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Dresdner Linke wählt Jens Matthis zum neuen Vorsitzenden – zunächst allein in der Doppelspitze

Die Dresdner Linke hat heute Jens Matthis zum neuen Vorsitzenden gewählt. Er erhielt 75 Prozent der abgegebenen Stimmen. „Das geht in Ordnung“, lautete sein knapper Kommentar unmittelbar nach der Wahl. Die zweite Position in der Doppelspitze wurde nicht besetzt. Es gab keinen Bewerber. Sarah Buddeberg hatte zuvor eine gemeinsame Führung des Stadtverbandes mit Matthis abgelehnt. „Wir sind nicht total zerstritten. Ich möchte nur nicht meine Energie in den ständigen Ausgleich innerhalb der Doppelspitze investieren“, sagte Buddeberg im Gespräch. Sie könne ihre Ideen für die Mobilisierung und bessere öffentliche Wahrnehmung der Linke in der Stadt auch als Stellvertreterin umsetzen. Buddeberg und Matthis hatten die Leitung des Stadtverbandes im Sommer übernommen, nachdem Tilo Kießling und Annekatrin Klepsch als Vorsitzende zurückgetreten waren. Eigentlich hatte sich der Vorstand schon am Dienstag in einer außerordentlichen Beratung darauf geeinigt, nur einen Posten in der Doppelspitze zu wählen. Dann jedoch wurde auf dem Parteitag der Antrag gestellt, statt einer Doppelspitze auch einen Alleinvorsitzenden zu ermöglichen. „Diese Initiative ging nicht von mir aus“, stellte Buddeberg klar. 52 Prozent stimmte für den Fortbestand der Doppelspitze

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Katja Kipping, Bundesvorsitzende der Linken, hat für das Beibehalten der Doppelspitze plädiert und eigene gute Erfahrungen ins Feld geführt. Foto: W. Schenk

Buddeberg wurde mit 83 Prozent und ohne Gegenkandidatin zur Stellvertreterin gewählt. Um den zweiten Stellvertreter-Posten bewarben sich mit Sivio Lang, Sprecher des Netzwerkes Dresden Nazifrei und Thomas Grundmann, langjähriges Vorstandsmitglied und jetzt persönlicher Referent von Kulturbürgermeisterin Annekatrin Klepsch zwei im poltischen Leben bekannte Gesichter. Ronny Rehm, Mitarbeiter eines Blutspendedienstes, warb als dritter Kandidat um einen Vertrauensvorschuss des Parteitages. Mit knapp 50 Prozent erzielte Lang das beste Ergebnis und ist nun ebenfalls Stellvertreter von Matthis.

Der neugewählte Vorsitzende Jens Matthis hatte zuvor die letzten vier Jahre als die erfolgreichsten der Dresdner Linke seit 1990 bezeichnet. Gleichzeitig erklärte er, dass die Erfolge der rot-grün-roten Stadtratskooperation für die Dresdner Einwohner noch nicht spürbar und erlebbar seien. Statt dessen würden rassistische und fremdenfeindliche Töne die öffentliche Wahrnehmung dominieren. Man müsse allen Versuchen, diese Positionen gesellschaftsfähig oder gar mehrheitsfähig zu machen, entschieden entgegentreten. Das lehre die Geschichte, so Matthis. Buddeberg verwies darauf, dass sich die Rolle des Stadtverbandes verändern muss. Es sei wichtig, neben den Kompromissen der rot-grün-roten Stadtratsmehrheit die ureigenen Positionen der Linken in der Öffentlichkeit deutlich zu machen. Daran habe es in der Vergangenheit gemangelt. Sie habe kein Problem damit, dafür auch in ihrer Position als Stellvertreterin zu arbeiten.

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Ulrich Reinsch, die Seele der Geschäftsstelle, wurde mit viel Beifall verabschiedet. Statt zu reden, griff er zur Ukulele und sang. Foto: W. Schenk

Im Bericht der Stadtratsfraktion verwies Vorsitzender André Schollbach auf die bisher erreichten Erfolge der Kooperation mit Grünen, SPD und Piraten. „Wir haben keine Revolution veranstaltet, aber es ist uns gelungen, wichtige Vorhaben auf den Weg zu bringen“, sagte Schollbach und nannte als Beispiele das Sozialticket, den Gründungsbeschluss für die Woba und eine Doppelhaushalt ohne neue Schulden und Steuererhöhungen. Die Stadtratskooperation sei auch ein Signal für das Land. „Eine Änderung der politischen Verhältnisse in Sachsen tut dringend Not“, so Schollbach. Zum Auftakt des Parteitages hatten die Spitzen von Grüne, SPD und Piraten, die gemeinsam mit den Linken die Stadtratskooperation bilden, in ihren Grußworten den unbedingten Willen zur Fortsetzung dieser Zusammenarbeit bekundet.

Der emotionale Höhepunkt des Parteitages im Kulturrathaus war ohne Zweifel die Verabschiedung von Ulrich Reinsch, seit mehr als 25 Jahren die „gute Seele“ der Geschäftsstelle. Mit stehenden Ovationen, Dankesreden, Blumen, Rotwein, einer Diashow mit Bildern aus der Amtszeit und einem Ständchen mit dem Hannes-Wader-Song „Heute hier, Morgen dort“ zeigten die rund 170 Anwesenden auf dem Parteitag ihren Dank. Reinsch war gerührt und beeindruckt. Mit den Worten „Wenn der Uli sprachlos ist, dann singt er“, griff er zur Ukulele und bot ein kleines Potpourri – es endete nach „Eines Morgens, in aller Frühe“ oder „Die Rose von Chile“ mit der Strophe „We shall live in peace“ als dem bekannten Protestsong „We shall overcome“. Dafür gab es noch einmal stehenden Beifall und in der anschließenden Mittagspause ein Gläschen Sekt zum Anstoßen.

Die Dresdner Linke hat etwa eintausend Mitglieder. Allerdings ist die Mitgliederzahl rückläufig. Den 124 Eintritten im vergangenen Jahr stehen 70 Austritte und 88 gestorbene Mitglieder gegenüber. Rund 100 der 170 Parteitagsteilnehmer war älter als 60 Jahre.

 

 

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