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Aurora im Dresdner Backhaus: Ich komme aus Spanien und lerne hier

Weihnachten und Silvester feiern Aurora und ihr Freund José in Dresden. Aurora wurde im Weihnachtsgeschäft dringend in ihrer Firma gebraucht. Außerdem ist die Fahrt von Dresden nach Cordoba nicht billig, egal ob mit der Bahn oder dem Flugzeug. Die beiden jungen Spanier sind Auszubildende in Dresden. Aurora Maria Madrid Albornoz und José Manuel Martinez Ruiz – so ihre vollständigen Namen, haben 2014 die Chance genutzt und sich im Rahmen des EU-Programms Mobipro für eine Ausbildung in Deutschland beworben.

backhaus dresden Aurora Madrid

In der ersten Zeit hieß es für Aurora Brote belegen und Regale einräumen. Foto: W. Schenk

Inzwischen ist das erste Jahr geschafft und Aurora steht in der Dresdner Backhaus-Filiale in Striesen hinter der Theke und verkauft Stollen, Kuchen, Kekse, Brot und Brötchen. Sie lernt Fachverkäuferin für Backwaren. Da wird schnell klar: Ohne deutsche Sprachkenntnisse geht nichts. Den Unterschied zwischen Stollen und Striezel kann die 28-jährige natürlich erklären. Sie hat keine hundert Meter entfernt in der Backstube in der Huttenstraße bereits ausreichend Erfahrungen beim Herstellen der Dresdner Backhaus-Spezialitäten gesammelt. Dort, am Firmenstammsitz, wird gerade saniert und neu gebaut. Im Mai 2016 soll die Zeit für das Café im Ausweichquartier in der Blasewitzer Straße vorbei sein.

Über die Startschwierigkeiten vor einem guten Jahr kann Aurora jetzt schon lächeln. In den ersten drei Monaten sei regelmäßig eine Dolmetscherin in den Betrieb gekommen. „Da hat Aurora noch wenig gesprochen“, erinnert sich Filialleiterin Gabriele Lienig. Darum standen zunächst Arbeiten wie Theke einräumen, Kekse backen oder Baguettes und Brote belegen auf dem Programm. „Aber sie hat schnell gelernt und sich toll entwickelt“, ist die Chefin begeistert. Die Firma habe ihr, auch als Anerkennung für ihre Arbeit, zwei Heimflüge geschenkt.

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Am Dresdner Backhaus-Stammsitz in der Huttenstraße wird neu gebaut. Foto: W. Schenk

Die Hilfe der Dolmetscherin war besonders wichtig, meint auch Produktionsleiter Tino Gierig. „So konnten wir alle Inhalte der Ausbildung erklären und auch von den Sorgen und Befürchtungen unseres Azubis erfahren“, meint Gierig, der auch Prokurist in der Firma ist. „Wir sammeln zum ersten Mal Erfahrungen in der Ausbildung von jungen Leuten aus dem Ausland“, sagt er und ist angesichts des Fachkräftemangels dankbar für diese Alternative. Es sei in den letzten Jahren nicht einfach gewesen, Nachwuchs für die Firma mit 80 Mitarbeitern zu finden. „Wir würden uns freuen, wenn Aurora bleibt“, betont der Produktionsleiter und fügt schmunzelnd hinzu: „Die Sprache ist noch ein bisschen ausbaufähig“. Aber die Verkäuferinnen in der Filiale würden sich sehr viel Mühe geben und die junge Frau aus Spanien unterstützen. Auch die Kundschaft habe positiv reagiert. Am Poloshirt im Backhaus-Design ist ein kleines Schild befestigt, auf dem steht: „Aurora – ich komme aus Spanien und lerne hier.“ Die Sachsen seien sehr freundlich, sagt der Lehrling. Darin würden sie sich von den Berlinern unterscheiden.

„Mein Freund und ich haben ganz klare Vorstellungen von unserer Zukunft“, beschreibt sie ihre Lage. Im Alter von 28 und 35 Jahren sei das auch kein Wunder. Es mache ihr nichts aus, in der Berufsschule die Klassenälteste zu sein. Beide haben in Spanien die vielzitierte Jugendarbeitslosigkeit erlebt. Aurora hat ein Tourismusstudium wegen geringer Berufschancen abgebrochen, danach als Verkäuferin gearbeitet. „Aber wir hatten immer nur befristetete Verträge“, meint sie. Darum hätten sie die Chance genutzt und seien nach Sevilla gefahren, wo es eine Informationsveranstaltung der Handwerkskammer Dresden und zum Programm Mobipro gab. So habe auch ihr Freund José eine Ausbildungsstelle zum Elektroniker gefunden und lerne jetzt bei Elektroanlagen Dresden. Nach einem Monat Praktikum im Sommer 2014 in Dresden in den künftigen Ausbildungsbetrieben sei die Entscheidung nicht mehr schwer gefallen.

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„Lebkuchenhaus“ und alles, was in der Filiale verkauft wird, kann Aurora inzwischen auf deutsch benennen. Foto: W. Schenk

Besuch von ihren Eltern habe sie in Dresden noch nicht gehabt, sagt die angehenden Verkäuferin. Und der 20-jährige Bruder will in Spanien Polizist werden. Grüße aus der Heimat kommen im Paket. Süßigkeiten und besonders der Schinken würden zu Hause anders schmecken. An den vielen  Brotsorten hier hat sie dagegen Gefallen gefunden.

In den nächsten Wochen muss Aurora gründlich büffeln. Prüfungen stehen an – mündlich und schriftlich. Technische Mathematik, Technologie, Herstellung von Speisen, Wirtschaft, Verpackung. Das sei viel Stoff. Am meisten Respekt habe sie jedoch vor der Prüfung im Verkaufsgespräch. „Das ist am schwersten“, sagt sie.

Produktionsleiter Gierig blickt schon in die Zukunft. Das Lernen gehe nach der Ausbildung weiter. Die Bäckerfachschule biete Lehrgänge für Warenpräsentation oder Geschenkverpackungen an. Auch im Verkaufsgespräch gebe es fortführende Ausbildung. Aurora hört es, kann aber gerade nicht antworten. Ein älterer Herr möchte gern beim Kauf seines Weihnachtsstollen beraten werden. Ein Verkaufsgespräch steht an.

 

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