Da war doch mal was – Wishbone Ash und Blue Horizon

1969 in London gegründet und anno 2014 mit dem x-ten Album immer noch da. Aber leider ohne das gewisse Etwas.

Wishbone Ash – richtig, da war mal was. Da war eine Band, die etwas gebacken bekam, worauf man bei anderen Beatcombos noch nicht – und auch später höchst selten – gekommen war. Die Briten spielten – damals eine echte Revolution – tatsächlich mit zwei Leadgitarren und garnierten alles mit einem höchst eindrucksvollen Satzgesang. Und das Konzept hat eingeschlagen. Wishbone Ash waren damals das im Rock, was heute das 3D beim Drucken ist.

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Michael hat ein wunderbares Hobby – er liebt die Musik. Rock, Pop, Soul, Jazz, Dance. Hauptsache gut und keine One-Hit-Wonder oder flachen Dudelsongs.

Was zur Folge hatte, dass die Band sensationelle Scheiben veröffentlichte, die heute in kaum einem gut sortierten Plattenschrank der Altvorderen fehlen. Garantiert wird „Theres the Rub“ dabei sein. Ein Meilenstein. Mit dem denkwürdigen musikalischen Orgasmus „F.U.B.B.“. Da baute sich etwas langsam und drängend auf, um schlussendlich gänzlich und hemmungslos zu explodieren. Heute explodiert bei Wishbone Ash nicht mehr viel. Es sei denn, man streitet sich vor Gericht und macht sich unter alten Kollegen das Leben schwer.

Als Fan von einst wundert man sich, dass es die Band überhaupt noch gibt. Aber wie das mit alten, gestandene Rockern so ist: einfach abtreten will man nicht und dann lockt die Musik, die Kohle und dann kommen die alten Kollegen anderer Bands dieser Ära auf die Idee, es nochmal wissen zu wollen. Also macht man auch mit. Selbst auf die Gefahr hin, dass das auch schief gehen kann. Wishbone Ashs neues Album mit dem etwas schwiemeligen Titel „Blue Horizon“ (Solid Rockhouse Records) ist auch so ein Versuch. Der Rücktritt vom Rücktritt – irgendwie. Aber eben doch nicht so ganz ernst gemeint. Und deswegen versucht es der letzte restenergetische Mitstreiter und Band-Mitgründer, Gitarrist und Sänger Andy Powell, nochmal.

Wishbone Ash: Blue Horizon

Wishbone Ash: Blue Horizon


Was seinerzeit beim Album „Theres the Rub“ von den Kritikern als „etwas Majestätisches“ und „königlicher Orgasmus“ pathetisch umschrieben wurde, ist heute aber eine unspektakuläre Landung auf dem Boden der aktuellen Musik geworden. Nicht schlecht, nicht gut, nicht Fisch, nicht Fleisch. „Blue Horizon“ ist nochmal ein Versuch. Wieder mit den zwei Leadgitarren. Was auch heute noch ungewöhnlich ist. Aber den Hauch des Revolutionären längst verloren hat.

Andy Powells Band beginnt mit „Take it back“ druckvoll. Da ist er, genau der, der typische Sound mit dem Twin-Guitars und einem astreinen Satzchorus. Hoher Wiederkennungsfaktor. Zweifelsohne. Der, so wollen wir gleich alle Illusionen zerschlagen, verschwimmt allerdings zusehends. „Deep Blues“ hält in ZZ-Top-Manier dagegen, aber: es fehlt die Kraft. Die von innen. Spätestens Titel Nr. 3 „Strange how things come back around“ beraubt den Wishbone Ash-Fan aller Illusionen. Kraftlos ist geschmeichelt. La la la im Backgroundchor – das kaschiert, maximal. „Way down south“, Titel Nr. 5, ist noch eine Art ein Wachmacher. Nicht schlecht, aber auch nicht überragend.

Wishbone Ash

Wishbone Ash: Blue Horizon. Quelle: jpc.de

Ab Titel 7 schleppt sich die Scheibe nur noch dahin. Sie längelt. Kein Höhepunkt. Nirgends. Bis auf „Tally Ho!“. Das ist nochmal ein Achtungszeichen. Mehr aber auch nicht. Wishbone Ash lebt. Ein bisschen. Es fehlt die Wucht, die dereinst hinter den Gitarren röhrte und stöhnte. Wishbone Ash mit Andy Powell als Resteverwalter segeln im 44. Jahr ihrer Gründung dem blauen Horizont entgegen und versuchen nochmals bei ihren Fans zu ankern. Auch ohne die „ausgeklügelte Klangmischung“, die das Rocklexikon einst den Briten attestierte. Aber es ist an der Zeit, die Segel einzuholen und einen sicheren Hafen anzusteuern. Spätestens mit dem Schlusssong „All there is to say“ bekommt die Sache Schlagseite. In den musikalischen Gezeiten ist es für die Band einfach zu unruhig geworden. Da kentert es sich leicht.

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