Mit ihren Schülern aus Somalia, Eritrea, Syrien oder Afghanistan waren heute Lehrerinnen des Beruflichen Schulzentrums für Dienstleistung und Gestaltung (BSZ DLG) auf einer Informationsbörse im Jobcenter Dresden. „Wir haben vorher klare Aufgaben verteilt“, erklärt Ina Schamschuro, Lehrerin in einer der drei Deutsch-als-Zweitsprache-Klassen (DAZ-Klassen). Selbständig sollten sich die jungen Leute bei den mehr als zwanzig Anbietern Informationen einholen und Kontaktdaten erfragen. Auch Mohamad Abshir hält ein Blatt Papier in der Hand. Einen Kontakt hat er bereits notiert.
Der junge Mann aus Somalia sucht einen Praktikumsplatz in einem mechanischen Beruf. „Vielleicht finde ich eine Maschinenfabrik für ein Praktikum“, meinte er. Morgen würden die Erfahrungen aus der Informationsbörse im Unterricht ausgewertet, kündigt Frau Schamschuro an. Es sei nicht das erste Mal, dass sie mit ihren Schülern auf Lehrstellen- oder Praktikumsbörsen gehe. Das Berufliche Schulzentrum könne sich auf umfangreiche Erfahrungen bei der Berufsorientierung stützen. Jetzt werde zusätzlich noch Deutsch unterrichtet.
Einige ihrer Schüler haben auf der Informationsbörse mit Anke Schmidt gesprochen. Sie ist Beraterin für passgenaue Besetzung von Lehrstellen bei der IHK und kennt ihrerseits viele Lehrer von DAZ-Klassen in Dresden. Auf deren Einladung berät sie die Asylbewerber vor Ort. „Wir versuchen in den Gesprächen, die Qualifikation zu ermitteln. Oft haben die jungen Leute aber auch schon klare Vorstellungen“, sagt die IHK-Beraterin. Wenn Angebot und Qualifikation passen, könne sie auch Plätze für Praktika in IHK-Mitgliedsunternehmen vermitteln.
Die Potenzialanalyse ist derzeit das Tagesgeschäft von Andreas Babuke. Er ist Arbeitsvermittler für Asylbewerber im Dresdner Jobcenter. In einem etwa zweistündigen Gespräch, in der Regel mit Dolmetscher, versucht er Angaben zur Schulbildung und zur beruflichen Qualifikation zu ermitteln. Seine Gesprächspartner sind noch in der Obhut des Sozialamtes und werden ihm von den Sozialbetreuern in den Asylunterkünften vermittelt. Auch wenn inzwischen öfter mal ein Asylbewerber mit einem Zeugnis oder anderen Dokumenten kommt, ist es immer noch der Regelfall, dass Unterlagen fehlen.
„Die Hälfte meiner Gesprächspartner ist noch im schulfähigen Alter“, meint Babuke. Die Meisten hätten keinen Schulabschluss. Nur etwa 10 bis 15 Prozent der Asylbewerber seien ohne weitere Qualifizierungsmaßnahmen vermittelbar. Das decke sich mit den bundesweiten Erfahrungswerten. Der Weg zum Schulabschluss und die Anerkennung der Berufserfahrung sind für Babuke derzeit die zwei Schlüsselfragen, um Asylbewerber erfolgreich integrieren zu können. Weil es dafür noch keine eingespielten Szenarien gibt, hatte das Jobcenter heute vormittag die „Herausforderungen bei der Bildungs- und Beschäftigungsintegration von jungen Menschen mit Migrationshintergrund“ zum Thema der inzwischen bereits neunten Jugendkonferenz gemacht. Die Agentur für Arbeit Dresden, das Dresdner Jugendamt und weitere Einrichtungen und gemeinnützige Träger diskutierten darüber, wie sie ihr Netzwerk besser und effektiver organisieren können.
Die anschließende Infobörse war eine Premiere. Babuke hofft, dass derartige Angebote Schule machen, vielleicht schon auf der Messe KarriereStart im Januar in Dresden. Mitte September hatte das Jobcenter in Zusammenarbeit mit der Stadt und dem IQ Netzwerk Dresden bereits ein anderes Projekt, „Mein Ordner“, vorgestellt. Dieser bietet eine zweisprachige Orientierung für Flüchtlinge und Asylsuchende durch den Dschungel von Formularen und Behörden. Und ist gleichzeitig zur Aufbewahrung vieler Dokumente gedacht.
Vertreten auf der Infobörse waren auch verschiedene Sprachschulen. Sie organisieren gerade die von der Bundesagentur für Arbeit geförderten Deutsch-Einstiegskurse. Flüchtlinge aus Eritrea, Irak, Iran und Syrien können hier in 320 Unterrichtsstunden Deutsch lernen. Gefördert werden jedoch nur Klassen, die bis zum 31. Dezember ihre Teilnehmer gemeldet haben. Die Euro-Schulen Dresden bieten diese Kurse ebenfalls an. Malgorzata Büttner leitet den Fachbereich Sprachen und Integration und verweist auf ein ganz besonderes Angebot zum Deutschlernen. „Wir unterrichten Deutsch für den Beruf“, sagt sie. Dies sei ein von ESF und BAMF gefördertes Programm mit berufsbezogenem Sprachunterricht – zum Beispiel für kaufmännische, technische oder medizinische Berufe. Zu den 720 Unterrichtstunden gehören auch ein vierwöchiges Praktikum und drei Betriebsbesichtigungen. Für das Zertifikat müsste eine Prüfung abgelegt werden.
Andreas Babuke war ein gefragter Gesprächspartner auf der Informationsbörse – für die Asylbewerber und die anwesenden Anbieter von Informationen, Kursen oder Praktika. „Das war eine erfolgreiche Aktion, so sollten wir weitermachen“, lautete sein kurzes Resümé.