2.300 Asylbewerber sind derzeit in Dresden untergebracht. Jetzt weckt die Unterbringung einer vierköpfige Familie aus Aleppo in Syrien große Aufmerksamkeit. Warum? Dieter Jaenicke, Intendant des Festspielhauses Hellerau und Manfred Wiemer, Leiter des Amtes für Kultur und Denkmalschutz, versuchten das heute zu erklären. Das Ansinnen, Flüchtlinge nicht in einem Heim oder in einer dezentralen Wohnung, sondern in einem Künstlerappartement in Hellerau unterzubringen, ist in der deutschen Asylgesetzgebung nicht vorgesehen. Einschlägige Verwaltungsvorschriften fehlen. Die Brandschutzvorschriften für 16 Leute sind anders als die für 12 in den Appartements genehmigten. Auch die „Förderunschädlichkeit“ muss nachgewiesen werden. Weil das Festspielhaus samt Verwaltungsgebäude, in dem sich die Appartements befinden, mit Steuergeldern gefördert wurden – für Kulturzwecke und nicht für den Zweck der Beherbergung von Flüchtlingen. Nur zwei von vielen Vorschriften, für die die Dresdner Stadtverwaltung und auch ein Ministerium Lösungen finden mussten.
Für den Kulturamtsleiter hat die Unterbringung der Flüchtlingsfamilie darum eine „große Symbolkraft“. Hinter der Einschätzung von Wiemer, es handelte sich hier um ein „klassisches Schnittsstellenthema“, verbirgt sich das Ringen um eine Verständigung zwischen verschiedensten Verwaltungseinheiten in der Stadt um im Freistaat und den dort geltenden Vorschriften.
Intendant Jaenicke hat einiges gelernt in den letzten Monaten. Dass die Idee mit der Unterbringung in der Probebühne nicht umsetztbar war, zum Beispiel. Aber das wichtigste für ihn war das Echo auf die Initiative der 20-köpfigen Belegschaft im Europäischen Zentrum der Künste Dresden. In Hellerau hätten Vereine, Firmen und Privatpersonen Hilfe angeboten. Ein Teppich, Kinderwagen, Tragetasche und Spielzeug seien bereits da. Eine Rentnergruppe will der Familie die Umgebung zeigen und bei Alltagsbesorgungen helfen. „Das sind positive Gegenmodelle zur Fremdenfeindlichkeit. Darüber muss man reden. Das muss man auch bekannt machen“, sagte Jaenicke. Es sieht in der Initiative in Hellerau ein soziokulturelles Projekt im besten Sinne. Darum soll es nicht bei einer Familie bleiben. „Wir wollen die Kapazitäten in Hellerau auch ausschöpfen“, sagte er in Richtung Stadtverwaltung, die es zunächst bei der einen Familie belassen will.
Und die syrische Familie? Sie fühlen sich wohl, sagt Jaenicke. Er hat heute morgen länger mit ihnen geredet. Die Eltern, beide Jahrgang 1980, haben bereits die ersten Deutschstunden absolviert. Er hat Fotos von dem zerstörten Haus der Familie gesehen und die Geschichte der sechs Monate dauernden Odyssee nach Deutschland gehört. Eine Mitarbeiterin des Festspielhauses war mit der Mutter und den Kindern bei einem Arzt. Alles andere komme jetzt Schritt für Schritt. Auch Arbeit im interkulturellen Garten hinter dem Festspielhaus sei geplant. „Ansonsten schützen wir die Privatsphäre der Familie“, betonte Jaenicke. Er zeigte zwar die blitzsaubere und aufgeräumte Unterkunft der Familie, die in der Zeit unterwegs war, für einen Fototermin, das Unbehagen dabei stand ihm jedoch ins Gesicht geschrieben.