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Zweite Bürgerversammlung in der Kreuzkirche: Dialog muss noch warten

Etwa 400 bis 500 Einwohner haben sich heute in der Kreuzkirche zur zweiten Bürgerversammlung getroffen. Die Einladung war auch dieses Mal von Oberbürgermeister Dirk Hilbert (FDP) und Superintendent Christian Behr ausgesprochen worden. Noch bevor es richtig los ging, wurden zwei Dinge klargestellt. Nummer eins: Behr betonte noch vor Beginn der Veranstaltung im Gespräch, dass es sich um eine „Bürgerversammlung und nicht um einen Bürgerdialog handelt“. Darum werde an der Form festgehalten, dass verantwortliche Politiker aus dem Rathaus auf die Fragen und Kritik der Bürger antworten. Heute zum Thema „Flüchtlinge in Dresden“.

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Barbara Lässig und René Jahn (beide links im Bild) registrierten zufrieden den Verweis auf ihre „Initiative Bürgerdialog“. Foto: W, Schenk

Nummer zwei: Frank Richter, Direktor der Landeszentrale für politische Bildung, und auch heute zusammen mit Polizeiseelsorger Christian Mendt der Moderator, stellte klar, dass die Veranstaltung auch ein Verdienst der „Initiative Bürgerdialog“ sei. Das ist ein loser Zusammenschluss mit Ex-Pegida-Vize René Jahn und Ex-FDP-Stadträtin Barbara Lässig an der Spitze, zu dem darüber hinaus Anna Mittag, Christine Ostrowski (Ex-Linke), Jens Genschmar (FDP) Ronald Weckesser (Ex-Linke) und Maximilian Krah (CDU) gehören. Lässig und Jahn nehmen regelmäßig an den Vorbereitungstreffen teil. Richter entschuldigte sich dafür, dass er es im Dezember versäumt hatte, den Anteil der Initiative zu erwähnen. Die Beteiligung eines Ex-Mitglieds des Pegida-Orga-Teams an der Vorbereitung der Bürgerversammlung hatte das Netzwerk „Dresden für Alle“ zum Anlass genommen, um aus dem Projekt auszusteigen. Dabei ist es auch bis heute geblieben.

Oberbürgermeister Hilbert erinnerte heute in seinem Eingangsstatement an seinen Satz vom 17. Dezember: „Wir stecken fest und ich schließe mich da mit ein“. Aber, so Hilbert, auch Pegida stecke fest und biete seit mehr als einem Jahr keine Lösungen an und werde dies auch weiter nicht tun. Unruhe und erste Buhrufe zeugten davon, dass sich auch heute beide Lager im Kirchenschiff versammelt hatten.

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Elvira Ploß schilderte ihre Erfahrungen als Leiterin der Asylunterkunft in der Katharinenstraße. Foto: W. Schenk

Im Dezember konnten die Teilnehmer der ersten Bürgerversammlung am Ausgang ihre Fragen hinterlassen. Dafür lagen, wie auch heute, Karten auf allen Plätzen. Mehr als einhundert Fragen seien zusammengekommen, sagte Behr. Man habe sie sortiert, um sie zu beantworten. Das übernahm in weiten Teilen Kristin Kaufmann (Linke), Bürgermeisterin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Wohnen. Nüchtern referierte sie über das Grundgesetz sowie Zahlen und Fakten zur Unterbringung. Unruhe gab es immer dann, wenn sie von „integrierten Asylsuchenden“ sprach, die Nachbarn, Freunde oder Kollegen sein werden.  Kaufmann ließ keinen Zweifel an der Haltung der Rathausspitze. Dezentrale Unterbringung in allen Stadtteilen, Vermeidung von Schattengesellschaften, Einsatz von Sozialpädagogen, die Unterstützung von 23 Willkommensinitiativen und mehr als 10.000 ehrenamtlichen Helfern, die Schaffung von Arbeitsgelegenheiten für Flüchtlinge und die Organisation von Sprachkursen als Schlüssenthema für die Integration seien alles Maßnahmen, die dafür stehen, dass Dresden deutschlandweit beispielgebend beim Umgang mit den Flüchtlingen und Asylsuchenden sei.

Elvira Ploß von der Diakonie Dresden berichtete über ihre Arbeit als Leiterin der Asylunterkunft in der ehemaligen Feuerwache Katharinenstraße. Zu dritt würden sie sich um derzeit 90 Männer aus 17 Nationen kümmern. Sprachschwierigkeiten würden auch mit Händen und Füßen überwunden, weil nicht immer ein Dolmetscher zur Verfügung stehe. Sie lobte die Unterstützung aus dem Stadtteil. „Wir wollen die Asylsuchenden menschenwürdig behandeln und wollen das auch weiter tun“, betonte sie. Sie erntete respektvollen Beifall.

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400 Dresdner waren in die Kreuzkirche gekommen. Foto: W. Schenk

In der Bürgerrunde kamen die unterschiedlichsten Ansichten zur Sprache, es wurden aber auch konkrete Fragen an die Rathausspitze gerichtet. Nur die wenigsten hielten sich an die Vorgabe, über das Thema Flüchtlinge in Dresden zu reden. Der Frust über die Flüchtlingspolitik der Bundesregierung inklusive Kanzlerin Angela Merkel musste raus. Dieses Bedürfnis hatten ganz offensichtlich etliche Redner, deren Statements mit entsprechenden Beifall begleitet wurden. Aber auch Fragen nach der Sicherheit in der Stadt wurden gestellt. Von denen, die Angst vor kriminellen Flüchtlingen haben und von denen, die von Übergriffen auf Ausländer berichteten.

Veit Kühne hatte schon im Dezember am Mikrofon gestanden und damals die Pegida-Anhänger scharf attakiert. „Heute werde ich es mit Sachlichkeit versuchen“, sagte er und hielt durch. Er plädierte dafür, nicht über sondern mit den Flüchtlinge zu reden. Er sagte jedem seine Unterstützung zu, der sich darum bemühen wolle. „Ich organisiere Ihnen den Kontakt“, so Kühne, der mit den International friends über ein dafür bestens geeignetes Netzwerk verfügt.

Ein seit zehn Jahren hier lebender Syrer bedankte sich bei den Dresdner für die Unterstützung, eine 81-jährigen Seniorin berichtete über ihre Unterstützung erst für eine syrische und dann für eine Roma-Familie. Ein Mann erzählte, dass seine Frau bereits mehrfach belästigt worden sei und er sich Gorbitz nicht mehr wohl fühle, ein anderer bekam für seine Bemerkung, dass die Integration von Muslimen in Deutschland gescheitert sei, Beifall.

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Bleiben die Verantwortlichen für die Bürgerversammlung: Dirk Hilbert und Christian Behr. Foto: W. Schenk

Hilbert beantwortete zum Ende eine Reihe der an ihn gerichteten Fragen und stellte dabei unter anderem in Aussicht, dass die noch belegten drei Turnhallen bald geräumt würden. Auch die Nutzung des Hotels Wyndham Garden in Leubnitz würde angesichts der rückläufigen Flüchtlingszahlen nicht weiter verfolgt. Für Antworten zur Flüchtlingspolitik könnte er sich gut eine Einladung von Bundespolitikern inklusive Kanzlerin Merkel vorstellen, sagte Hilbert und bekam dafür Beifall.

Nach zwei Stunden war die Bürgerversammlung vorbei. René Jahn will noch nicht hinnehmen, dass es nicht zum Dialog kommt. „Ich haben die Hoffnung noch nicht aufgegeben, dass wir uns auch hier in der Kirche in verschiedene Gruppen zum echten Dialog aufteilen können“, sagte er und will das bei den nächsten Vorbereitungsrunden erneut zum Thema machen.

Insgesamt war die Atmosphäre – so das Gefühl des Autors – sachlicher als im Dezember. Zuhören und Aushalten, hatte Richter damals verlangt. Das scheint möglich. In der Kirche. Auf den Straßen und Plätzen am Sonnabend wird das allerdings schwierig. Superintendent Behr appelierte an die Gäste in der Kreuzkirche. „Egal, auf welcher Seite Sie am Sonnabend demonstrieren. Ein Punkt ist wichtig. Keine Gewalt“.

 

 

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