Nach monatelangen fremdenfeindlichen Reden und Sprechchören auf dem Theaterplatz in Dresden sang dort heute Abend ein beeindruckender Chor Beethovens „Ode an die Freude“. „Alle Menschen werden Brüder, wo dein sanfter Flügel weilt“ schmetterte erst der Chor aus Mitarbeitern der Semperoper und der Staatskapelle in den dunklen, aber regenfreien Himmel über Dresden. Dann gab es Gänsehautstimmung.
3.000 bis 4.000 Teilnehmer der von Herz statt Hetze organisierten Kundgebung sangen gemeinsam den Schlußchor aus Beethovens 9. Sinfonie. Während der Chor der Mitarbeiter auf den Stufen vor der Semperoper stand, saßen die Musiker des Orchesters im unteren Rundfoyer im Gebäude. „Das hat funktioniert, weil jeder auf den anderen gehört hat“, sagte Dirigent und Studienleiter Johannes Wulff-Woesten. „Wenn es in der Gesellschaft immer so sein könnte, das wäre schön“, fügte er hinzu.
Am Königsufer hatten sich etwa 6.000 bis 8.000 Anhänger des Pegida-Vereins versammelt. Sie sangen Weihnachtslieder und hörten Reden von Pegida-Chef Lutz Bachmann. Er kündigte ein juristisches Nachspiel zur Entscheidung des Verwaltungsgerichtes von heute Nachmittag „durch alle Instanzen“ an. Die Richter hatten nach fast fünf Stunden Beratung die Auflagen der Stadt Dresden bestätigt. Am 11. Januar, so der Vorschlag von Bachmann, soll Pegida in Leipzig und nicht in Dresden demonstrieren.
Auf dem Theaterplatz zeigten in einem fast vierstündigen Programm Künstler und Gruppen ihr Herz gegen Hetze. Benni Cellini erinnerte an eine Rede von Martin Luther King 1964 bei der Verleihung des Friedensnobelpreises. Die Menschheit müsse für alle menschlichen Konflikte eine Methode entwickeln, die Rache, Aggression und Vergeltung zurückweist. Das Fundament einer solchen Methode ist Liebe“, so dessen Worte. Tragt diese Gedanken weiter an die Stammtische, forderte der Musiker. Ähnliche Gedanken formulierte Superintendent Christian Behr mit seinen Worten „ohne Liebe geht es nicht“. Aber, so Behr, Nächstenliebe verlange Klarheit. „Keine Gewalt“ sei eine solche klare Ansage, die die Kirchenvertreter an die Demonstrationsteilnehmer gerichtet hatten. Damit seien sowohl die Pflastersteine als auch die verbale Gewalt gemeint, betonte Behr.
Viele Persönlichkeiten aus der Dresdner und Sächsischen Politik, Wissenschaft und Kultur hatten sich unter die Kundgebungsteilnehmer gemischt. Künstler der Semperoper wie die Solisten Gala El Hadidi aus Ägypten und Levy Sekgapane aus Südafrika sangen, begleitet vonP Pianist Thomas Cadenbach aus »My Fair Lady« und aus »Les Misérables«.
Die von Dresden Nazifrei für den Alaunplatz angemeldete Kundgebung wurde kurzfristig abgesagt. Die Pegida-Gegner versammelten sich auf dem Schlesischen Platz. Der Versuch, einen spontanen Umzug durchzuführen, wurde von der Polizei auf der Antonstraße gestoppt. An der Carolabrücke und der Augustusbrücke warteten später viele Demonstranten, um gegen die Pegida-Anhänger auf dem Heimweg in Hör- und Sichtweite zu protestieren. Ein direktes Aufeinandertreffen der politischen Gegner verhinderte die Polizei. Dafür wurde der Carolaplatz kurzzeitig gesperrt. Auch die Augustusbrücke war für Personen während des Abzugs der Pegida-Anhänger nicht zugänglich, die Straßenbahn konnte dagegen die Brücke queren.
2.578 Polizeibeamte aus Sachsen und acht weiteren Bundesländern sicherten gemeinsam mit Bundespolizisten den weitgehend friedlichen Demonstrationsabend in Dresden. Kommunikationsteams waren an Brennpunkten im Einsatz. Im Verlauf des Abends brannten zwei Autos (Opel, Audi) an der Ziegelstraße. Die Kriminalpolizei geht von Brandstiftung aus. Ein Zusammenhang mit dem Versammlungsgeschehen werde geprüft, sagte ein Polizeisprecher. Zudem hätten Unbekannte mehrere Mülltonen am Bischofsweg in Brand gesetzt. Im Umfeld der Versammlungen seien mehrere Straftaten, insbesondere Verstöße gegen das Versammlungsgesetz, festgestellt worden. Entsprechende Ermittlungsverfahren wurden eingeleitet.
Die im Text genannten Teilnehmerzahlen beruhen auf den Angaben der Forschungsgruppe durchgezaehlt. Andere seriöse, öffentlich nachprüfbare Quellen, stehen nicht zur Verfügung.
Etwa 15.000 Dresdner waren heute Abend im Fußballstadion von Dynamo Dresden, wo der Dresdner Kreuzchor in einer Premiere ein Weihnachtskonzert gab.
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