Am Ende musste man konstatieren: Das Konzept ist aufgegangen. Es war beeindruckend, wie mehrere tausend Besucher sich am Sonnabend Zeit nahmen und die unterschiedlichsten Angebote zum Zuhören, Fragen stellen, Mitreden und Kennenlernen genutzt haben. Es ging nicht um Ostereier, es ging um Politik. Das Kongresszentrum bot ein ideales Terrain, um die vielen Ideen der Organisatoren vom Verein „Dresden – Place to be“ umzusetzen. 300 bis 500 Besucher in den großen Podiumsrunden „Fragen Sie die Lügenpresse“ oder zu der Frage „Wer ist eigentlich das Volk“, Diskussionen über „Das Phänomen Dresden – ewig gestrig oder bürgerlich frei?“ oder zur Integration und wer da gefordert ist – das Interesse war groß. Sicher waren auch viele aktive Streiter aus den Parteien und Vereinen da, aber eben auch viele interessierte und neugierige Gäste.
Auch erstaunliche Ansichten
Seit es in Dresden die Bemühungen um den Dialog mit den Pegida-Anhängern gibt, treten auch viele von ihnen öffentlich auf. Manchen kennt man schon aus anderen Runden. Sie äußern freimütig ihre Meinung. Aber auch andere Redner geben – teils erstaunliche – Ansichten von sich. Ein ehemaliger Volkspolizist erklärt dem Innenminister, dass er keine Ahnung hat und zu DDR-Zeiten die vielen Streifenpolizisten viel näher am Bürger waren. „Sie haben die Polizeiwachen dicht gemacht“, ruft er empört. Bei den Fragen an die „Lügenpresse“ gibt es tatsächlich eine (aber nur eine) Lobrede auf Karl Eduard von Schnitzler und seinen Schwarzen Kanal. Ein anderer Ruheständler erklärt, dass er jetzt Zeit habe, das Internet zu entdecken. „Hier findet man jede Menge neutrale Berichte“, hält er den drei Journalisten auf dem Podium entgegen. Das bleibt natürlich nicht unwidersprochen. Meist werde als neutral genau das empfunden, was bestens ins eigene Weltbild passt.
Weil ich neugierig bin
„Ich bin hier, weil ich neugierig bin“, sagt ein älterer Mann. Er hat gerade dem Bürgermeisterkandidaten Tobias Tanneberger ziemlich wirsch zu verstehen gegeben, dass die Forderung nach Online-Wahlen Mumpitz sei. „Das haben Sie doch gar nicht zu entscheiden“ meint er. Die Antwort, dass es sich dennoch lohnt, dafür zu streiten, scheint ihn nicht zu befriedigen. Er geht zum nächsten Diskussionsangebot.
Das ist die Stärke dieser Bürgerkonferenz. Jeder kann den Saal wechseln, wann er will. Er herrscht eine bei politischen Veranstaltungen seltene Offenheit und Ungezwungenheit. Ein bisschen bei den OB-Kandidaten reinhören und wenn man bei der „Lügenpresse“ keine neuen Argumente mehr hört, weiterziehen. Man kann sich anschauen, wie Kinder Dresden sehen. Die Kinder konnten auch aufschreiben, wie Außerirdische wohl Dresden sehen. Oder man geht zu einer Lesung und kann auch mal ganz passiv bleiben.
Ein weiteres Highlight war der Markt der Möglichkeiten. Auch hier ist es den Organisatoren gelungen, viele Vereine, die sich um das Zusammenleben verschiedener Kulturen in Dresden bemühen, für eine Teilnahme zu gewinnen. Junge internationale Nachwuchswissenschaftler der TU Dresden, ZMO Zusammenarbeit mit Osteuropa aus der Friedrichstadt, die Initiative Brücken schaffen aus Dresdens Norden oder das interkulturelle Sofa, das viele auch von den Postplatzkonzerten kennen.
Rund zweihundert freiwillige Helfer haben den Nachmittag im Kongresszentrum möglich gemacht. Am Abend auf dem Theaterplatz sind Bands mit vielen Musikern und Gästen aus anderen Ländern aufgetreten. Die Polizei nannte keine Teilnehmerzahlen. Der Veranstalter sprach von insgesamt 5.000 Teilnehmern.
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