Thema: Die Königsbrücker

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Bürgerinitiative „Königsbrücker muss leben“: Blechlawinen-Märchen offiziell beendet

12.885 Fahrzeuge waren am vergangenen Freitag auf der Königsbrücker Straße in Höhe Schauburg in beiden Richtungen unterwegs. Ein Rückgang um mehr als 20 Prozent in den vergangenen Jahren. Seit August 2013 treffen sich hier jeden Freitag Mitglieder der Bürgerinitiative „Königsbrücker muss leben“ und messen zwischen 17 und 18 Uhr „alles, was einen Motor hat“.

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Bürgerinitiative zählt Verkehrsmengen: Martin Schulte-Wissermann (r.), Initiatior Jürgen Thauer (2.v.r.) und weitere Mitglieder der Bürgerinitiative am Freitag Abend. Foto: W. Schenk

Mit mehreren Clickern oder Handzählern ausgerüstet, zählen sie Lkw, Busse, Pkw, Motorräder oder Roller. Mit ähnlichen clickern arbeiten auch die Studenten der Forschungsgruppe durchgezaehlt, wenn sie an einem bestimmten Messpunkt montags die vorbeiziehenden Pegida-Demonstranten zählen. Seit Eröffnung der Waldschlösschenbrücke, so das wichtigste Ergebnis der Zählungen, geht der Autoverkehr auf der Königsbrücker Straße zwischen Stauffenbergallee und Albertplatz kontinuierlich zurück. Darum kämpft die Bürgerinitiative um eine möglichst schmale Variante für die Sanierung der wichtigsten Einfallstraße aus Richtung Norden ins Stadtzentrum.

Kein vierspuriger Ausbau, sondern eine Sanierung im Bestand – ist die zentrale Forderung der Bürgerinitiative. Umfangreiche Aufklärungsarbeit, die Zählaktionen, Demonstrationen und Mahnwachen haben die Anwohner erreicht und mobilisiert. Immer mit dabei, Martin Schulte-Wissermann von den Piraten. Er ist die (Presse)Stimme der Bürgerinitiative. Bei der Kommunalwahl 2014 erreichen die Piraten auch darum im Wahlkreis II (35 Stimmbezirke in der Äußeren Neustadt und Leipziger Vorstadt) 6,6 Prozent und ziehen mit zwei Kandidaten in der Stadtrat ein. Einer vor ihnen ist Schulte-Wissermann. „Ohne die Bürgerinitiative sähe die Welt anders aus“, sagt er am Freitag Abend vor der Schauburg.

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Akribisch gemessen und aufgezeichnet. Die Verkehrsmessungen an der Schauburg.

Warum? Die Stadt habe endlich die Verkehrsmengenzahlen im Themenstadtplan angepasst. Die Zahlen, die den Anhängern einer vierspurigen Ausbauvariante als Argument dienten, seien nun Geschichte. Statt 20.800 Fahrzeugen an der Schauburg zeigt die aktuelle Karte nun 16.300. „Das ist ein Rückgang um 22 Prozent und bestätigt unsere Messungen, die wir seit zwei Jahren durchführen“, erklärt Schulte-Wissermann. „Am Beginn der Königsbrücker Straße direkt am Albertplatz wird ein Rückgang um 14% gemessen, auf der folgenden Strecke bis zur Stauffenbergallee wird ein Verkehrsrückgang von 20-30 Prozent registriert. Ich freue mich, dass das Märchen von Blechlawinen auf der Königsbrücker jetzt endlich auch offiziell beendet ist“, fügt er hinzu.

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Die aktuellen Zahlen im Themenstadtplan der Stadt.

Auch eine andere Zahl ist Wasser auf die Mühlen der Bürgerinitiative. Die gerade von der Stadtverwaltung vorgelegte Verkehrsprognose 2030 besage, dass in 15 Jahren noch weniger Autos auf der ganzen Koenigsbrücker Straße fahren werden als heute. „Das gilt für alle Planungsvarianten“, verweist Schulte-Wissermann auf die anhaltenden Effekte der Eröffnung der Waldschlösschenbrücke, den weiter zunehmenden Radverkehr und die steigende Attraktivität des ÖPNV.

Die aktuellen Planungsvarianten heißen 7, 8.4 und 8.7, wobei 8.4 und 8.7 das Ergebnis des von Rot-Grün-Rot beschlossenen Variantenvergleich sind, der seit vergangener Woche vorliegt. Wichtigste Unterschiede zu Variante 7: Die Straße wird nicht 20 Meter, sondern 12,50 Meter breit. Besonders im Abschnitt zwischen Katharinenstraße und Paulstraße erreicht die schmale Variante 8.7 ebenso gute Werte wie die bisherige Vierspurvariante 7.

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Verkehrsmengen auf der Königsbrücker Straße 2012. Quelle: dresden.de

„Wir warten jetzt auf die Visualisierung des Variantenvergleiches“, sagt Schulte-Wissermann. Die drei Varianten sollen auf einer Bürgerversammlung im Mai vorgestellt werden. Die Bürgerinitiative favorisiert die Variante 8.4.“Wir waren immer für die schmalste Version“, sagt der studierte Physiker. Am Ende, da ist er realistisch, werde es eine politische Abwägung geben. Aber die „neue Verkehrsmengenkarte ist ein weiterer Sargnagel für die vierspurige Variante und ein deutlicher Rückenwind für die beiden schlanken Planungen“, ist er sicher. Die Visualisierung der drei Varianten sei wichtig, damit alle Interessierten den Vergleich mit Hilfe von Fakten durchführen könnten. So werde sicher auch deutlich, dass der Grund für den Stadteinwärts-Stau an der Stauffenbergallee nicht die Königsbrücker, sondern die Ampelschaltung ist. Unterm Strich ist für Schulte-Wissermann eines ganz klar: „Das Verfahren ist jetzt ausgesprochen fair“.