Bald kommt der Alte mit dem roten Mantel aus dem Wald – den vollen Sack, den müssen in der Regel aber wir besorgen.
Was schenken? Diese Frage treibt uns derzeit um, verwandelt doch die gute Wahl noch jedes Marktprodukt in eine Herzenssache. Trotz Technikzauber und Computerwahn: das Buch steht auf der Liste der geschenkten Güter immer noch ganz oben. Zu Recht: bewährtes Standardformat, unabhängig von Technik- und Institutionen, wirklich privat, ein überdauernder Erinnerungsanker, ein Schlüsselkasten zur tieferen Einsicht, etwas, das man auch weitergeben kann und: nach genügendem Gebrauch so individuell wie wir selbst. Am Jahresende sind es vor allem schöne Sachen die viel Freude machen und uns zuweilen auch von harten Wirklichkeiten aufs glücklichste entfernen.
Leonie Swann: Dunkelsprung
Am Jahresende sind es vor allem schöne Sachen die viel Freude machen und uns zuweilen auch von harten Wirklichkeiten aufs glücklichste entfernen. Leonie Swann hat pünktlich zur dunklen Jahreszeit die Schafe im Stall gelassen und mit „Dunkelsprung“ einen ebensolchen in eine skurrile märchenhafte Zwischenwelt getan. Ein erfreulich unmodernes magisches Märchen über Flohdompteure und entführte Meerjungfrauen in einer großen nebelverhangenen Stadt namens London die alle Willigen verzaubert – und alle andern, die werden ohnehin es nie begreifen.
Anthony Horowitz: Der Fall Moriarty
Nur ein paar Häuser weiter in der gleichen Stadt saßen lange Zeit ein hagerer Pfeifenraucher und ein untersetzter Afghanistan-Veteran in einer Straße mit welcher Hausnummer? Richtig 211b, Baker Street. Anthony Horowitz, einziger von den Conan Doyle Erben legitimierter Fortschreiber der Abenteurer von Sherlock Holmes und Dr. Watson hat es wieder getan und mit „Der Fall Moriarty“ den besten bösen Buben der Kriminalgeschichte in den Mittelpunkt einer packenden Handlung gestellt. Mit einem Ende, das die treue Leserschaft in Verehrer und Verächter spaltete und also überraschend ist, nicht das Schlechteste, was man von einem Krimi sagen kann.
Andy Weir: Der Marsianer
Für die großen Computerjungs mit dem Taschenrechner in der Hosentasche gibt es „Der Marsianer“ von Andy Weir, ein Hohelied auf die Kunst der Improvisation und die Tugend der Beharrlichkeit, die realistisch erzählte Robinsonade des Astronauten Mark Watney, der nach einem Sandsturm allein auf dem Mars zurück bleibt und mit ein paar Kartoffeln, etwas Wasser, Sauerstoff und einigen Büroklammern, Bindedraht und Pappe die unmögliche Aufgabe vollbringen will bis zum Eintreffen der nächsten Mission in vier Jahren zu überleben. Grandios, hyperrealistisch und gekonnt ! Wem der Mars dann doch zu weit ist der kann ganz in unseren Nahbereich zoomen.
Anton Launer: Anton auf der Louise
Anton Launer, umtriebiger und langjähriger Karl Kraus des Online-Magazins „Neustadtgeflüster“ (ja 01099 ist gemeint) hat 30 seiner besten Einträge aus den letzten 15 Jahren zu einem schmucken Buch mit schöner Bebilderung geadelt. Gut gemacht! rufen wir – ein Buch das zur Äußeren Neustadt passt wie der Deckel auf einen Topf und seinen Weg in so manches WG-Regal finden wird.
Marion Brasch: Wunderlich fährt nach Norden
Zum Schluss: wer sich schon auf die Lesung von Marion Brasch im Thalia-Kino am 20.1. vorbereiten möchte, der lese jetzt noch ihren neuen und höchst vorzüglichen Roman „Wunderlich fährt nach Norden“ ein wunderliches großes Ja zu Welt und Leben.
Frohes Fest und schöne Tage wünscht der Buchhändler!
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