Je älter er werde, umso stärker spüre er die Liebe zur Natur, umso bewusster werde ihm auch das Glück seines Lebens. Das sagte Yadegar Asisi zur Eröffnung der neuen Ausstellung im Panometer in Leipzig. Schön für die Besucher: Der Künstler bringt seine Liebe zur Natur als Panoramabild auf Stoffbahnen und lässt alle am Glück seines Lebens teilhaben. Seit heute ist das Panorama „Great Barrier Reef – Wunderwelt Korallenriff“ zu sehen: 32 Meter hoch, 110 Meter lang – und zwar rundum.

Es ist fast etwas gruslig, wenn man zunächst in der Nacht hinabbtaucht. Grau in Grau zeigt sich das Riff dann und etwas bedrohlich. Doch kaum dringen die ersten Sonnenstrahlen durch die Meeresoberfläche, wird alles licht und bunt. Eine Schildkröte segelt seicht vorbei, hinter einem Riff taucht ein Hai auf, ein Taucher lässt sich auf den Meeresgrund hinab. Man entdeckt Muscheln, Seesterne, Clownsfische und Zackenbarsche. Und natürlich alle Arten von Korallen – jene filigranen Gebilde aus Kalk, die von Nesseltieren ausgeschieden werden und eine faszinierende Unterwasserwelt bilden.

Allerdings: Diese Welt ist bedroht. Mit der Erwärmung der Ozeane verschwinden die Riffe zusehends. „Gerade erst in dieser Woche gab es wieder alarmierende Messungen“, sagt die Meeresbiologin Moshira Hassan, die das Ausstellungs-Projekt begleitete. Das Panorama komme realistisch nah an ein Korallenriff heran, erklärte sie. Und es sei ein wunderbarer Zugang, um die Riffe zu schützen. „Denn nur das, was man versteht, kann man auch schützen.“

Fußballfeldweiter Unterwasserblick

Die Meeresbiologin liegt da mit Ydagar Asisi auf einer Wellenlänge. „Man kann nur verteidigen, was man liebt“, sagt er. Es sei für ihn immer wieder schön, zu erleben, wie die Besucher beim Betrachten eines Panoramabildes in eine Entschleunigung kommen und ein Bewusstsein spüren, das oft für sie selbst überraschend sei. „Das Panoramabild ist eine wiederentdeckte Kunstform, welche die Beobachtung stärkt – eine Fähigkeit, die wir alle haben und viel öfter nutzen sollten.“ Drei Mal war der in Berlin lebende Künstler vor der Küste Australiens. Vor drei Jahren tauchte er fünf Wochen lang, machte unzählige Aufnahmen. Begleitet wurde er vom Dokumentarfilmer Ben Cropp, „dem Jaques Cousteau Australiens“, wie Yadegar Asisi ihn nennt. Das Ergebnis sei in gewisser Hinsicht sogar noch besser als die Realität. „Wer selbst taucht, weiß: Was man sieht, hat die Größe eines Wohnzimmers. Bestenfalls sieht man die Umgebung im Umkreis einer halben Turnhalle“, beschreibt es Yadegar Asisi. „Ich mache hier ein Fußballfeld auf.“

Notausgänge am Meeresgrund

Das Wichtigste sei ihm, dass die Besucher ein Gefühl für die Schönheit der Schöpfung bekommen. „Ich will nicht alles erklären, sondern lieber Emotionen erzeugen.“ Vorhaben gelungen, könnte man meinen. Wer das Ganze einige Minuten auf sich wirken lässt, fühlt sich schon bald, als wäre er abgetaucht in diese Wunderwelt. Einzig die leuchtenden Schilder der Notausgänge und das Fehlen der Sauerstoffflasche machen klar, dass man auf einem Aussichtsplateau steht.

Auch die eingespielte meditative Klaviermusik dürfte es im Origina-Riff so nicht geben. Komponist Eric Babak erzählt von der „Riesen-Spielwiese“, die er da vor sich gehabt habe. Er beginnt mit den Geräuschen der Sauerstoff-Tauchflasche, vertont Glücksmomente wie Schwebezustände und lässt Wale singen. Seine Aufgabe sei gewesen, dass Bild so klingen zu lassen, wie Yadegar Asisi es sehe. Der Künstler lächelt und nickt zustimmend. Er verweist noch auf die Begleitausstellung mit jeder Menge Informationen und markanten Exemplaren unter Glas, etwa Geweih- und Tischkoralle und Vasenschwamm.

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