Dresdens Oberbürgermeisterin Helma Orosz wird sich aus gesundheitlichen Gründen Ende Februar 2015 aus ihrem Amt zurückziehen. Damit bestätigte sie heute in einer persönlichen Erklärung im Rathaus entsprechende Vermutungen. Ihre Nachfolge soll Innenminister Markus Ulbig antreten und im Juni 2015 als CDU-Bewerber kandidieren. Er sei gestern Abend vom CDU-Kreisausschuss einstimmig vorgeschlagen worden, sagte Kreisvorsitzender Christian Hartmann. Ulbig wird seinen gerade verlängerten Posten als Innenminister bis zur Wahlentscheidung behalten. „Für die heiße Wahlkampfphase werde ich dann wohl Urlaub nehmen“ kündigte er an.
In einem sehr beherrschten Auftritt hatte Helma Orosz heute vormittag die versammelte Presse und einige Gäste aus den Stadtratsfraktionen über ihre Entscheidung informiert. Nach ihrer Krebserkrankung 2011 sei sie im März 2012 nach einer Rekonvaleszenz, die länger als erwartet gedauert hat, wieder ins Rathaus zurück gekehrt. Sie hätte die Kraft und die Freude gespürt, wieder arbeiten zu können. „Doch der Traum ist inzwischen ausgeträumt“, sagte Orosz. Wenn der Magen rebelliert und der Schlaf nicht kommt, wenn man ihn braucht, „hat man nicht mehr jeden Tag die volle Kraft“, schildert sie in knappen Worten die Auswirkungen ihrer Krankheit. Sie habe sich mit ihrer Familie und mit Freunden beraten und letztlich den Rat der Ärzte angenommen. „Ich bin mit mir im Reinen. Es fällt mir nicht schwer, jetzt einen Schlussstrich zu ziehen“, erklärte Orosz. Sachsen CDU-Chef und Ministerpräsident, Stanislaw Tillich, würdigte die Arbeit von Orosz in einer Erklärung. „Sie war in ihren vielfältigen kommunalen Ämtern eine wichtige Kämpferin für die Belange der kommunalen Ebene. Mit ihr als erster Frau an der Spitze Dresdens in seiner 800jährigen Geschichte, verliert die Stadt ihre in den letzten Jahren prägende Politikerin“, so Tillich.
Ein Abgang über Nacht sei aber nicht ihre Sache. Im Februar 2015 will sie noch da sein, wenn sich die Bombardierung Dresdens im Zweiten Weltkrieg zum 70. Mal jährt. „Ich habe ein besonderes Interesse an diesem Datum. Es war eine meiner wichtigsten Aufgaben nach meinem Amtsantritt, das zerrüttete Verhältnis zu diesem Thema in der Stadt wieder ins Lot zu bringen und für die Erinnerungskultur eine Version zu finden, die der Stadt gerecht wird“, begründete Orosz ihren Rückzugstermin.
Die Dresdner Union hatte den Tag gut vorbereitet. Eine Stunde nach der Erklärung der Oberbürgermeisterin fand ein weitere Pressekonferenz statt. Spätestens als Personenschützer kamen, um den Raum der Pressekonferenz im Restaurant Baroccoco zu kontrollieren, war klar, dass gleich der Innenminister als Nachfolgekandidat präsentiert wird. Er soll, so erklärte dann Kreisvorsitzender Hartmann, „in die großen Fußstapfen der Oberbürgermeisterin treten“. Der Plan der CDU, mit Orosz wieder in den Wahlkampf zu ziehen, sei leider nicht aufgegangen. „Wir bedauern die Entscheidung und haben Respekt. Nichts ersetzt die Gesundheit“, sagte Hartmann.
Auch für Ulbig kam die Entscheidung früher als erwartet. Ja, bestätigte er im Gespräch, über die Nachfolge im Oberbürgermeisteramt sei mit ihm schon vor längerer Zeit geredet worden. Da war aber von einen Zeitraum in drei oder vier Jahren die Rede, so Ulbig. Nun sei es doch sehr schnell gekommen. „Ich hatte nur ein paar Tage Zeit, mir das zu überlegen“, sagte er.
Der Kreisausschuss der Dresdner CDU war Sonnabend zu einer außerordentlichen Beratung in den Schillergarten für Sonntag Abend eingeladen worden und hatte Ulbig als OB-Kandidat vorgeschlagen. „Als stärkste politische Kraft in der Stadt gehe die CDU mit „einem eigenen Kandidaten in den Wahlkampf“, ohne Absprachen und Allianzen, betonte Hartmann mit Blick auf den Ersten Bürgermeister und FDP-Bewerber Dirk Hilbert, der Orosz nach ihrem Rückzug bis zum Amtsantritt des Nachfolgers vertreten wird. Die Dresdner CDU hat 1.200 Mitglieder und wird im Januar auf einem Nominierungsparteitag eine endgültige Entscheidung treffen.
Während die Stadtratsfraktionen Respekt für den Rückzug von Orosz äußern, regt sich zum Nachfolge-Kandidaten schon Kritik. Die CDU haben einen Bewerber ernannt „der zu dieser Kandidatur geradezu genötigt werden musste und lediglich aus Parteidisziplin zur Wahl antritt. Nach meiner Auffassung sollte man sich nur dann zur Wahl für das Amt des Oberbürgermeisters unserer Stadt bewerben, wenn man voll und ganz für diese Aufgabe brennt“, erklärte André Schollbach, Vorsitzender der Linke-Fraktion im Stadtrat. Es sei Zeit für einen Farbwechsel an der Spitze der Stadt, hatte Linke-Stadtchefin Annekatrin Klepsch getwittert und hinzu gefügt: „Herr Ulbig soll sich warm anziehen.“