Weiß und Schwarz. Groß und klein. Weite Klamotten und enges Dress. Die Aufzählung der Gegensätze könnte noch weitergehen. Aber, wenn sie auch optisch ein ungleiches Paar sind – der große Langhaar-Clown mit Badekappenmütze und der kleine Knappe mit dem rasierten Kopfresthaar und dem Hutgesicht – rein inhaltlich segeln sie mal spitzfindig, mal derb auf einer Wellenlänge und sogar –breite.
Gestern feierten Wenzel & Mensching zusammen mit den Dresdnern im Boulevardtheater die letzte Vorstellung ihrer Mini-Deutschland-Tournee. Nur logisch, dass die beiden Künstler ihre ganze Aversion gegen montagabendliche Dresdner Absonderlichkeiten in den Saal krachten. Das Publikum nahm es ihnen nicht übel, vielleicht, weil es sich zu Recht nicht angesprochen fühlte, vielleicht auch, weil sie endlich die Antwort darauf bekamen, warum Dresden überhaupt zur „Hauptstadt der Bewegung“ geworden ist.
„Früher wurde mehr gelacht“, konstatierte Hans-Eckardt Wenzel und begründet: „Weil wir nichts hatten.“ Seine Logik: Nun würden die Menschen auf die Straße gehen, weil sie wieder nichts haben wollen würden und dafür vielleicht wieder mehr zu lachen hätten.
Die dritte Welt als fünftes Rad
Dafür ist das Duo Wenzel & Mensching bekannt – für die Spielerei mit den Unmöglichkeiten der Welt. Zu DDR-Zeiten waren sie so etwas wie anarchistisch-poetische Kabaretttheater-Bückware. Zum Kult wurden ihre Stücke um die „Da Da eR“, für ihren clownesken Hintersinn bekamen sie in den 1990er Jahren den Deutschen Kleinkunst- und den Deutschen Kabarettpreis. Während Steffen Mensching später Intendant im Theater Rudolstadt wurde, blieb Hans-Eckardt Wenzel auf der Bühne, mit und ohne Band und mit verschiedenen Programmen.
Nach 16 Jahren Pause haben die beiden nun mit fünf Konzerten in diesem Herbst ihr Comeback kreiert – als furiosen Auftritt in ausverkauften Häusern in fünf Bundesländern. „Das Spiel geht weiter“, hieß es dann auch gleich zu Beginn im Boulevardtheater in Dresden und dies darf vermutlich über den Rand der Abendveranstaltung hinaus gedeutet werden. Mit ihrem Wortwitz und Klamauk treffen Wenzel & Mensching zielsicher wunde Punkte.
Die dritte Welt als fünftes Rad am Wagen erster Klasse? Die Reichen stelln die Weichen? Die Dadaeristen jedenfalls sorgen dafür, dass sich fast jeder an die eigene Nase fasst. Heimlich, versteht sich. Am liebsten stellen die beiden ohnehin alles auf den Kopf – und lassen ihr Publikum die Dinge aus der komplett anderen Perspektive betrachten. Da verstößt ein Obdachloser seinen Karriere-Sohn und ein Orden-Anheften wird zu Duell, bei dem aufgesetztes Auszeichnen sogar töten kann.
Wenzel und Mensching sind meist als Doppelpack der einvernehmlichen Gegensätze zu haben, bespielen ihre Zuschauer und sich selbst und wechseln zwischen Sprechtheater, Schauspiel und Gesang, Klavier und Gitarre. Die knappen zwei Stunden „segeln“ flugs dahin, nach langem Applaus „hissen“ beide Künstler eine kleine Zugabe mitsamt einer Hausaufgabe für das Publikum: Wie retten wir die Demokratie? Der vollbesetzte Saal darf mitsingen – und gern auch drüber nachdenken. „Und wenn Sie sich nicht entscheiden können, dann drücken Sie die Raute-Taste“, gibt Steffen Mensching seinen Fans noch mit auf den Nachhauseweg.
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