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„Dresden für Alle“ verliert Sprecher und Gesicht – Erik Hattke kandidiert nicht wieder

Das Netzwerk „Dresden für Alle“ muss sich einen neuen Sprecher suchen. Eric Hattke kündigte heute seinen Rückzug und die Gründung eines neuen Vereins an. Am 21. Mai ist die Vollversammlung der derzeit rund 100 Organisationen, Institutionen, Vereinen und Gruppen geplant, deren Konsens im Einsatz für ein offenes und vielfältiges Dresden besteht.

Hattke war seit Dezember 2014 das Gesicht und die Stimme von „Dresden für Alle“. Die erste große Aktion auf dem Weg zum Netzwerk war der Sternlauf am 8. Dezember 2014, als auf Anhieb etwa 9.000 Dresdner gegen die wachsende Pegida-Bewegung mobilisiert werden konnten. Auch bei den Gegendemos gegen den Auftritt des niederländischen Rechtspopulisten Geerd Wilders oder zum Pegida-Jubiläum oder bei Aktionen wie „Dresden isst bunt“ auf dem Altmarkt gelang es dem Netzwerk, eine breite Öffentlichkeit zu mobilisieren. Im Sommer 2015 organisierte das Netzwerk Hilfe und Unterstützung für die Flüchtlinge im Zeltlager an der Bremer Straße. Hattke war immer dabei – als Akteur und einer der Ideengeber.

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Angsthasen-Prozession im März 2015 – ein bisschen Selbstverleugnung gehört zum Protest dazu. Foto: W, Schenk

Dafür musste er von Pegida-Anhängern und anderen Netzwerk-Gegnern eine Vielzahl beleidigender Kommentare, vor allem bei Facebook, aushalten. Ein Auswuchs der Hasstiraden gegen ihn war die direkte Bedrohung seiner Familie im September 2015. In einem Drohanruf hieß es, man würde den Aufenthalt der Familie und des Sprechers kennen. Hattke solle aufhören „sich für Ausländer einzusetzen“, sonst würde er nächste Woche „platt gemacht“, sagte die Stimme am Telefon. Mit Aussagen wie „wir schießen durch die Fenster“ oder „wir haben auch hier Kameraden“ sollte seine Familie, die nicht in Sachsen wohnt, offenbar verängstigt werden.

„Aller Stress, alle Frustration und alle Angst haben sich gelohnt, wenn man am Ende in seinem Umfeld etwas zum Positiven bewegen konnte“, resümierte Hattke heute. Er widersprach Vorwürfen, es sei ihm immer nur um die Flüchtlinge gegangen. „Es geht auch immer um uns. Wenn wir Hass freien Lauf lassen, degradieren wir uns selbst, berauben wir uns unserer Würde und hinterlassen ein Schwarzes Loch. Und dieses Schwarze Loch einer herzlosen Gesellschaft, eisig geworden gegenüber dem Leid eines Fremden, wird auch herzlos gegen sich selbst. Es zerstört alles Wertvolle, was hart erarbeitet wurde“, erklärte Hattke seine Sicht.

Nicht immer war die persönliche Sicht von Hattke im 20-köpfigen Sprecherrat mehrheitsfähig. Vor der ersten Bürgerversammlung in der Kreuzkirche war „Dresden für Alle“ zunächst in der losen Vorbereitungsgruppe beteiligt. Hattke musste dann den Rückzug verkünden, obwohl er selbst die Dinge anders sah. Unverständnis und Kritik von vielen Seiten steckte er danach ein. Auch dies gehört zu den Dingen, von denen er heute sagt, dass sie sein Leben in dieser Zeit bereichert hätten.

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Vereinschef Karl-Siegbert Rehberg und Eric Hattke als Vize von „Gemeinsam für Dresden“ bei der Vorstellung von OB-Kandidatin Eva-Maria Stange am 21. Januar 2015. Foto: W. Schenk

Die Liste der Kommentare unter der Rückzugserklärung von Hattke auf Facebook ist lang. Viel Dank, Lob und Anerkennung von den Gleichgesinnten und Respekt für das Engagement aus dem eher konservativen Lagen sind hier zu lesen. „Du warst Teil der Menschen, die Hass nicht mit Hass und Gewalt nicht mit Gewalt bekämpfen“, heißt es in einem der Kommentare.  Das trifft den von Hattke an sich selbst gestellten Anspruch recht genau.

Hattke will sich jetzt im Verein „Atticus e.V.“ engagieren. Den Namen habe er in Anlehnung an eine Romanfigur von Harper Lee aus dem Buch „Wer die Nachtigall stört“ gewählt. „Freunde und Menschen mit denen ich sehr gut zusammen arbeiten konnte“ würden sich hier für „interkulturelle und politische Bildung, Unterstützung aller sozial benachteiligten Menschen, für Direkthilfe für geflüchtete Menschen“ einsetzen. Ein erstes Projekt soll bald starten.

Bei der Oberbürgermeister-Wahl 2015 engagierte sich Hattke in der Wählerinitiative „Gemeinsam für Dresden“ und war der Stellvertreter des Vereinsvorsitzenden Karl-Siegbert Rehberg. Die Wählerinitiative hatte Eva-Maria Stange (SPD) als ihre OB-Kandidatin nominiert. Stange verlor im Juni 2015 im zweiten Wahlgang gegen Dirk Hilbert (FDP).

 

 

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