Seidel Martin

Bürgermeister Martin Seidel: Neubau, Instandhaltung, Personal – das Geld für Kitas reicht nicht

Kita-Streik, Tariferhöhungen, fehlende Mittel für Sanierung und Neubau von Kindertagesstätten oder die Aufnahme und Unterbringung von Flüchtlingen und Asylbewerbern – an Themen mit viel Zündstoff fehlt es im Amtsbereich von Sozialbürgermeister Martin Seidel derzeit nicht. Bei jährlichen Personalkosten von 106 Millionen Euro für rund 2890 Mitarbeiter droht eine weitere Budgetlücke, sollten die Einkommen – wie von den Gewerkschaften gefordert – um 10 Prozent steigen. menschen-in-dresden.de hat mit Bürgermeister Seidel über den Investitionsstau und die Gefährdung des Rechtsanspruchs auf einen Kita-Platz gesprochen.

Herr Seidel, Sie warnen vor einem Investitionsstau bei Neubau und Sanierung von Kitas, gleichzeitig wurden mehr als 20 Millionen Euro nicht verbaut. Wie passt das zusammen?

Alle Investitionsmittel der vorausgegangenen Haushalte – auch die noch nicht verbauten – sind bereits fest in Projekten gebunden. Sie stehen damit nicht zur Finanzierung anderweitiger Planungen oder Sanierungen zur Verfügung. Das ist beim privaten Eigenheim ja nicht anders. Nur weil die Fenster vom Fensterbauer später geliefert werden, wäre es fatal, das dafür zurückgelegte Geld für die Urlaubsreise auszugeben. Die Rechnung für die Fenster muss ja dennoch bezahlt werden. Nur eben einen Monat später. Es ist vielmehr so, dass uns der Stadtrat für die kommenden zwei Jahre nicht genügend Investitionsmittel zur Verfügung gestellt hat. Für dringend erforderliche Planungen und Sanierungsmaßnahmen fehlen bei den Maßnahmen mit hoher Priorität rund 11 Millionen Euro.

Die Gelder fehlen im gerade verabschiedeten Doppelhaushalt 2015/16?

Ja, 2,8 Millionen für das Jahr 2015 und 8,2 Millionen Euro für 2016. Diese Mittel sind zwingend erforderlich, um auch nach 2017 den Kita-Rechtsanspruch in Dresden sichern zu können. Eine Kita, deren Planung in diesem Jahr nicht begonnen wird, kann 2018 nicht öffnen. Und Kitas, deren dringende Sanierung nicht realisiert wird, verlieren womöglich ihre Betriebserlaubnis. Der Stadtrat ist darüber informiert. Ich habe sowohl den Bildungsausschuss als auch die Vorsitzenden aller Fraktionen nochmals im Dezember schriftlich darauf hingewiesen. Auch darauf, welche Auswirkungen es hat, wenn die Gelder nicht bereit gestellt werden.

Sie sehen den Rechtsanspruch auf einen Kita-Platz gefährdet?

Wird im Doppelhaushalt 2015/16 nicht nachgebessert, fehlen schon 2017  rund 650 Plätze. Ein Jahr später wird das Defizit sogar auf 2.440 Plätze steigen. Um den Bevölkerungszuwachs in Dresden im Kita-Bereich meistern zu können, müssen 2017/18 noch einmal rund 45 Millionen Euro investiert werden.

Kita Spenerstraße

Kita-Neubauten: 11 Millionen Euro fehlen für 2015/16. Foto: Archiv

Warum wurden geplante Mittel nicht verbaut?

Natürlich würde ich mir wünschen, dass die zur Verfügung stehenden Mittel den Zeitplanungen entsprechend verbaut werden. Mit den Eltern warten ja auch wir auf die Fertigstellung der einzelnen Kitas. Im Vergleich zu den Vorjahren hat sich viel verbessert. 2014 hat der Eigenbetrieb Kindertageseinrichtungen Dresden ausweislich des Management-Reports zum 4. Quartal in der Summe 36,8 Millionen Euro an Investitionsmitteln verausgabt, darunter knapp 33,4 Millionen Euro für Baumaßnahmen.

Wie läuft es in diesem Jahr?

Allein in den ersten drei Monaten dieses Jahres wurden bereits über 5 Millionen Euro vom Eigenbetrieb investiert. Laut Planung stehen für das Gesamtjahr 14,7 Millionen Euro zur Verfügung. Um das Hochbauamt zu entlasten haben wie in mehreren Fällen die Stesad als Bauherrenvertreter mit einbezogen. Aktuell arbeitet die städtische Tochtergesellschaft zum Beispiel das Kita-Neubauvorhaben in der Schützenhofstraße ab.

Der Eigenbetrieb steuert auch bei den Betriebskosten auf ein Defizit zu?

Ja, aktuell rechnen wir für das laufende Jahr mit einem Defizit bei den Betriebskosten von rund 5,5 Millionen Euro. Dieses entsteht vorrangig aus zwei Gründen. Einerseits mussten wir bei der Planung der Kinderzahlen größere Abstriche machen. Das zur Verfügung stehende Betriebskostenbudget ist entsprechend kleiner ausgefallen. Um nicht bei der Betreuungsqualität der Kinder zu sparen, haben wir größere Abstriche beim Instandhaltungsbudget der Kitas gemacht. Rund 2,6 Millionen Euro wurden auf diesem Wege eingekürzt. Die Beträge vergrößern natürlich den bereits bestehenden Instandhaltungs- und Sanierungsstau. Auch darauf haben wir vor den Haushaltsberatungen hingewiesen.

Und der andere Grund?

Auf der anderen Seite hat der Freistaat die Kita-Pauschale weit weniger angehoben, als noch im letzten Sommer gegenüber den Kommunen zugesichert. Statt 2.060 Euro pro Kind zahlt das Land nur 2.010 Euro. Bei rund 47.500 betreuten Kindern in Dresden macht das locker rund 2 Millionen Euro, die wir bereits als Einnahmen im Wirtschaftsplan veranschlagt hatten – und die jetzt nicht kommen.

Für Freitag, Montag und Dienstag sind großflächige Streiks in Kitas angekündigt. Halten Sie Forderungen der Erzieherinnen für gerechtfertigt?

Auch wir befürworten im Grundsatz eine Aufwertung der pädagogischen Berufe. Insbesondere die Beschäftigten, deren Anforderungen sich durch neue Aufgabenbereiche wie Inklusion, Sprachförderung oder musische Früherziehung verändert haben, sollten besser vergütet werden. Wir hoffen auf eine baldige Einigung der Tarifparteien.

Aber vor allem hoffen wir, dass alle Beteiligten an den Verhandlungstisch zurückkehren. Nur dort kann wirklich eine Lösung in der Sache gefunden werden. Heute liegt für uns als Stadt die erste Priorität aber zunächst darin, die Auswirkungen der drei Streiktage für die Eltern so gut als möglich abzufedern. Mit extra Internetseite und Hotline setzen wir auf eine aktuelle und transparente Information.

Vielen Dank für das Gespräch.

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