Khaled B Urteilsverkündung 0611

Nach Tod von Khaled B.: Fünf Jahre Haft wegen Totschlags für Landsmann Hassan B. aus Eritrea

Zehn Monate nach dem gewaltsamen Tod des Asylbewerbers Khaled Idris Bahray aus Eritrea ist heute sein Landsmann Hassan S. zu fünf Jahren Gefängnis verurteilt worden. Die Vorsitzende Richterin Birgit Wiegand sprach den Angeklagten wegen Totschlags schuldig. Trotz gründlicher Ermittlungen und umfangreicher Zeugenbefragungen sei es dem Gericht nicht gelungen herauszufinden, was an dem Abend wirklich geschah. „Die prozessuale und die materielle Wahrheit liegen weit auseinander“, beschrieb die Richterin das Problem. Am Ende musste die Schwurgerichtskammer bei der Urteilsfindung von dem ausgehen, was der Angeklagte zum Tathergang beschrieben habe.

Hassan S. hatte in der Verhandlung von Notwehr gesprochen. Nach einem Streit um Hausarbeiten sei eine Auseinandersetzung auf dem Innenhof des Wohnblocks in der Johannes-Paul-Thilman-Straße eskaliert. Weil er sich im Schwitzkasten befunden habe, habe er sich mit einem Gegenstand gewehrt, den er aus dem Hosenbund von Khaled B. gezogen hatte. Dem ist das Gericht gefolgt. Allerdings nahmen die Richter dem Angeklagten nicht ab, dass er den Gegenstand nicht als Messer erkannt haben will. Auch wenn es zunächst eine Notwehrsituation gewesen sei, ließen die Verletzungen am Kopf und im Halsbereich des Opfers auf eine große Wucht der Schläge schließen. Auch eine Rippe sei dabei durchtrennt worden. Am Ende sei das Opfer an einem tödlichen Verblutungsschock gestorben. Gleichzeitig sei das Opfer durch Blut in der Lunge erstickt.

Die Richterin erläuterte, dass es einen Übergang von der Notwehr zum Totschlag gegeben habe, weil der Angeklagte „mehr als die mindest möglichen Mittel der Notwehr“ angewandt habe. Außerdem habe er sein Opfer mit den Verletzungen in der kalten Nacht einfach liegen lassen. Das Gericht sei von einem Totschlag in minder schwerem Fall ausgegangen, der mit 1  bis 10 Jahren Haft bestraft werden kann. Dem Angeklagten wurden sein Geständnis und die Reue über die Tat zugute gehalten. „Ich bin tief bestürzt und bedaure den Tod von Khaled“, hatte Hassan S. schon am ersten Verhandlungstag vor der Schwurgerichtskammer im Landgericht Dresden Ende August gesagt. Den Umstand, dass er nach dem Tod von Khaled B. noch an einer Gedenkdemonstration und an einem Treffen mit der damaligen Oberbürgermeisterin Helma Orosz (CDU) teilgenommen hatte, habe das Gericht bei der Urteilsfindung nicht bewertet.

Von einer verminderten Schuldfähigkeit könnte das Gericht auch nicht ausgehen. Trotz aller Belastungen könne nicht von vornherein „jedem Flüchtling eine verminderte Schuldfähigkeit zugestanden werden“, machte die Vorsitzende Richterin Wiegand klar. Oberstaatsanwalt Christian Avenarius hatte schon beim Verlesen der Anklage gesagt: „Er hat einen Menschen getötet, ohne ein Mörder zu sein.“ Avenarius kündigte an, gegen das Urteil nicht in Revision zu gehen. Der Verteidiger von Hassan S, Andreas Boine, sagte dagegen nach der Verkündung des Urteil, dass man über eine Revision nachdenke.

Aufmerksam hatten die Mitglieder der Initiative „Remembering Khaled“ den gesamten Prozessverlauf verfolgt. Einen Teil der Verhandlungstage haben sie bereits dokumentiert. Man wolle am Ende auch eine Bewertung des gesamten Verhandlungsverlaufes abgeben, kündigte Sophie Schmidt an. Einen Zeitpunkt ließ sie dabei offen.

Richterin Wiegand hatte ihre Ausführungen zur Urteilbegründung mit einer ausführlichen Schilderung der  öffentlichen Meinung im Januar begonnen. Sie sprach von Schubladendenken, als sie beschrieb, dass unmittelbar nach dem Tod von Khaled B. sehr schnell Verdächtigungen in Richtung Rechtsradikale auftauchten. Genauso wenig sei die Schublade der gewalttätigen jungen Männer aufrecht zu erhalten, wenn von Asylbewerbern die Rede sei. Ebenso schlimm seien die Verdächtigungen in Richtung Polizei und Justiz gewesen, die bis heute nicht zurück genommen wurden. „Weder  beim Ablauf noch bei der Arbeitsweise hat die Polizei Fehler gemacht“, stellte Richterin Wiegand ausdrücklich klar.

 

Das könnte Sie auch interessieren …

Familientag: Großer Spaß beim „Bullenreiten“ auf der Cockerwiese

Mitmachaktionen zum Thema Balance und Geschicklichkeit standen im Mittelpunkt des Sport- und Familientages der Dresdner >>>

Bahn kündigt Sperrungen in Klotzsche an: Gleise auf neuer Brücke über den Nesselgrundweg werden verlegt

Die neue Brücke über den Nesselgrundweg in Klotzsche soll Ende März in Betrieb gehen. Darum wird die Eisenbahnstrecke >>>

Krebshilfe: Verein schafft mehr Platz für betroffene Familien im Haus Sonnenstrahl

Zwei neue Zimmer für Eltern krebskranker Kinder hat der Verein Sonnenstrahl in der gleichnamigen Villa eingerichtet. >>>

Die Mafia in Mexiko – als vergnügliche Dinnershow im Erlwein-Capitol

„Stiehl wenig – und du kommst ins Gefängnis. Stiehl viel – und du machst Karriere.“ Das ist das Patentrezept des Paten. Doch >>>

Countdown für das Stollenfest läuft – süße Platten für den Mega-Striezel
In zwölf Tage ist wieder Stollenfest. Bis zum 9. Dezember, das ist der Samstag vor dem zweiten Advent,  backen die Dresdner
>>>