Kommt sie oder kommt sie nicht? Während die Stadt noch die Ergebnisse vom letzten Hochwasser auswertet, steht Hafencity-Investor „Unser Schönes Dresden“ (USD Immobilien GmbH) schon in den Startlöchern, um das umstrittene Projekt „Hafencity“ durchzuboxen. Widerstand schlägt dabei der USD mittlerweile von Anwohnern, Stadträten bis hin zu Landesbehörden entgegen. Eine im September von der örtlichen Bürgerinitiative „Elbraum für Alle! – Stoppt Hafencity“ organisierte Menschenkette entlang des geplanten Areals wurde ebenfalls als Erfolg der Gegenbewegung gefeiert. Noch ist das Gebiet um den Neustädter Hafen geprägt von den alteingesessenen Akteuren, den mittelständischen Betrieben, Antik- und Trödelläden, Clubs und kulturellen Vereinen, die sich hier angesiedelt haben.
Doch geht es nach der USD, sollen diese möglichst bald weichen, um Platz zu schaffen für 350 neue Wohneinheiten. Dirk Schneider von der Bürgerinitiative „Elbraum für Alle! – Stoppt Hafencity“ kritisiert das Vorgehen der Stadt und der USD in vielen Punkten. „Dass es hier viele Gewerbetreibende gibt, die ihre Existenz verlieren, wird einfach als Kollateralschaden hingenommen.“ Im Masterplan des Konzeptes war noch die Rede davon, dass die Stadtteilentwicklung zusammen mit den Anwohnern geführt wird. Aber Schneider sieht in der Hafencity ein reines Investorenprojekt. „Die Leute hier wurden nicht einmal darauf vorbereitet, dass ihre Grundstücke an die USD verkauft wurden.“ Ebenso kritisiert er, dass eine Ausschreibung nicht stattgefunden habe.
Bevor die USD die Grundstücke am Neustädter Hafen erworben hat, waren diese noch im Besitz der Sächsischen Binnenhäfen Oberelbe GmbH. „Parallel zum Beschluss des Masterplanes sind die Grundstücke an die USD verkauft worden. Es wurde nicht versucht, einen anderen Investor zu finden, dabei ist das Land Sachsen verpflichtet, seine Grundstücke nicht unter Wert zu verkaufen.“ Warum die USD hier ein Vorkaufsrecht erhalten hat, ist unklar. Nun hat das Hochwasser im Juni dieses Jahres wieder Zweifel an der Idee aufkommen lassen, eine Wohn- und Flaniermeile in einem Flutgebiet zu bauen. „Es wird unnötig ein neues Schadenspotenzial geschaffen“, so Schneider. Zwar soll die Hafencity ähnlich dem Hamburger Modell auf 12,5 m hohen Sockeln mit flutbaren Garagen gebaut werden – das ändert allerdings nichts an der Tatsache, dass durch die Bebauung natürliche Retentionsflächen verloren gehen würden. Schneiders Bilanz ist klar: „Das Projekt zielt nicht auf das Gemeinwohl.“
Jacqueline Muth vom „Freiraum Elbtal e.V.“ sieht es ähnlich. „Es wird behauptet, das Projekt wäre im Sinne der Öffentlichkeit, aber warum sollte uns als Anlieger so ein Projekt interessieren?“ Angesichts des massiven Eingriffs in die sozio-kulturelle Struktur des Stadtteils, befürchtet sie eine Luxusbebauung à la Hamburg. „Das ist einfach eindeutige Gentrifizierung.“ Schneider wirft der USD und der Stadt eine Verschleierungstaktik vor. In den Fragestunden würden Informationen nur sehr spärlich herausgegeben. Zum Projekt habe sich die Firma nicht wirklich geäußert. Die erste Bürgerversammlung hätte beinahe ohne die Bürger stattgefunden und nachdem eine zweite Versammlung in Anwesenheit der Stadträte (ausgenommen CDU und FDP) stattgefunden hatte, wurde lediglich klar, dass es noch viele ungeklärte Fragen gibt. Ungeachtet dessen, hat die USD Hafen City GmbH, eine Tochter der USD, schon mit Abrissarbeiten am Neustädter Hafen begonnen. Mit ihrer Informationspolitik tut sich die USD dennoch schwer. Die offizielle Website zur Hafencity ist seit Monaten deaktiviert und sämtliche Informationen zum Thema wurden von der USD-Website entfernt.
Die Oberbürgermeisterin und ihre Partei stärken dem Projekt weiterhin den Rücken. Den Anliegern bleibt nur noch das Warten. Erste Veränderungen hatte der „Freiraum Elbtal e.V.“ schon zu spüren bekommen. Dem Verein, der unweit der geplanten Hafencity angesiedelt war, ist längst vom Vermieter gekündigt worden. Der Investor Dresdenbau plant hier ein weiteres Projekt unter dem exotischen Titel „Marina Garden“.