Dresdens Polizeipräsident Dieter Kroll war richtig sauer. „Wir bilden keine Sondereinheit für Ermittlungen gegen Asylbewerber“, sagte er am Montag Abend beim Bürgerdialog Asyl im Haus an der Kirche. Das wurde von der Zeitung falsch dargestellt, fügte er hinzu und meinte ein Wortlautinterview der Dresdner Morgenpost mit Innenminister Markus Ulbig (CDU).
Kroll beschreibt die Idee so. Beamte mit Lebenserfahrung und Fingerspitzengefühl für andere Religionen und Kulturen sollen in einer besonderen Gruppe revierübergreifend zusammenarbeiten. Das würde zunächst Doppelermittlungen in den vier Dresdner Revieren vermeiden. Gleichzeitig sei die Ermittlungsarbeit bei Ausländerkriminalität im Kontakt mit Rechtsanwälten und Übersetzern eine besondere Herausforderung. Die Konzentration in der Ermittlungsgruppe würde auch gewährleisten, dass die Ermittlungsergebnisse besser auf ihren Zusammenhang mit Ausländerstrafrecht, Asylrecht, Aufenthaltsrecht und Strafrecht geprüft werden können. „Eine Sondereinheit brauchen wir nicht. Wenn ein Asylbewerber eine Straftat begeht, dann machen wir unseren Job“, stellte Kroll klar.
Die Idee der Polizeidirektion Dresden verwertete Ulbig in seinem Mopo-Interview ohne das Wort Sondereinheit in den Mund zu nehmen. Das taucht erst in der Fragestellung und der Überschrift auf. In der Regel werden bei Wortlautinterviews vom Interviewpartner die Antworten, nicht aber die Fragestellungen und Überschriften autorisiert. Es gibt auch andere Fälle, bei denen der Interviewpartner gern noch Fragen und Überschriften redigiert oder seine Antworten völlig neu verfasst. Das war hier aber nicht der Fall.
Und so begann die Morgenpost-Überschrift „Thema Asyl: Innenminister plant Sondereinheit“ dann ihr Eigenleben. In einem Spiegel-Online Beitrag findet sie sich wieder mit dem Titel: Pläne in Sachsen: Sondereinheit soll gegen straffällige Asylbewerber „durchgreifen“. Auch die Onlineausgabe der Bild-Zeitung, bild.de, zitierte das Morgenpost-Interview und beginnt mit dem Satz „Sachsen will spezielle Polizeieinheiten für straffällig gewordene Asylbewerber einrichten“. Die gedruckte Bild-Ausgabe spitzt es in der heutigen Ausgabe noch zu. Unter der Überschrift „Polizeichef lehnt Sondereinheit ab“ berichtet sie vom Auftritt Krolls beim Bürgerdialog Asyl. Kroll gibt dem Innenminister einen Korb, heißt es weiter. Eine Sondereinheit sei nicht nötig. Die Polizei mache ihren Job. Der Anlass dieser Äußerungen wird nicht erwähnt.
Inzwischen hat die Überschrift auch einen Weg zur Nachrichtenagentur dpa gefunden und von dort in alle Medien, die Kunden der dpa sind – also fast alle. Und so kann man dann zum Beispiel bei t-online.de lesen: „Angesichts der Demonstrationen der letzten Wochen gegen die Errichtung von Flüchtlingsheimen will die Große Koalition in Sachsen nun durchgreifen. So sollen künftig spezielle Polizeieinheiten für straffällige Asylbewerber zuständig sein. ‚Wir beginnen mit dem Modell in Dresden und wollen sie dann im ganzen Land einsetzen‘, sagte Innenminister Markus Ulbig (CDU) der ‚Dresdner Morgenpost‘ „.
Kroll hat Montag Abend schon sein Urteil gefällt. „Da schreibt jeder von jedem ab.“ Und wenn morgen in der Zeitung steht, er würde wieder Medienschelte betreiben, „ist mir das egal“ grummelt er. So manche Zuhörer blickten schadenfroh aus dem Saal hinauf auf die Tribüne. Dort waren die Journalisten von Presse, Funk und Fernsehen bei der Arbeit.
Die Polizeidirektion in der Landeshauptstadt soll mit der Idee des Dresdner Polizeichefs Erfahrungen sammeln, sagte heute eine Ministeriumssprecherin. Ist das erfolgreich, könnte das Modell auch in den anderen vier Polizeidirektionen praktiziert werden. Von einer Sondereinheit, so die Sprecherin, sei nie die Rede gewesen, sondern immer von einer Arbeitsgruppe. Immerhin: Ulbig steht jetzt als harter Kerl da, der durchgreift. Und das Interview hat bei mopo24.de einen spitzenmäßigen Lesewert.
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