Elberadweg

Zerstörter Elberadweg: Dresdens derzeit berühmteste 59 Meter

Die Stadt will den gestern zerstörten Elberadweg schnell wieder reparieren. „Wir werden alles unternehmen, den Radweg so bald wie möglich wieder befahrbar zu machen“, erklärte heute Baubürgermeister Jörn Marx (CDU). Von aufwendigen Umleitungsmaßnahmen wird darum offenbar abgesehen. Gegen die geschäftsführende Gesellschafterin der DresdenBau Projekt Marina City, Regine Töberich, und gegen Unbekannt hat die Stadt beim Polizeirevier Dresden-Nord Strafantrag gestellt und dies mit Sachbeschädigung und einem gefährlichen Eingriff in den Straßenverkehr begründet. Die Kosten für die Reparatur in Höhe von 12.000 bis 15.000 Euro würden Töberich in Rechnung gestellt. Die Firma sei über die Absicht der Stadt, den Weg wieder instandzusetzen, informiert worden.

Wie im Kindergarten

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Klare Botschaften von beiden Seiten. Foto: W. Schenk

Den ganzen Tag über nutzten Radfahrer, Fußgänger, Eltern mit Kinderwagen und Neugierige den schnell entstandenen und immer breiter werdenden Trampelpfad neben der zerstörten Asphaltpiste. Die Umleitungsschilder waren schon am frühen Morgen von Unbekannten beiseite geräumt und ins Gras geworfen worden. Immer wieder wurden Kameras und Handys aus den Taschen geholt, um die derzeit berühmtesten 50 Meter von Dresden zu dokumentieren. In den Kommentaren zeigte sich überwiegend Unverständnis – sowohl zur rechtlichen Situation als auch zu dem zerstörten Radweg. Gabriele Grötzsch hinterließ ihren Protest schriftlich. „Ich bin Dresdnerin mit Herz und Seele. Aber das hier ist wie Kindergarten“, sagt sie ziemlich sauer. Frau Töberich sollte den Streit nicht auf dem Rücken der Dresdner und der vielen Touristen auf dem Elberadweg austragen, ergänzt die 60-jährige. Schließlich verpflichte Eigentum. Das steht auch auf mehreren kleinen Zetteln, die unter Kerzen auf den Asphaltbrocken verteilt sind. „Total fassungslos und aufgebracht“ so beschreibt Jean-Michel Munderich seine Gefühlslage. Der Leipziger ist vor Jahren nach Dresden gezogen, weil es hier „nicht so aggressiv ist“. Das hat sich geändert, meint er und erinnerte an die Räumungsaktion des Freiraum Elbtal auf dem Töberich-Gelände. Nun bekommt Dresden nach Waldschlösschenbrücke und Wiener Loch mit dem weggebaggerten Elberadweg eine neue Attraktion, meint Rolf Heine. Das Wiener Loch sei in Köln und die Waldschlößchenbrücke sogar in Krigisien bekannt.

Ulbig und Stange werten unterschiedlich

Die Stadt kündigte an, das angedrohte Zwangsgeld gegen Töberich nun festzusetzen. Nach der Drohung, den Elberadweg zu zerstören, hatte das Straßen- und Tiefbauamt am 27. März einen Unterlassungsbescheid geschickt und 5.000 Zwangsgeld angedroht. Das soll nun fällig werden.

Markus Ulbig, Oberbürgermeisterkandidat der CDU, hatte sich vor kurzem noch mit Töberich an der Elbe ablichten lassen und zugesagt, in dem Konflikt zu vermitteln. Heute zeigte er sich „über diese Entwicklung entsetzt. Mir ist völlig unverständlich, wie man diese Eskalation sehenden Auges in Kauf nehmen konnte“. Die rot-grün-rote Stadtratsmehrheit richte einen gewaltigen Schaden an, erklärte Ulbig und forderte, dass Stadtverwaltung und Investorin sich jetzt an einen Tisch setzen und endlich eine gemeinsame Lösung finden.

Seine Konkurrentin Eva-Maria Stange (SPD) bewertet die Situation etwas anders. „Ich halte diese Reaktion für absolut überzogen und ungeeignet um Akzeptanz für das Bauvorhaben in der Bevölkerung und im Stadtrat einen Kompromiss zu finden“, sagte Stange. Bedauerlicherweise müssten jetzt die Bürger die Versäumnisse der Stadt bei der Sicherung des Radwegs im Vorfeld des Grundstückverkaufs ausbaden.

Wer Recht hat, kann nur Gericht klären

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Zettel und Kerzen. Foto: W. Schenk

Eine Prognose zum juristischen Ausgang des Streits wagt derzeit niemand. Der Gestattungsvertrag, den die Stadt 2001 mit den damaligen Grundstücksbesitzern abgeschlossen hat, räumt der Grundstückseigentümerin auch heute noch viele Rechte ein. (Eine Kopie der entscheidenden Vertragspassagen findet sich hier). Vor allem ist die öffentliche Widmung eindeutig an die Laufzeit des Gestattungsvertrages gebunden. Diesen Vertrag hatte Töberich zum 31. März gekündigt. Laut Vertrag hätte das Straßen- und Tiefbauamt danach zwei Monate Zeit gehabt, den alten Zustand wieder herzustellen – das Amt hätte diese 59 Meter Elberadweg selbst entfernen müssen. Die Stadt vertritt hier eine andere juristische Auffassung. „Der Elberadweg ist für den öffentlichen Fahrrad- und Fußgängerverkehr öffentlich gewidmet (nach dem Straßengesetz für den Freistaat Sachsen). Diese Widmung ist bestandskräftig. Die Landeshauptstadt Dresden vertritt die Auffassung, dass diese öffentliche Widmung schwerer wiegt als die Kündigung des Gestattungsvertrags durch Frau Töberich. Die öffentliche Widmung wirkt fort, selbst wenn der Gestattungsvertrag enden sollte“, erklärte Marx. Die gerichtliche Klärung dieses Streits dürfte über mehrere Instanzen gehen und etliche Jahre in Anspruch nehmen.

Wie tief die Kluft zwischen der Projektentwicklerin Töberich und der Stadt inzwischen ist, zeigt auch der Umstand, dass Töberich den Mitarbeitern der Stadtverwaltung schriftlich ein Hausverbot auf ihrem Grundstück erteilt hat. Darum begrüßte sie Baubürgermeister Marx gestern mit den Worten, „sie haben hier doch Hausverbot“.

Neben dem Strafantrag der Stadt liegen inzwischen weitere Anzeigen im Zusammenhang mit der Bagger-Aktion vor. Töberich hat gegen einen grünen Ortsbeirat und Anwalt aus der Neustadt Anzeige erstattet. Dieser hatte sie gestern geohrfeigt. Die Polizei hatte daraufhin die Personalien festgestellt. Weitere Anzeigen richten sich gegen die Zerstörung des Elberadweges.

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