Designed by Mama: Unikate auf dem Kreativmarkt in der Dresdner Messe

Die Mütze, die ständig vom Ohr rutscht, enge Röhrenhosen, Knopfleisten, die in die Haut drücken. Unpraktische Babykleidung gab für Theresia Arnold den Ausschlag, selbst zu Nadel und Faden zu greifen. „In meiner ersten Elternzeit habe ich mir eine Nähmaschine gewünscht und einen Kurs gemacht“, erzählt die zweifache Mutter. So entstanden Unikate für ihre Erstgeborene. Mützen, die wirklich sitzen und Pumphosen, die nicht kneifen und drücken. Dann erkrankte ihr zweijähriges Mädchen schwer. Ein Jahr dauerte die Krebstherapie, ein zweites Töchterchen kündigte sich an. Diese Umstände forderten von den Eltern sämtliche Kraftreserven. Die Therapie war erfolgreich. „Danach bin ich in ein Loch gefallen“, sagt Theresia Arnold. Das war der Punkt, an dem sie beschloss Kindersachen in größerem Stil zu produzieren. „Das ist mein kreativer Ausgleich“, erklärt die studierte Betriebswirtschaftlerin, die in der Halbleiterindustrie arbeitet.

Theresias Töchter stehen für die Kindersachen Modell. Die Kleidergrößen "wachsen" mit den Mädchen mit. Bisher gibt es Sachsen bis Größe 116. Foto: M. Arndt
Theresias Töchter stehen für die Kindersachen Modell. Die Kleidergrößen „wachsen“ mit den Mädchen mit. Bisher gibt es Sachen bis Größe 116. Foto: M. Arndt

Einen Ausgleich finden, etwas für sich tun – das Bedürfnis haben viele in der Elternzeit, wo sich alles um geistig wenig fordernde Handgriffe wie windeln, füttern und den Haushalt dreht. Die Königsdisziplin ist dann ein Hobby, mit dem sich sogar ein Mehrwert erzielen lässt. Theresia Arnold ist in ihrer Freizeit Designerin. Abends auf dem Sofa sucht die 35-Jährige Stoffe aus und überlegt sich Schnitte für Kinderbekleidung. Eine Schneiderin bei Leipzig setzt ihre Ideen um. Entstanden ist eine kleine Kollektion aus Wendemützen, Pumphosen und Kleidern zu Preisen um die 20 und 30 Euro. „Meine Große zieht total gern Kleider an, aber da gibt es in den Läden nicht so viel Schönes“, findet Theresia Arnold. Sie hat deshalb verschiedene Langarmkleider entworfen, in bunten Farben, die dennoch nicht kitschig sind und ohne Knöpfe, sodass sie auch Dreijährige ohne Hilfe anziehen können.

Sich ohne Mamas Hilfe anziehen

Anfangs hat die Dresdnerin, die mit ihrer Familie in Weixdorf wohnt, die Kinderkleidung im näheren Verwandten- und Bekanntenkreis verkauft. Seit August letzten Jahres bietet sie ihre Sachen auch auf Dawanda unter dem Label „Gretchen und Emilie“ an. Der Online-Marktplatz für Selbstgemachtes, 2006 gegründet, ist zu einem unerschöpflichen Kreativbasar geworden, mit über 5,7 Millionen Produkten. Jede Minute werde eine Tasche auf Dawanda gekauft, alle 30 Sekunden ein Produkt für Babys und Kinder und alle 20 Sekunden ein Schmuckstück, rechnet das Unternehmen vor. Da sich aus der Masse hervorzuheben, ist schwer geworden.

Theresia Arnold entwirft Kindersachen und ist zum ersten Mal auf dem Kreativmarkt in der Dresdner Messe dabei. Foto: M. Arndt
Theresia Arnold entwirft Kindersachen und ist zum ersten Mal auf dem Kreativmarkt in der Dresdner Messe dabei. Foto: M. Arndt

„Ich produziere auf Vorrat“, erklärt Theresia Arnold ihren Vorteil gegenüber einigen anderen Do-It-Yourself-Anbietern. Die bestellten Teile verschickt sie per Express, sodass sie spätestens am übernächsten Tag da sind. An diesem Wochenende geht der Einkauf bei ihr noch fixer. Theresia Arnold ist nämlich mit einem eigenen Stand auf dem Handgemacht Kreativmarkt in der Dresdner Messe dabei. Sonnabend bis 18 Uhr und Sonntag von 10 bis 17 Uhr kann hier jenseits vom Mainstream an rund 200 Ständen nach persönlichen Lieblingsstücken vom Schlüsselanhänger bis zum Möbelstück geforstet werden. Der Eintritt kostet fünf Euro, Kinder bis zwölf Jahre kommen kostenlos rein.

Neue Räume für Bibliothek in Weixdorf

Die Bibliothek Weixdorf hat ihre neuen Räume im Hohenbusch-Center bezogen. Innerhalb von nur zweieinhalb Monaten wurde der Umzug in die dritte Etage des Centers vorbereitet und realisiert. Vier Wochen bliebt die Bibliothek während des Umzugs geschlossen. „Das ist beispiellos für einen Bibliotheksumzug“, sagte Luisa Echevarria von der Öffentlichkeitsarbeit der Dresdner Bibliotheken. Nach einer längeren Hängepartie um die neuen Räume sei der Mietvertrag erst im Februar 2014 unterschrieben worden. Nur durch die Kompromisse von Verwaltung und Bibliothek habe man dann in so kurzer Zeit das Einrichtungskonzept anpassen und den Umzug realisieren können. Der Ortschaftsrat unterstützte die Einrichtung neuer Lern- und Arbeitsplätze un die Beschaffung von Stühlen und Veranstaltungstechnik mit 12.000 Euro.

Mit dem Umzug konnte sich die Bibliothek um 15 auf nun 205 Quadratmeter vergrößern. Die Räume sind über einen Aufzug barrierefrei erreichbar. In der Bibliothek stehen etwa 2.800 Sach- und Fachbücher, 2.400 Romane und 2.500 Kinderbücher zum Ausleihen bereit. Das Literaturangebot wird durch 1.400 CDs und 800 DVDs ergänzt. An zwei Arbeitsplätzen können die Bibliothektsnutzer kostenlos im Internet arbeiten.  Weixdorf ist der nördlichste Stadtteil von Dresden und hat rund 5.900 Einwohner.

Helma Orosz auf Dresden-Tour: Ortstermin in Weixdorf

Sie hat eindeutig die falschen Schuhe an. Als Ortsvorsteher Gottfried Ecke Dresdens Oberbürgermeisterin Helma Orosz (CDU) über einen kleinen Umweg vom Dixiebahnhof zum Sportplatz führt, geht es plötzlich über groben Schotter. Und ganz trocken ist es auch nicht am Weg entlang des Seifzerbaches. Da müssen sie durch, die schwarzen Lackpumps, bei der Stippvisite der Rathauschefin heute nachmittag in Weixdorf. „Ich bin froh, dass ich mich Anfang vorigen Jahres dazu entschlossen habe, die Dresdner Ortsteile und Ortschaften besser kennen zu lernen“, wird am Ende das Resüme lauten.

Weixdorf Ecke Orosz
Ortsvorsteher Gottfried Ecke und Helma Orosz auf dem Weg zum Sportplatz.

Und in der 6000-Seelen-Ortschaft scheint die Welt in Ordnung. Die Bürgersprechstunde ist mäßig besucht, es geht nicht um Globus oder die Königsbrücker Straße, sondern um eine fehlende Baugenehmigung, Baumbeschnitt und die Möglichkeit einer Fußgängerampel. Oder vielleicht doch nur ein Fußgängerschutzweg? „Für meine Verwaltung kann ich schon einiges mitnehmen“, sagte deren Chefin. Manchmal sei es vielleicht besser, einfach zum Hörer zu greifen, statt gleich ein amtliches Schreiben aufzusetzen. „Diese Verwaltungssprache ist ja auch nicht einfach zu verstehen“, fügt Helma Orosz hinzu.

Beeindruckt zeigt sich die Politikerin vom Engagement, das ihr in jeder Ecke im Ort begegnet. Und es ist wohl typisch für diesen wachsenden Ort an Dresdens Stadtrand, dass hier im Ortschaftrat neben sechs CDU-Mitglieder der Sportverein mit einer Frau und fünf Männern zweitstärkste Fraktion ist. Die Linke hat es noch mit einem Mitglied in den Ortschaftsrat geschafft. Dass die SG Weixdorf eine Macht ist, bekommt die Oberbürgermeisterin demonstriert. Ein Fußballfeld mit Naturrasen und ein im Oktober 2011 eingeweihter Kunstrasenplatz. Vereinsvorsitzender Michael Kaiser erzählt stolz von 950 Mitgliedern, davon allein 450 in den verschiedenen Fußballligen. Als beste spielt die A-Jugend in der Landesliga. Einen gr0ßen Schub beim Mitgliederzuwachs hat es 2009 gegeben, als der Verein seine Sporthalle eingeweiht hat. Richtig: der Verein hat gebaut. „Die erste Sporthalle in Sachsen, die nach dem Passivhausstandard gebaut wurde“, erzählt der stellvertretende Ortsvorsteher und CDU-Stadtrat Lothar Klein später, als wir am Rathaus sind, hinter dem die Halle steht. Das Prinzip besteht hier darin, den überwiegenden Teil des Wärmebedarfs aus passiven Quellen zu decken, wie zum Beispiel Sonneneinstrahlung und Abwärme von Personen und technischen Geräten.

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Bei der FFW Weixdorf: So geht das mit Stiefeln und Hose ganz schnell.

Die Halle brachte zum Beispiel die Badminton-Spieler, Volleyballer und Handballer zum Verein. Die Judokas haben zwar im schicken Vereinsgebäude am Sportplatz ihren Trainingsraum, gehen aber zu den Wettkämpfen ebenfalls in die Halle. Der Sportverein zieht inzwischen aus dem ganzen Dresdner Norden und aus dem Umland Mitglieder an. Nicht umsonst heißt es bei den Fußballern, sie seien die „Fußballfamilie im Norden“, flüstert mir ein Vereinsmitglied auf dem Sportplatz ins Ohr.

Feuerwehr und Kulturverein sind weitere Bastionen des gut funktionierenden Ehrenamtes in Weixdorf. Die Wände im Flur bei der Freiwilligen Feuerwehr sind gepflastert mit Urkunden für die Jugendfeuerwehr. 31 aktive Feuerwehrleute hat Weixdorf, immer genug, um einen Feuerwehrzug im Ernstfall mit sechs Leute zu besetzen, sagt der stellvertretende Wehrleiter Holger Romberg. „Wir haben keine Probleme“, meint er fast ein bisschen verschämt, als Helma Orosz nachfragt. Neue Einsatzkleidung sei da, die neuen Helme kommen, das Dach wird repariert und mit dem Feuerwehr-Nachwuchs würde man auch nachkommen, sagt Romberg, dessen zwei Kinder ebenfalls bei der FFW sind.

Weixdorf Diixiebahnhof
Vereinsvorsitzender Jürgen Georges: Hier weiß jeder, in welcher Ecke er gebaut und mitgemacht hat.

Von einem Glücksfall berichtet Jürgen Georges, Vereinsvorsitzender vom Dixiebahnhof Dresden. Als die Deutsche Bahn den alten Bahnhof nach fünf preiswerten Jahren für teures Geld vermieten wollte, hat die Stadt gekauft und das Gebäude für 25 Jahre an den Verein verpachtet. Der Verein mit seinem rührigen Vorsitzenden hat daraus ein Kulturzentrum für Dresdens Norden gemacht. Ganz bewusst wolle man nicht „eine Kunstrichtung oder eine Interessengruppe bedienen, sondern Platz für ein breites Musikangebot und andere Veranstaltungen bieten“, erklärt Georges das Erfolgskonzept. Sogar ein eigenes Talkshow-Format habe man entwickelt. „Das Haus hatte schon immer was“, erinnerte sich der Vereinschef, dass er schon früher Pläne für den Bahnhof im Kopf hatte. Er zeigt der Oberbürgermeisterin den Saal und meint: „Hier kann jedes Vereinsmitglied  sagen, an welcher Ecke es gebaut, gemalert, geputzt hat“. Orosz erzählt, dass sie sich bei der Vorbereitung auf ihren Weixdorf-Besuch auch über den Verein informiert habe. „Der Ruf geht weit über Weixdorf hinaus“, zeigt sie sich ehrlich beeindruckt. Und sie verspricht dem Vereinsvorsitzenden Hilfe. Er ist auf der Suche nach dem Kaufvertrag zwischen Stadt und Bahn. Bei der Bahn, so Georges, sei der Vertrag verschollen.

Seit 1999 gehört Weixdorf zu Dresden. Für die nächsten 30 Jahre gilt die Ortschaftsverfassung und sichert in wichtigen Fragen die Mitbestimmung der Bürger. Sie sichert auch die Wahl des Ortschaftsrates. Ganz anders, als in den zehn Ortsteilen des Dresdner Kerngebietes. Dort können die vom Stadtrat eingesetzten Ortsbeiräte nicht einmal die Tagesordnung bestimmen. Hier wird beraten, was die Verwaltung vorgibt. Der Stadtrat hat am 6. März mit knapper Mehrheit einem Antrag der Grünen zur Einführung der Ortschaftsverfassung in allen Ortsteilen zugestimmt. „Das prüft jetzt die Verwaltung“, sagt Orosz und bemühte sich um einen neutralen Gesichtsausdruck.