Die Sportanlage an der Wittgensdorfer Straße ist top-gepflegt, der Rasen glänzt in der Sonne, das zweistöckige Vereinshaus blitzt. Seit 2011 ist hier die Heimat der Sportgemeinschaft Gebergrund Goppeln. Kein Vergleich mit der alten Anlage an der Friebelstraße, wo die Gastmannschaften schon mal spotteten: „Beim nächsten Spiel bringen wir einen Sack Saatkartoffeln für euren Acker mit“. Das ist Geschichte und die liebevoll gepflegte Chronik erinnert daran. „Seit wir hier sind, ist die Mitgliederzahl des Vereins noch einmal rasant gewachsen“, erzählt Vereinssprecher Falk Lösch, der sonst für die Dresdner Verkehrsbetriebe spricht. Aus vielen dienstlichen Begegnungen kennt er natürlich auch den Gast, der den Verein besucht. Oberbürgermeisterin Helma Orosz (CDU) ist zu einer ihrer Visiten in Ortsteilen und Ortschaften unterwegs, die sie seit zwei Jahren regelmäßig unternimmt. Der Ablauf ähnelt sich – drei oder vier Stationen, abschließend ein Bürgergespräch und ganz zum Schluss eine interne Runde mit den Ortsbeiräten.
Lösch berichtet von der Eigeninitiative des Vereins beim Bau der neuen Anlage. Mit den aktuellen Mitgliederzahlen und den 14 Fußballmannschaften sei man eigentlich schon wieder an der Kapazitätsgrenze angelangt. Orosz betont, dass gerade die Übernahme von Verantwortung durch den Verein für die Stadt wichtig sei und will dann ganz genau wissen, wie das denn mit den Unternehmen vor Ort ist. „Engagieren sich die Firmen auch mit Geld?“, fragt sie mehrmals. „Das ist eher schwierig“, meint der stellvertretende Vereinspräsident Berno Herklotz. Etwa zehn Prozent des Jahresbudget von 120.000 Euro kämen von Sponsoren. Alle 14 Mannschaften spielen erfolgreich Fußball. Und ja, es gibt im Verein auch Kinder aus Familien mit Migrationshintergrund. Aber das ist für Herklotz nicht erwähnenswert. Statt dessen betont er: „Bestimmte Klamottenmarken wollen wir auf unserem Gelände nicht sehen.“
Mit den Anwohnern, so Lösch, gebe es inzwischen ein friedliches Nebeneinander. Ein oder zwei Familien fühlten sich vom Sportplatz belästigt. Aber viele schicken ihre Kinder hierher und wüssten das zu schätzen. Auf der eigenen Vereinshomepage werden die Vereinsanhänger schon mal darauf hingewiesen, nicht alle Parkbuchten für die Anwohner zu belegen, sondern 200 Meter weiter entfernt die Autos abzustellen. Dass dieser Appell nicht ankommt, erfährt Orosz dann auf der Bürgerversammlung. Zwei Familien machen ihrem Unmut deutlich Luft, finden es unzumutbar. „Unsere Grundstücke sind als Wohn- grundstücke nicht mehr geeignet“, sagt einer der Anwohner entschieden und fordert ein Lärmgutachten. Seine Nachbarin hat mehrfach bei der Stadtverwaltung um eine Stellungnahme gebeten. Seit dem Frühjahr 2013 warte sie auf eine Antwort. Diese Aussage hört Orosz während ihrer Visite nicht nur einmal. Obwohl sie sich in ihren Antworten schützend vor ihre 6500 Verwaltungsangestellten stellt, merkt man ihr den Unmut an.
Auch beim Siedlerverein „An der Windmühle“ wird sie mit den Grenzbereichen des Handelns ihrer Verwaltung konfrontiert. Die 1937 gegründete Eigenheim-Gemeinschaft hat vergangenes Jahr einen 1. Preis im Bundeswettbewerb „Wohneigentum heute und morgen“ gewonnen und kämpft mit den bürokratischen Hürden rings um den Neubau eines Vereinsheimes. Auf Förderung können sie nicht hoffen. „Wir sind hier nicht im ländlichen Raum“, sagt Vereinschef Peter Jantsch. Er hat für die Oberbrügermeisterin noch einmal die Probleme aufgeschrieben und gibt sie ihr mit. „Sie kriegen eine Antwort“, sagt Orosz. Die Antwort von Jantsch steht für vieles, was Orosz während der Visite begegnet: „Das wäre schön. Das ist das, was oftmals fehlt.“
Beim Verein Bürgerinitiative Dresden-Prohlis e.V. wird es sehr herzlich. Das liegt vor allem an Liselotte Gründel, die mit ihren 87 Jahren hier das Zugpferd ist. Vor zwölf Jahren, berichtet sie, „haben wir als wilder Haufen angefangen“. Das wären sie vielleicht heute noch, wenn sie nicht schon nach einem Jahr bei einem Wettbewerb der Stadt einen Publikumspreis in Höhe von 1.000 Euro gewonnen hätten. Da mussten wir einen Verein gründen und ein Konto eröffnen, erinnert sich die Vereinsvorsitzende. Ihre größte Sorge ist im Moment, dass tagsüber während der Sprechzeiten niemand mehr da ist, der ans Telefon geht und vor Ort ist, falls jemand kommt. Es sei überhaupt nicht einfach, jemanden zu gewinnen. „Obwohl vielen hier in Prohlis zu Hause allein die Decke auf den Kopf fällt“, sagt Gründel. Ortsamtsleiter Jörg Lämmerhirt, der die gesamte Visite begleitet, verweist darauf, dass die Bürgerinitiative Dresden-Prohlis, wie auch andere Vereine, auf das neue Bürgerhaus warten. In drei Jahren, so Orosz, will sie sich mit Liselotte Gründel zur Eröffnung im Palitzschhof wieder sehen. Gründel hofft, dass auch die dritte Seite des ehemaligen Dreiseitenhofes wieder aufgebaut wird. Orosz rät zu Geduld. Jetzt brauche man erst einmal ein tragfähiges Nutzungskonzept für die bestehenden Räume.
Das wiederholt die Oberbürgermeisterin kurz danach noch einmal im Ortsamt, wo sich so viele Leute wie noch nie in den vergangenen zwei Jahren eingefunden hatten. Vor ein paar Wochen in Weixdorf waren gerade mal vier oder fünf Einwohner gekommen. In Prohlis war der Saal gut gefüllt. Eine Turnhalle mit undichtem Dach, der Parkplatz vor dem Prohlis-Center, der ab 20 Uhr gesperrt ist, hässliche Fassaden an den Gagfah-Blöcken oder fehlende Straßenschilder und Markierungen. Oder der Hortbetrieb an der 68. Grundschule. „Warum dauert das alles so lange“, fragt eine Mutter, als es um das Hortthema geht. „Warum antwortet das Straßen- und Tiefbauamt nicht auf unsere Anfrage?“. Orosz verspricht, viele der Fragen gleich am Dienstag in ihrer Dienstbesprechung auf den Tisch zu legen. „Ich werde da noch etwas Dynamik reinbringen“, sagt sie. Nicht in jedem Fall. Beim Konflikt zwischen Sportverein und Anwohnern lobt sie das ehrenamtliche Engagement im Verein, bleibt ansonsten unverbindlich und hofft wohl auf lokale Versöhnung.
In den nächsten Wochen werden alle unterwegs notierten Ansinnen, Anregungen und Beschwerden in der Verwaltung geprüft und schriftlich beantwortet. Positiv oder negativ, aber beantwortet. Das ist das, was oftmals fehlt.
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