Das perfekte Lebensmodell für die Frau um die Fünfzig gibt es nicht. Und wenn doch, dann taugt es nicht fürs Theater. Dort müssen andere auflaufen – Frauen in mittleren und größeren Sinnkrisen, mit unselbstständigen oder gar nicht vorhandenen Ehemännern wie auch mit bereits erwachsenen oder noch nicht einmal befruchteten Kindern. Immerhin: Alle vier – die Frauen des Vier-Personen-Stückes „Heisse Zeiten“ in der Comödie Dresden – haben eine große Lust aufs Leben, und zwar auf ein anderes, als sie gerade führen. Zunächst aber freuen sie sich auf ihren Flug nach New York, treffen sich im Wartebereich des Flughafens und kommen miteinander ins Gespräch, beziehungsweise ins Singen. Denn die von Regisseurin Katja Wolff inszenierte Revue ist von gängigen Hits durchzogen, die allesamt einen neuen Text verpasst bekommen haben. Da bekommt die „Iiinkontiiinenz“ fast schon hymnische Töne, auch Vergesslichkeit, Hitzewallungen und Emotionsschwankungen werden ideenreich betextet und mit Pop-Klassikern unterlegt.
Zwischen Job und One-Night-Stand
Schön für die Zuschauer: Das Ganze ist nicht einfach nur ein Reigen abgesungener Wechseljahre-Wehwehchen, sondern bietet mit kleinen Einblicken in die verschiedenen Lebensmodelle auch ein klein wenig Drama, etwas Groteske, teils Komödie und sogar ein bisschen Kammerspiel. So trifft die Karrierefrau, die zwischen Job und One-Night-Stands in atemberaubender Geschwindigkeit jongliert, auf eine frühere Freundin, deren Zeit zwischen mittlerweile erwachsenen Kindern und desinteressiertem wie –orientiertem Mann stehen geblieben zu sein scheint. Eingefroren in Jahren und Leben ist die Dame, die zwar reich geheiratet hat, aber immer noch von ihrem, mittlerweile im Altersheim lebendem Vater, gegängelt wird und sich mit ihrer Tochter überworfen hat, die ganz andere Lebensziele verfolgt als ihre Mutter. Die Vierte im Bunde ist die Jüngste. Sie ist allerdings nicht mehr jung genug, um das Thema Familienplanung entspannt angehen zu können – ihr rasen die Jahre davon und sie kommt mit ihrem „zeugungsunfähigem Dauerverlobten“ kaum hinterher. In New York will sie sich nun künstlich befruchten lassen, auch auf die Gefahr hin, dass ihre Partnerschaft in die Brüche geht.
Stimmliches I-Tüpfelchen Karrierefrau
Es braucht kaum Bühnenbild und fast keine Handlung, um den Abend amüsiert genießen zu können. Angelika Mann bekommt für ihre Rolle als Hausfrau begeisterten Applaus, sobald sie die Bühne betritt – sie wird den hohen Erwartungen ihrer Fans gerecht, indem sie scherzt und tanzt und mit ihrer Stimme röhrt, dass es ein Vergnügen ist. Für das stimmliche I-Tüpfelchen sorgt allerdings Charlotte Heinke. Nicht nur, dass sie die Karrierefrau absolut glaubwürdig auf die Bretter bringt, dieser auch leise Töne gestattet wie etwa die Angst vor der Einsamkeit einerseits und andererseits der Furcht vor zu großer Nähe – wenn sie zum Singen anhebt, ist das Genuss pur.
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