuten Widerspruch ein … und ziehen mit unserem Anliegen vor das Verwaltungsgericht Dresden“, postete Vereinschef Lutz Bachmann am Freitag Nachmittag bei Facebook. Man gehe von einer Entscheidung „zu unseren Gunsten“ aus.

Das Netzwerk Dresden Nazifrei soll auf dem Alaunplatz seine Kundgebung abhalten. Ein Umzug wird nicht genehmigt. Begründet wird dies auf 21 Seiten mit mehreren Veranstaltungen in der Vergangenheit, bei denen das Netzwerk „ein Forum für linksextremistische Gewalttaten geboten hat“, zitiert Silvio Lang von Dresden Nazifrei aus dem Schreiben. Bis zum Februar 2010 gehe die Behörde dabei zurück. „Ich gehe davon aus, dass viele nun gar nicht zum Alaunplatz kommen“, vermutet Lang. „Was sollen sie da, wenn Pegida am Bahnhof oder am Königsufer steht“, sagt er. Das Netzwerk wolle noch entscheiden, ob der Bescheid der Versammlungsbehörde im Nachhinein vom Gericht geprüft werden soll.

In den sozialen Netzwerken mobilisieren Extremisten aus dem linken und dem rechten Spektrum ihre Anhänger, am Montag nach Dresden zu kommen.

Angesichts der angespannten Situation haben die beiden Dresdner Superintendenten Christian Behr und Albrecht Nollau sowie Dekan Norbert Büchner zur Gewaltfreiheit aufgerufen. „Die angekündigten Demonstrationen lassen eine Eskalation befürchten“, erklären die Verteter der evangelisch-lutherischen Kirche und fügen hinzu: „Für Gewalt gibt es in dieser Situation keinen Grund; weder für verbale noch für physische. Dresden kann auch Dialog. Und Dialog bleibt der einzig mögliche Weg. Das zeigen die Erfahrungen mit der Friedlichen Revolution. In der Advents- und Weihnachtszeit bewegt viele Menschen verstärkt die Sehnsucht nach Frieden. Es muss gelten: Keine Gewalt!“

 

 

 

Bürgerversammlung in der Kreuzkirche: Zuhören und Aushalten

Ein Waffenstillstand wäre doch auch schon ein Erfolg. Das meinte Frank Richter und antwortete auf Christian Mendt, der gerade seinen Wunsch von einem Fest der Liebe zwischen Dresden Nazifrei, Pegida und Dresden für Alle geträumt hatte. Richter und Mendt haben am Mittwoch Abend die Bürgerversammlung in der Kreuzkirche moderiert und für eine sachliche Atmosphäre gesorgt. Richter hat als Direktor der Landeszentrale für politische Bildung einschlägige Erfahrungen mit ähnlichen Veranstaltungen in ganz Sachsen gesammelt. Mendt ist Pfarrer und Polizeiseelsorger. Aber wie auch bei den vergangenen als Dialog angekündigten Veranstaltungen Anfang des Jahres kam ein Dialog nicht zustande. Die Diskutanten aus den unterschiedlichen Lagern üben immer noch, den Positionen des anderen zuzuhören und sie „zu ertragen“, wie es Richter forderte.

Wie schwer das ist, zeigte sich gleich zum Auftakt der Bürgerrunde, als Veit Kühne von den International friends Dresden die Pegida-Anhänger als „neofaschistische Organisation“ bezeichnete. Er berief sich in seinem Urteil auf Erfahrungen aus Kontakten und Gesprächen. Ingolf Knajder, der im Januar mit „Privatmann“ Sigmar Gabriel im Stadtmuseum nach der Veranstaltung „Warum nicht zu Pegida gehen?“ debattiert hatte,  flippte vorn in der zweiten Reihe förmlich aus. Kühne sei ein Linksfaschist und  solle zu seinen Gesinnungsgenossen nach Leipzig gehen, schrie der Aufgeregte. Es brauchte einige Zeit, bis ihn Nachbarn und Superintendent Behr beruhigt hatten. Der kleine Zwischenfall – es war der einzige den ganzen Abend – machte auch gleich deutlich, wo der gewünschte Dialog auch künftig seine Grenzen haben wird. Etwa 400 bis 500 Menschen hatten den Weg in die Kreuzkirche gefunden.
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Andere Berichte vom Abend:

>> sz-online
>> dnn-online
>> mopo24 online[/box]

Die Behauptung des Netzwerkes „Dresden für Alle“, die Veranstaltung würde eine Plattform für Pegida und deren Parolen bieten, war schon vorher nicht begründet. Und nachher erst recht nicht. Das Netzwerk hatte sein Mitwirken an der Veranstaltung abgesagt.

Oberbürgermeister Dirk Hilbert (FDP) hielt eines der zehn Eingangsstatements. Die Redner waren streng nach Alphabet sortiert und hielten sich an die vorgegebene Redezeit. Vor ihm sprach Sebastian Hennig, der im Oktober das Buch „Pegida: Spaziergänge über den Horizont. Eine Chronik“ veröffentlicht hatte. Er konstatierte eine Differenz zwischen der gebildeten Elite und dem Volk. Nach Hilbert redete René Jahn, Ex-Pegida-Vize. „Ein Format wie heute ist wichtig“, sagte Jahn, um die Gräben zuzuschütten und Brücken zu bauen zwischen den unversöhnlichen Seiten in der Stadt. Für Jahn wird die Entfernung zwischen Politikern und Bürgern derzeit immer größer. 

„Wir stecken fest und ich schließe mich da mit ein“, sagte Hilbert, der gemeinsam mit Behr offiziell zu der Bürgerversammlung eingeladen hatte. Man müsse über Demokratie, Toleranz und Grenzen reden. Er sehe die Chance für Dresden, aus diesem Konflikt gestärkt hervorzugehen.

Schriftsteller Jörg Bernig plädierte für Mäßigung in der Auseinandersetzung. Sowohl Rechtsextremisten als auch Linksextremisten würden die Wehrlosigkeit der Gesellschaft wittern und für ihre Zwecke ausnutzen. „Wir müssen über alles reden“, sagte Bernig, über Kultur, Religion und Frauenbild. Samer Mohamad, Bau- und Immobilienunternehmer mit syrischen Wurzeln und seit dreißig Jahren in Dresden, hat „Sorgen um unser schönes Dresden“. Größe zeige sich bei der Lösung von Herausforderungen, sagte er.

In der Bürgerrunde kam eine breite Palette von Ansichten zur Geltung. Ein Norddeutscher vertrat die Position, dass die Integration der Ostdeutschen in die BRD noch nicht mal gelungen sei. Außerdem hätten die Ostdeutschen die Parallelgesellschaften im Westen gesehen und würden sich nun zur Wehr setzen. Ein anderer Redner berichtete von seiner Schwester, die mit einem israelischen Araber verheiratet sei. Deren Söhne, die vier Sprachen beherrschen, würden jetzt in Dresden „Brücken bauen zu den Flüchtlingen“. Einer der Redner stellte sich als Mischpoke und Pack vor, weil Politiker ihn so bezeichnet hätten. Er forderte, dass die Flüchtlinge Verantwortung in ihrem Land übernehmen sollten. Ein Unternehmer, der erfolgreich eine Firma in der Ukraine gegründet hat, erklärte, es gebe „einfach keine Grund, vor den Flüchtlingen Angst zu haben“.

Mehrere Redner plädierten für eine Fortsetzung der Veranstaltung. Christian Behr sagte zu, dass die Kreuzkirche, wie schon zu Wendezeiten, ein Ort der Begegnung und der Gespräche sein wird. Er drückte die Hoffnung aus, dass aus den vielen Monologen bald ein Dialog werde.

Auch Claudia Greifenhahn, Betreiberin des Ladencafés Aha in der Kreuzstraße, kam in der Kreuzkirche zu Wort. Sie hatte Anfang Dezember einen Offenen Brief an den Oberbürgermeister geschrieben und geschildert, dass sie Montag für Montag in ihrem Laden und im Restaurant Fragen gestellt bekomme, „warum es in Dresden möglich ist, ungehindert an zentralen Orten zu hetzen, aufzuwiegeln und zu polemisieren“. Sie äußerte den Wunsch, dass „Gutmensch“ in Dresden kein Schimpfwort sein soll und Demonstrationen überflüssig würden. Dresden sei eine Weihnachtsstadt. Dazu gehören Zusammenhalt und Liebe. Und sie fügte hinzu: „Das mit der Liebe müssen wir noch üben.“

Dialog in der Kreuzkirche: „Dresden für Alle“ sagt Teilnahme an Bürgerversammlung ab

Noch bevor der erneute Anlauf für einen Dialog der Dresdner in der Kreuzkirche heute Abend startet, schlagen die Wogen hoch. Der Netzwerkrat von „Dresden für Alle“ hat heute sein Mitwirken an der Veranstaltung abgesagt. „Nein, wir wollen nicht mit Pegida-Gründern auf der Bühne stehen und uns nicht von Menschen vor den Karren spannen lassen, die mehr oder weniger offen Pegida-Positionen unterstützen. Der Rassismus bei Pegida ist offen. Die Hetze erreicht immer neue Höhen. Der Zug ist abgefahren“, heißt es in einer entsprechenden Erklärung. Man unterstütze den Dialog und arbeite an eigenen Konzepten, sagte Netzwerk-Sprecher Eric Hattke. Einen Dialog mit denjenigen, die die Hetze in Dresden erst salonfähig gemacht hätten, lehne man ab.

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Eric Hattke, Sprecher von Dresden für Alle: Der Netzwerkrat hat beschlossen, dass wir an der Bürgerversammlung nicht mitwirken. Foto: W. Schenk

Der Rückzug des Netzwerkes „Dresden für Alle“ ist überraschend, weil die beiden Netzwerk-Sprecher Hattke und Gabriele Feyler bei den Vorbereitungsgesprächen für den Dialog dabei waren. Auch die Äußerung, dass man nicht gewusst habe, dass das ehemalige Pegida-Vereinsmitglied Rene Jahn zu den Mitinitiatoren gehöre, verwundert.

In der Vorbereitungsrunde, die sich im Büro von Superintendent Christian Behr versammelt hatte, saßen neben Behr unter anderem Oberbürgermeister Dirk Hilbert (FDP), Polizeiseelsorger Christian Mendt, Ex-Pegida-Mitglied Rene Jahn, Ex-Stadträtin Barbara Lässig (FDP), Ex-PDS-ler Ronald Weckesser und Coloradio-Macher Gregor Schäfer. Man habe erst nach der Vorbereitungsrunde das Votum des Netzwerkrates eingeholt, so Hattke heute. Er werde zwar in die Kreuzkirche gehen, aber als Privatperson.

„Wir haben zu keiner Zeit für uns beansprucht, die alleinigen Initiatoren des Dialogs zu sein“, reagierte Gregor Schäfer  im Gespräch. Die Initiativgruppe sei lose zusammengesetzt und habe sich mehrmals getroffen. „Wir sind Dresdner, die einen breiten Dialog in der Bevölkerung für notwendig halten – ohne Ausgrenzung von einzelnen Personen oder Gruppen“, sagte Schäfer. Dafür habe man Wege gesucht. Die Veranstaltung in der Kreuzkirche sei eine dieser Möglichkeiten. „Es zeugt nicht von Weltoffenheit und Toleranz, wenn man hier in Sippenhaft genommen und als Rassist abgestempelt wird“, kritisierte Schäfer das Statement des Netzwerkes „Dresden für Alle“.

Dass ein loser Verbund von Persönlichkeiten aktiv wird, ist inzwischen nichts Neues mehr in Dresden. „Herz statt Hetze“ bezeichnet sich als Organisationskreis aus Einzelpersonen und hat die Demonstrationen am 19. Oktober, am 9. November und am 21. Dezember angemeldet.

René Jahn hatte gemeinsam mit Kathrin Oertel und anderen Mitbegründern den Pegida-Verein im Januar 2015 verlassen, nachdem die menschenverachtenden Kommentare von Lutz Bachmann bekannt geworden waren. Nach eignenen Angaben besuche er inzwischen wieder die Pegida-Demonstrationen, ohne dort aktiv zu sein. Jahn bedankte sich auf seiner Facebookseite bei Anna Mittag, Christine Ostrowski, Barbara Lässig, Gregor Johann Schäfer, Jens Genschmar, Ronald Weckesser und Maximilian Krah „für die letzten 4 konstruktiven Wochen, die das alles mit ermöglicht haben“. Jahn wird heute Abend eines der Eingangsstatements halten. Anfang November hatte ihn das Deutschlandradio eingeladen, in der  „Länderzeit“ zum Thema „Pegida – nur noch Hass statt Dialog“ gemeinsam mit CDU-Kreischef Christian Hartmann, SZ-Redakteur Ulrich Wolf oder Frank Richter, Leiter der Landeszentrale für Politische Bildung, zu diskutieren.

 

21. Dezember: Pegida will auf Neustädter Seite – Dresden Nazifrei meldet Gegendemo an

Der Pegida-Verein will am 21. Dezember einen Weihnachtslieder-Spaziergang auf der Neustädter Seite mit Startpunkt Schlesischer Platz veranstalten. Lutz Bachmann erklärte heute vor rund 5.700 bis 6.300 Anhängern, dass das Orga-Team beschlossen habe, die Anmeldung für den Theaterplatz zurückzuziehen. Als Begründung nannte Bachmann, dass die Stadtverwaltung noch keine Entscheidung zu den konkurrierenden Anmeldungen für den Theaterplatz getroffen habe. „In die Neustadt ist zu viel gesagt“, schränkte Bachmann jedoch ein und wollte damit wohl erklären, dass sich der Pegida-Umzug wohl eher am Rande der Neustadt bewegen werde.

Kritik an der Versammlungsbehörde kommt auch vom Netzwerk Dresden Nazifrei. Nach fast drei Wochen sei die Stadtverwaltung nicht in der Lage, eine Entscheidung zu treffen. Dies wertet Dresden Nazifrei auch als Ergebnis des öffentlichen Drucks durch „Herz statt Hetze“. Die Stadtverwaltung, so das Netzwerk auf seiner Facebook-Seite, sei massiv verunsichert, „weil sie inhaltlich keine feste Position zu Pegida hat“. Oberbürgermeister Dirk Hilbert (FDP) hatte am Donnerstag in seiner 100-Tage-Bilanz mit Blick auf den Streit um Veranstaltungen auf dem Theaterplatz deutlich erklärt, dass er das Grundgesetz nicht beugen werde. „Politisch motivierte Anweisungen an die Versammlungsbehörde wird es von mir nicht geben“, stellte Hilbert klar.

Für den Fall einer Pegida-Demo am Schlesischen Platz und in der Neustadt kündigte Dresden Nazifrei Gegenaktionen an. Man habe „eine Demo durch die Neustadt angemeldet, die von der Route nah am Schlesischen Platz entlang führen würde (Albertplatz)“, heißt es. Dies sei keine Konkurrenz zur geplanten Herz statt Hetze-Kundgebung auf dem Theaterplatz.

Bachmann sagte heute Abend in seiner Auftaktrede, dass die Stadtverwaltung einen anderen Anmelder für die Pegida-Veranstaltungen gefordert habe. Weil er volksverhetzende Reden nicht verhindert hätte, sei er aus Sicht der Versammlungsbehörde nicht mehr zuverlässig. Die Pegida-Anhänger reagierten mit lauten Buh-Rufen.

Während der Gepida-Protest in Hör- und Sichtweite vergangenen Montag zu spät kam, waren die etwa 350 bis 450 Demonstranten heute rechtzeitig in der Nähe. Sie kamen nach einer Auftaktkundgebung über die Sophienstraße, Taschenberg und Schloßstraße zum Schloßplatz, um danach über das Terrassenufer und die Marienbrücke zum Schlesischen Platz zu laufen. „Wir werden nicht aufhören, gegen Pegida zu demonstrieren. Rassismus bleibt für uns unerträglich“, hieß es auf der Zwischenkundgebung am Schloßplatz.

Nach Angaben von Polizeisprecher Thomas Geithner müssen sich drei Männer wegen Verstößen gegen das Versammlungsgesetz verantworten. „Am Bernhard von Lindenau Platz stellten Einsatzkräfte bei einem 55-Jährigen einen Elektroschocker fest (18.35 Uhr).  Auf der Sophienstraße fanden Einsatzkräfte bei einem 41-Jährigen Quarzhandschuhe und bei einem 17-Jährigen ein Schlagstock mit integriertem Pfefferspray“, heißt es in Geithners Montag-Abend-Bilanz. 451 Polizeibeamte sei im Einsatz gewesen. Die Teilnehmerzahlen für die Veranstaltungen von Pegida und Gepida stammen, wie immer, von der Forschungsgruppe durchgezaehlt.

Verdacht der Volksverhetzung bei Pegida-Gastrednern aus Belgien

Die Polizei hat Ermittlungen wegen des Verdachts der Volksverhetzung gegen zwei Gastredner der Pegida-Demo auf dem Theaterplatz eingeleitet. Das bestätigte Thomas Geithner, Sprecher der Polizeidirektion Dresden, am Abend in Dresden. Filip Dewinter und Anke van Dermeersch hatten die Pegida-Rednerbühne für drastischer Anti-Islam-Hetze genutzt. Dewinter von der rechtsextremen Vlaams Belang bezeichnete den Koran als das eigentliche Problem  der Islamisierung und als Ursache für den Dshihad. Der Islam strebe die absolute Weltherschaft an. Die Existenz eines gemäßigten Islam leugnete Dewinter. Anke van Dermeersch, sitzt für Vlaams Belang im flämischen Parlament und wurde als Vorsitzende des Vereins „Frauen gegen Islamisierung“ angekündigt. Der Islam, so sagte sie, gestehe der Frau nur eine Rolle als Sklavin zu. Sie möchte „weder Hure noch Sklavin sein“, sagte sei. Wie immer, wurden die Reden von Sprechchören wie „Widerstand“, „Merkel muss weg“, „Volksverräter“, „Lügenpresse“ oder „Abschieben“ begleitet.

Peigda hat heute mit etwa 5.500 bis 6.000 Teilnehmern in Dresden protestiert. Bis zu 450 Gegendemonstranten konnte Gepida mobilisieren. Pegida-Vereinschef Lutz Bachmann hatte zum Auftakt die Wahlerfolge der rechtsextremen Front National bei den Regionalwahlen in Frankreich gefeiert und die aufgezählt, wieviele Wählerstimmen rechtspopulistische Parteien in anderen europäischen Ländern auf sich vereinen konnten. Die AfD in Deutschland blieb dabei unerwähnt. Pegida will nach eigener Ankündigung eine eigene Partei gründen. Bisher ist es aber bei einer Ankündigung geblieben.

Der Protest der Gegendemonstration in Hör- und Sichtweite kam heute erst zustande, als die Pegida-Demonstranten bereits auf ihrem Umzug waren. Nach einer Auftaktkundgebung zogen die Gepida-Anhänger unter dem Motto „Dem Kaltland trotzen“ über die Sophienstraße, Taschenberg, Schloßstraße zum Schloßplatz. Der dort geplante Protest in Sicht- und Hörweite kam zu spät. Pegida war bereits auf dem Umzug unterwegs. Gepida setzten den Protestmarsch über das Terrassenufer, die Devrientstraße, die Marienbrücke und die Antonstraße bis zum Schlesischen Platz fort.

Die Pegida-Route führte zeitversetzt über das Terrassenufer, die Devrientstraße, Kleine Packhofstraße, Osteraallee, den Postplatz und die  Sophienstraße zurück zum Theaterplatz. Die Wilsdruffer Straße und der Striezelmarkt waren davon nicht betroffen.

Auf der Chiaverigasse hat die Polizei einen 35-Jährigen festgenommen. Bei ihm wurde ein sogenannten Totschläger entdeckt. Er muss sich wegen des Verstoßes gegen das Waffengesetz verantworten. Bei einem 21-Jährigen gehe es um Widerstandes gegen Vollstreckungsbeamte und Beleidigung. Der Mann habe in Höhe des italienischen Dörfchens versucht, die Absperrung zu durchbrechen, um auf den Theaterplatz zu gelangen, so die Polizei. Gleichzeitig habe er Einsatzkräfte beleidigt. Insgesamt waren 454 Beamte im Einsatz.

Herz statt Hetze: Rathaus und Polizei sollen gegen Hetzreden und Gewalt konsequent vorgehen

Der Organisationskreis „Herz statt Hetze“ hat von der Dresdner Stadtverwaltung und der Polizei ein konsequenteres Vorgehen gegenüber dem Pegida-Verein und dessen Anhänger  gefordert. „Strafbare Hetzreden und das Mitführen von Waffen, von gefährlichen Gegenständen oder Böllern“ müssten mit strengeren Kontrollen unterbunden werden, sagte Herz-statt-Hetze-Sprecherin Rita Kunert heute bei der Präsentation von Augenzeugenberichten zum Polizeieinsatz und zur Nazigewalt am 19. Oktober. Ordnungsamt und Polizei müssten die erteilten Auflagen auch mit Durchsuchungen bei der Anreise kontrollieren und bei Verstößen sofort einschreiten „bis hin zum Abbruch und zur Auflösung der Versammlung“, so Kunert.

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Akteure bei Herz statt Hetze: Jörg Schmidt, Johannes Lichdi, Rita Kunert, Cornelius Brandmiller, Silvio Lang. Foto: W. Schenk

Gleichzeitig forderte Kunert eine „versammlungsrechtliche Gleichbehandlung“ von Anti-Pegida-Veranstaltungen, etwa bei der Zuweisung von Versammlungsorten und dem konsequenten Schutz der Veranstaltungen.

Kunert erklärte, dass Herz statt Hetze für den 21. Dezember eine Veranstaltung mit 10.000 Teilnehmern auf dem Theaterplatz angemeldet hat. „Wir wollen, dass an diesem Tag keine Hetze vom Theaterplatz ausgeht, sondern ein gutes Signal für die Weihnachtszeit“, sagte sie. Geplant seien viel Kultur und gute Redebeiträge. Das Kooperationsgespräch bei der Versammlungsbehörde sei für kommenden Donnerstag anberaumt.

Scharfe Kritik äußerten die Akteure von Herz statt Hetze am Polizeieinsatz am 19. Oktober, als bei Pegida und den Gegendemonstranten etwa 20.000  Menschen auf jeder Seite protestierten. Die Auswertung des Demonstrationsgeschehens hätte gezeigt, dass die Polizei zu einseitig auf die Sicherung der Pegida-Veranstaltung fixiert gewesen sei.

herz statt hetze Augenzeugenberichte 19. Oktober 2015

 

Dies habe „gezielte brutale Angriffe von Neonazis und  gewaltbereiten Fußball-Hooligans, die sich für Pegida engagieren“, möglich gemacht, heißt es in der 56-seitigen Dokumentation von Augenzeugenberichten.  „Faktisch beherrschten diese Kräfte nach dem Ende der Pegida-Versammlung die Straße“, so das Resümé. Eine Gruppe von 60 bis 100 Nazis und Hoologans der „Freien Aktivisten Dresden“ sei laut Augenzeugenberichten ungehindert mit dem Sprechchor „Hier regiert der nationale Widerstand“ durch die Straßen gezogen, sagte Silvio Lang, Sprecher des Netzwerkes Dresden Nazifrei. Der Weg der Gruppe stimme überein mit dem Zeitpunkt mehrerer Gewalttaten entlang der Route.

Auch wenn die Augenzeugenberichte nicht auf ihre Wahrheit überprüft werden können, würden eigene Erlebnisse und viele persönliche Schilderungen des Tages eine „innere Wahrscheinlichkeit“ erzeugen, sagte Johannes Lichdi von Herz statt Hetze. Die vorgelegte Dokumentation soll eine Debatte in der Gesellschaft anstoßen, fügte Lichdi hinzu. „Wir wollen alle ermutigen, weiter zu den Demonstrationen für ein weltoffenes Dresden zu kommen und sich nicht abschrecken zu lassen“, sagte er.