Einen Berg von 15.560 unerledigten Verfahren schiebt das Dresdner Sozialgericht vor sich her. Die durchschnittliche Verfahrensdauer ist in den letzten fünf Jahren von 12,5 auf nunmehr 14,6 Monate angestiegen. Bei Entscheidungen mit einer mündlichen Verhandlung und einem Urteil müssen Kläger gar bis zu 26 Monaten warten. Ein Gerichtsbescheid ergeht nach knapp 19 Monaten. „Das ist zu lang, das ist uns klar“, sagte heute Friedrich Schilling, Präsident des Sozialgerichts Dresden. Er sieht zwei entscheidende Ursachen für die Verschlechterung der Situation. „Der Personalbedarf für das Gericht orientiert sich an den Eingängen und nicht am Bestand von Verfahren“, so Schilling.
Die Zahl der Eingänge hat sich in Dresden in den vergangenen drei Jahren deutlich reduziert – von 16.000 auf etwa 13.180 Fälle. Weil darum derzeit sechs Richter weniger zur Verfügung stehen, könne der Berg von unerledigten Verfahren nur langsam abgebaut werden. So sei die Zahl der offenen Verfahren um etwa 600 im Vergleich zum Vorjahr reduziert worden. Ein zweiter Grund sei die sehr kurzfristige Personalplanung. Dadurch gebe es einen häufigen Wechsel auf den Richterstellen. Dies habe allein im vergangenen Jahr dazu geführt, dass 2.000 Verfahren intern umverteilt werden mussten.
Die 46 Richterinnen und Richter verhandeln über Konflikte in Sachen Rente, Gesundheit, Pflege, Unfallversicherung, Arbeitslosenversicherung oder Hartz IV. Sie ermitteln selbst, holen Gutachten ein, müssen bis zu 50 Seiten lange Hartz-IV-Bescheide prüfen und nachrechnen und selbsts Berechnungen anstellen. Die Hälfte aller nicht erledigten Fälle betreffe Hartz-IV-Bescheide, sagte Schilling. 17 Prozent beträfen Streitfälle zur Rentenversicherung, 9 Prozent zur Krankenversicherung.
Weniger Verfahren wegen Kosten der Unterkunft
Weil die obersten Gerichte bei den Kosten für die Unterkunft und deren Angemessenheit Grundsatzurteile gefällt haben und Dresden seit 2013 über eine anerkannte Berechnungsmethode verfügt, sei die Anzahl der Verfahren hier deutlich zurück gegangen, sagte Hans von Egidy, Richter am Sozialgericht. Viele Hartz-IV-Verfahren würden sogenannte Aufstocker betreffen, deren Einkommen zum Leben nicht ausreiche. Hier sei das Verfahren sehr kompliziert und die Bescheide der Ämter besonders fehleranfällig. Eine kürzlich beim Jobcenter eingerichtete Ombudsstelle bezeichnete er als „sehr gute Idee“. Oftmals würden nach einer umfassenden Erläuterung der Hartz-IV-Bescheide die Klagegründe entfallen. Das entlaste am Ende auch die Gerichte. Eine weitere Möglichkeit der Abkürzung der Verfahrenszeit sei eine Einigung der Parteien ohne Verfahren. Seit 2012 gibt es dafür inzwischen acht Güterichter.
70 Messer bei Kontrollen gefunden
Auch am Sozialgericht sind in den vergangenen Jahren die Sicherheitskontrollen am Einlass verschärft worden. Im ersten Quartal 2016 wurden rund 3.000 Gerichtsbesucher kontrolliert. 70 Messer – davon 7, die unter das Waffengesetz fallen – 27 Spraydosen mit Reizgas und zwei Elektroschocker wurden von den Wachtmeistern aus Taschen gefischt. Vorfälle im Gerichtssaal habe es bisher nicht gegeben, so Schilling. Auch auf Kontrollen von Besuchern mit Turban oder von von Frauen mit Kopftuch oder Schleier habe man sich inzwischen eingestellt. Streitigkeiten zum Asylbewerberleistungsgesetz würden jedoch nur einen unbedeutenden Teil der Verfahren ausmachen. 2015 waren dies ingesamt 45, acht weitere seien in den ersten drei Monaten 2016 hinzugekommen.
Das Sozialgericht Dresden ist für die Landeshauptstadt und die Kreise Bautzen, Görlitz, Meißen und Sächsiche Schweiz-Osterzgebirge zuständig. Außerdem werden hier alle sachsenweiten Verfahren zu Vertrags-(zahn)arztangelegenheiten durchgeführt.
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