Thema: Asyl in Dresden

Mein Ordner – typisch deutsche Hilfe für Asylbewerber

Mohammad Malek, Taher Ezzedini und Klajdi Dervishi sind Asylbewerber. Sie arbeiten zur Zeit in einer Beschäftigungsmaßnahme auf dem Äußeren Matthäusfriedhof in der Friedrichstadt. Auf dem entwidmeten Friedhof kümmern sie sich um umgestürzte Bäume, Pflegen die Wege und die Kriegsgräberanlagen. Zwei Mal in der Woche gehen sie zum Deutschkurs. Das ist wichtig, sagt Mohammad Malek. Ohne die deutsche Sprache könne er keinen Beruf lernen. Und genau das will der 29-jährige junge Mann aus Syrien unbedingt nachholen. Alle drei haben im Laufe ihres Asylverfahrens viele deutsche Behörden kennengelernt. Formulare, Nachweise, Bescheinigungen, Übersetzungen – jede Behörde verlangt bestimmte Unterlagen. Die müsse man dann auch immer dabei haben.

Netzwerk Integration durch Qualifikation

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Kai Tröger verfügt über langjährige Erfahrung beim Thema Migration und Arbeitswelt. Foto: W. Schenk.

Kai Tröger kennt fast jede dieser Anforderungen und die vielen Wege, die für Migranten nötig sind, bis man am Ziel ist – egal, ob es um Arbeit, Gesundheit oder Wohnen geht. Seit zehn Jahren kümmert sich sein Verein Exis Europa um das Thema Migration und Arbeitswelt.

Jetzt, wo immer mehr Menschen aus Krisengebieten nach Sachsen und nach Dresden kommen, sind die Erfahrungen des Vereins zum Thema „Integration durch Qualifikation“ Gold wert. In dem Netzwerk, dass der Verein aufgebaut hat, sind Arbeitsagentur, das Jobcenter, die Ausländerbehörde, die Stabsstelle Asyl im Innenministerium und das Dresdner Rathaus miteinander verdrahtet und ständig im Gespräch.

Heute haben die Netzwerk-Partner mit „Mein Ordner“ ein Produkt der gemeinsamen Arbeit präsentiert. Mein Ordner ist eine praktikable Hilfe für Asylbewerber im Umgang mit der deutschen Bürokratie. Auf deutsch und englisch wird auf den einzelnen Registerblättern über wichtige Kontaktadressen, Regelungen und Checklisten informiert. Der Besitzer des Ordners kann seine Unterlagen auch gleich thematisch abheften: Kopie der Aufenthaltsdokumente, Unterlagen vom Sozialamt, Mietvertrag für die Wohnung, Sprachnachweise, Kita und Hort, Bewerbungen, Anerkennung der Qualifikation oder Krankenscheine und Behandlungsscheine.

Dieser Ordner ist „typisch deutsch“, sagte Tröger bei der Präsentation. Genau darum sei er auch eine gute Hilfe. „Er ist aber auch ein Lernmedium und garantiert ein hohes Informationslevel“, fügt er hinzu. Was als Pilotprojekt mit 1.000 Exemplaren in Dresden begonnen hat, findet in anderen Kommunen bereits großes Interesse. Als erste Stadt wolle Leipzig mit 3.000 Exemplaren nachziehen. Tröger hofft, dass das zuständige Ministerium den Nutzen des Projektes schnell erkennt und auf Landesebene einführt.

Stadt stockt Beschäftigungsprojekte auf

Das Projekt „Mein Ordner“ zeige, wie die Probleme der Zuständigkeiten und die teilweise noch unzureichenden Abstimmungen zwischen den Behörden praktisch gelöst werden können, meinte Dresdens Oberbürgermeister Dirk Hilbert (FDP). „Unser Ziel ist klar: Wir wollen, dass die Asylsuchenden beruflich und gesellschaftlich in Dresden ankommen. Wir setzen damit bewusst früh an, damit die Menschen gar nicht erst das Gefühl bekommen, aufs Abstellgleis geschoben zu werden“, sagte er. Die Stadt wolle darum auch die Beschäftigungsmaßnahmen weiter aufstocken. Derzeit arbeiten etwa 200 Asylbewerber als Ortsamtshelfer, in einer Fahrradwerkstatt, in einem Nähprojekt für Frauen oder bei Naturschutzeinsätzen. Weitere 100 Stellen sollen ab 2016 hinzukommen. Dies sei ein wichtiger erster Schritt der Integration, so Hilbert.

Deutschunterricht professionalisieren

Beim nächsten Schritt, der Integration in die Arbeitswelt, müssten weitere Probleme bewältigt werden, erklärte Thomas Wünsche, Chef der Dresdner Arbeitsagentur. Nur 10 bis 15 Prozent der Asylbewerber könnten ohne größere Aufwendungen einen Job übernehmen. In allen anderen Fällen würden die gleichen Maßnahmen greifen, die auch für die einheimischen Arbeitssuchenden angeboten werden. Derzeit seien 700 arbeitssuchende Asylbewerber bei der Arbeitsagentur registriert. 8 hätten einen Job gefunden – als Fachinformatiker, Bäcker oder im Einzelhandel, weitere 5 haben eine Ausbildung begonnen. Wünsche appellierte an den Bund, so schnell wie möglich eine professionelle Sprachausbildung auf die Beine zu stellen. Das könne die Arbeitsagentur nicht übernehmen. Deutschkenntnisse seien jedoch elementar für die Integration, betonte er.