Nilofar ist neun Jahre alt und die deutschen Wörter sprudeln nur so aus ihr heraus. Vor neun Monaten ist sie aus Afghanistans Hauptstadt Kabul nach Dresden gekommen. Jetzt lässt sie sich bereitwillig von Emilia Hansel über ihr Leben in der neuen Welt ausfragen. Emilia hat das Willkommensfest für Flüchtlingskinder im St. Benno-Gymnasium mitorganisiert. Neben ihr sitzt Nilofars Schwester Kamila, gegenüber der Bruder Riza. Riza und Kamila sind 14 und besuchen Deutsch-als-Zweitsprache-Klassen. Sie hoffen, dass sie bald in den richtigen Unterricht wechseln können. Das hat Nilofar schon geschafft. Sie geht in die 2. Klasse, ihr Lieblingsfach ist Sport. Heute nachmittag gab es am St. Benno-Gymnasium viele solcher kleinen Gesprächsrunden. Zwischendurch wurde von den Schülern selbst gebackener Kuchen serviert.
Emilia und ihre Mitschüler wollen jetzt eine Arbeitsgemeinschaft aufbauen, die im Jugendtreff in der Trinitatiskirche Begegnungen mit Kindern von Asylbewerbern und Flüchtlingen organisiert. Sie haben schon Pläne für verschiedene Veranstaltungen entwickelt. Jetzt geht es ans Umsetzen. Jürgen Leide, pädagischer Leiter des Gymnasiums, gerät fast ins Schwärmen, wenn er von dem Engagement seiner Schüler berichtet. Als die Kinder nach den Sommerferien wieder in der Schule waren, sei viel über die Themen Flucht und Asyl geredet worden. Das Interkulturelle Sofa war zu Gast, die Schüler konnten mit Flüchtlingen sprechen. Viele wollten helfen und etwas tun. Die Arbeitsgemeinschaft und das Willkommensfest seien nur zwei Beispiele.
Weil am 20. September Weltkindertag ist, haben sich Gymnasium und der Deutsche Kinderschutzbund (DKSB) bei der Vorbereitung für das Fest zusammengetan. 290 Flüchtlingsfamilien seien mit Hilfe der Stadt eingeladen worden, meinte der Dresdner DKSB-Vorsitzende Peter Hoffmeister. Mit den Schulpaketen wolle man den Kindern den Start ins neue Schuljahr erleichtern. Seit vier Wochen sei an der Schule gespendet und gesammelt worden. Nicht alle der 300 Pakete haben heute eine neuen kleinen Besitzer gefunden. Die anderen Pakete werde der DKSB in Dresden verteilen. Hoffmeister ermunterte die Gymnasiasten, sich auch in den sozialen Netzwerken klar zu positionieren und fremdenfeindlichen Kommentaren entgegenzutreten. „Wenn wir nicht dagegenhalten, haben die anderen schon fast gewonnen“, sagte er. Dass das nicht immer so einfach gehe, machten die Schüler in der Diskussion klar. Nicht jeder sei so stark und könne zum Beispiel einen Shitstorm verkraften.
Auch der Deutschland-Präsident des DKSB, Heinz Hilgers, dankte den Schülern für ihr Engagement. Der Willkommenskultur müsse nun eine nachhaltige Integrationspolitik folgen, sagte er und forderte einen nationalen Aktionsplan, der die staatliche Gemeinschaft und das große gesellschaftliche Engagement zusammenführt. „Wenn uns das gelingt, werden aus den Leistungsempfängern der ersten Wochen und Monate Leistungsträger werden“, zeigte sich Hilgers überzeugt.
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