Shakespeares Texte sind zeitlos, die meisten jedenfalls. Seine Aufführungen gelten als Publikumsgarant, auch hier muss das Wörtchen „meistens“ hintenan gesetzt werden. Das ist bei der neuesten Inszenierung in der Regie von Jan Gehler ebenso der Fall. Gerade weil das von einigen erwartete politische Statement und eine derbe Aktualisierung außen vor gelassen wurden, konnte eine der beschwingtesten Komödien des Meisters auch so spielerisch unbeschwert über die Bühne gehen, wie sie wohl einst angedacht war.
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Obwohl: Aktualisiert wurde schon, in jedem Fall Shakespeares Sprache. Undenkbar, dass man im 16. Jahrhundert gesungen hätte: „Fick dich ins Knie/Melancholie/ Du kriegst mich nie“. Jener, der das singt, hat es schwer mit diesen ganzen fröhlichen Leuten um ihn herum. Dabei hätten sie doch alle einen Grund zum Traurigsein, findet Jaques, der Philosoph. Der Herzog, der von seinem Bruder verbannt worden ist. Orlando, der vor seinem Bruder flüchten musste. Und dann die Cousinen Rosalinde und Celia, die eine unglücklich verliebt, die andere vom eigenen Vater ignoriert und unglücklich darüber, dass sie nicht verliebt ist. Sie alle sind in den Wald von Wald von Arden geflüchtet, treffen sich in einer Schäferei und schaffen schnell und ohne große Anstrengung, was sich viele wünschen: Sie nehmen die Welt wie sie ist.
„Mein Zuhause ist die Welt“
Wie ist diese Welt im zauberhaften Ardener Wald, dieses Schäferleben weit weg von allen Konventionen? Einerseits schön abgeschieden, andererseits furchtbar einsam. Mit einer Genügsamkeit, die sich gut anfühlt, manchmal aber auch Hunger macht. „Die Zeit reist mit verschiedenen Personen in verschiedenen Gangarten“, sagt der Philosoph. Das wird noch ein wenig interessanter, weil es nicht nur Personen sind, sondern Männer und Frauen. Und weil eine Frau sich als Mann verkleidet.
Ausgerechnet die verliebte Rosalinde wird von ihrem Orlando, der sie ebenfalls anhimmelt und an den Baumstämmen Liebesbotschaften hinterlässt, nicht erkannt. Vermutlich ist er blind vor Liebe. In jedem Fall aber wird seine Rolle von Benjamin Pauquet grandios gespielt. Auch Sonja Beißwenger, als Rosalinde klug wie anmutig, als junger Mann sensibel wie burschikos, ist ein Erlebnis. Ihre Cousine Celia ist Yohanna Schwertfeger auf den Leib geschrieben – diese trotzig-liebenswerte Adelstochter, die man sich auch gut als Prinzessin im „Singenden, klingenden Bäumchen“ oder als Angetraute des „König Drosselbart“ vorstellen könnte. Der Narr Touchstone, der die beiden Cousinen begleitet, nimmt auf lebenskluge Art immer das Publikum mit durchs Geschehen. Gefangen ist er – sehr zur Freude der Zuschauer – nur in seinem signalroten Kostüm. André Kaczmarczyk tobt sich darin närrisch aus, ohne ein einziges Mal lächerlich zu wirken.
Und weiter? Von den 14 Personen, die da auf der Bühne agieren, muss unbedingt noch Philipp Lux genannt werden, der als Philosoph Jaques verlässlich gut und in seiner Resignation oft erheiternd ist. Ganz bezaubernd, fast wie ein Gabriele-Münter-Gemälde, wirkt das Bühnenbild. Zu guter Letzt tragen auch die handgemachte Musik und die von den Schauspielern dargebotenen Songs zum rundum gelungenen Shakespeare-Schauspielhaus-Abend bei. Einer ist von der Band Jens Team und heißt „Das Zelt“. Der Refrain: „Kein Gott/ Kein Staat/ Keine Arbeit/ Kein Geld/ Mein Zuhause/ Ist die Welt“. Klar, dass es in diesem Zuhause nicht nur ein, sondern gleich mehrere Happy Ends gibt: Der Herzog hebt die Verbannung auf, die Brüder versöhnen sich und es wird geheiratet – übrigens gleich vier Mal.
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