„Die Botschaft ist Liebe. Glaub ich.“ Diese Worte kann man auch als Kernaussage nehmen –von Martin Heckmanns Stück „Die Zuschauer“, welches am vergangenen Sonnabend im Dresdner Schauspielhaus uraufgeführt wurde. Denn wozu wird Theater gemacht, wenn nicht aus Liebe zu den Zuschauern? Und aus der Hoffnung, sie mögen verstehen und bestenfalls auch lieben – das Theater natürlich? Die Kernfrage allerdings, die sich unmittelbar und uncharmant anschließt, ist: Wie weit reicht so ein Theaterabend mit seinen Botschaften?
So viel sei vorweggenommen: Es werden weder Revolutionen angezettelt, noch Ehen gestiftet. Es werden weder Hungernde gesättigt, noch Zerrissene wieder zusammengefügt. Die Welt wird nicht besser – aber die Sehnsucht danach, dass die Welt besser wird, die wächst.
Roger Vontobels Überraschungen
In der Inszenierung von Roger Vontobel gibt es einige Überraschungsmomente. Der erste: das Bühnenbild. Wie genial der Regisseur es gelöst hat, damit das Publikum seinen Blickwinkel auch räumlich verändern darf, wird an dieser Stelle nicht verraten. Damit es Überraschung bleibt. Der zweite Moment: Christian Friedels betörende Stimme. Man hat sie schon gehört, weiß um ihre Wirkung und ist doch immer wieder über die Maßen fasziniert. Zeitweise droht der Abend ein Konzert Christian Friedels und seiner Band „Woods of Birnam“ zu werden, mit etwas Schauspiel rundherum. Der Mann singt so schön, dass sich sogar der schwere Kronleuchter vom Saalhimmel herabsenkt. Friedel singt ihn natürlich auch wieder hinauf. Müßig zu erwähnen, dass er ebenso in seinen drei Mini-Rollen klarmacht, welch hohe Kunst das Theaterspiel ist. Für ein paar weitere Überraschungen mit effektvollen Bildern lässt der Regisseur einige Fabelwesen auftauchen. Wo sonst, wenn nicht im Theater, dürfen sich Fantasien verselbstständigen?
Hauptrolle: das Theater selbst
„Ich habe Angst, dass mir draußen alles wieder in die Einzelteile zerfällt“, klagt eine ältere Besucherin, die sich mit Kultur über den tristen Alltag tröstet. „Seitdem sich die zwei Liebenden Abend für Abend das Leben nehmen, hat sich die Stadt verändert“, mutmaßt ein anderer Zuschauer. Es gibt auch ein angehendes Liebespaar in den Reihen, einen über seine eigene Politik stolpernden Minister und einen Hysteriker, der, angeregt vom theatralischen Aufbegehren, selbst überdreht. Eine der besten Szenen liefert Anna-Katharina Muck, wenn sie sich vom Theater so richtig anwidern lässt.
Die Hauptrolle aber hat es selbst, dieses Theater, was die Welt vielleicht doch etwas besser macht, wenn es sie schlecht zeigt. Welches eine Lüge ist – „aber eine schöne!“. Das Theater, was Fiktionen verspricht und doch nicht einhalten kann. Mit Blitz und Donner, Rauchschwaden und Glitter. Und all das nur für – die Zuschauer, jeden einzelnen mit all seinen Erwartungen und Enttäuschungen. Und zum Schluss die Frage: Macht das Theater nun bessere Menschen? Wenn es gut ist: ja. Zumindest für einen Abend.
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