Es ist ein bedeutendes Gemälde der Moderne. Deshalb hat es auch eine bedeutende Summe gekostet. Wie viel Geld für den Ankauf von Ernst Ludwig Kirchners „Straßenbild vor dem Friseurladen“ jedoch ausgegeben worden ist, wird nicht verraten. Im Jahr 1939 war es für 70 Dollar „verwertet“ worden, bei Christies in London hatte man es 2008 für zwei Millionen Dollar angeboten.
„In Abstimmung mit allen Beteiligten bleibt die jetzige Ankaufssumme geheim“, erklärte Hartwig Fischer, Generaldirektor der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden. Er hatte eingeladen, um das Werk der Öffentlichkeit vorzustellen und „zu feiern“. Ein Fest ist der Erwerb für das Albertinum allemal. Mit zwei Dauerleihgaben, dem jetzt vierten eigenen Kirchner, der gleichzeitig der erste aus den 1920er Jahren ist, wird die Sammlung deutlich kompletter in der Geburtsstadt der von Kirchner mit gegründeten Künstlergruppe „Brücke“. Dem Ankauf vorausgegangen waren jahrelange Verhandlungen und die Suche nach Mäzenen. Insgesamt zehn Institutionen und Stiftungen haben sich dafür zusammengetan.
Einst als „entartete Kunst“ deklassiert
Das Werk gehört zu der Serie der Kirchnerschen Straßenszenen. Die erste war übrigens 1908 in Dresden entstanden, weitere folgten 1913 und 1914 in Berlin. Später lebte Kirchner in der Schweiz, wo er sich auch von Tablettensucht und Depressionen kurieren wollte. Mitte der 1920er Jahre besuchte der Künstler Deutschland und hielt seine Eindrücke in unzähligen Skizzen fest. Anhand dieser malte er, zurück in der Schweiz, das jetzt in Dresden zu bewundernde Ölbild.
Es sei ihm wichtig gewesen, zu sehen „wie sich Menschen im Gedränge komponieren“, zitiert Birgit Dalbajewa von der Galerie Neuer Meister den Maler. Sie erzählt auch von den Verhandlungen des einstigen Direktors der Modernen Galerie Hans Posse mit Ernst Ludwig Kirchner im Entstehungsjahr 1926. „Selbstverständlich stehen Sie an erster Stelle der Ankaufsliste“, hatte ersterer dem Künstler mitgeteilt. Mit der Machtergreifung der Nationalsozialisten 1933 wurde die Straßenszene deklassiert, beschlagnahmt und kam aus dem Semperbau in die diffamierende Ausstellung „entartete Kunst“ in den Lichthof des Rathauses.
„Später Sieg über totalitären Bildersturm“
Die jetzige Rückkehr beschreibt Günter Winands, der in Vertretung der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien nach Dresden gekommen war, deshalb auch als einen „späten Sieg über den totalitären Bildersturm“ und eine „Verbeugung vor diesem außergewöhnlichen Künstler“. Andere Redner sprechen von einem „zurückgewonnenem Schatz“, einem „klaren Bekenntnis zur Freiheit der Kunst“ und von einer „Brücke zwischen Vergangenheit und Zukunft“. Diese Brücke hängt nun inmitten der anderen Kirchners und weiterer Brücke-Künstler im Expressionismus-Saal des Albertinums.
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