Der offene Brief des Chefdirigenten der Dresdner Philharmonie, Michael Sanderling, an Kulturbürgermeisterin Annekatin Klepsch (Linke) hat zu kontroversen Reaktionen in der Dresdner Politik- und Kulturlandschaft geführt. Sanderling hatte Klepsch mangelndes Engagement für die Philharmonie vorgeworfen. Weil das Budget der Philharmonie von der rot-grün-roten Stadtratsmehrheit um je 250.000 Euro für die Jahre 2017 und 2018 gekürzt wurde, kündigte er seinen Rückzug aus Dresden an. „Eine weitere und darüber hinaus führende künstlerische Planung ohne die offensichtlich mangelnde Wertschätzung und ausreichende Unterstützung der eigenen Kultur-Verantwortlichen Dresdens lehne ich ab. Ich teile Ihnen daher hiermit mit, dass ich nach Ablauf meines jetzigen Vertrages im Sommer 2019 zu keiner Verlängerung bereit bin“, ließ der Chefdirigent seinen in einem überraschend scharfen Ton verfassten Brief in einer Pressemitteilung verbreiten. Diese pauschale Wertung muss vor allem all jenen übel aufstoßen, die sich in der Vergangenheit für die 90 Millionen Euro teure Sanierung des Kulturpalastes und die geplanten Budgeterhöhungen für 2017 und 2018 eingesetzt hatten.
Budget der Philharmonie wächst 2017 und 2018
Bürgermeisterin Klepsch (Linke) reagierte betont sachlich. „Eine Nichtverlängerung Ihres Vertrages halte ich für einen großen Verlust für das Orchester und die Landeshauptstadt Dresden und kann an Sie nur appellieren, diesen Schritt nochmals zu überdenken, insbesondere nachdem ab Mai 2017 der neue Konzertsaal im Kulturpalast zur Verfügung steht.“
Was war passiert? Der Stadtrat hatte bei der Verabschiedung des Doppelhaushaltes 2017/18 das Budget für die Dresdner Philharmonie nicht etwa gekürzt, sondern deutlich erhöht. Allerdings wurde die Erhöhung des Budgets von 14,9 Millionen Euro für das Jahr 2016 auf 19,7 Millionen für 2017 und 19,86 Millionen Euro für 2018 (so der Ansatz im Haushaltsentwurf von Oberbürgermeister Dirk Hilbert) um jene 250.000 Euro reduziert. Bleibt immer noch ein deutlicher Sprung nach oben.
Vorwurf von links: Unsolidarisches Verhalten
Für Jacqueline Muth, kulturpolitische Sprecherin der Linke-Fraktion, ist der Protest „nicht nachvollziehbar“. Während die Philharmonie finanziell ordentlich versorgt wurde, „scheint deren Leitung anderen Kultureinrichtungen nicht einmal die Butter auf dem Brot zu gönnen. Es ist bedauerlich, dass dort eine derart egozentrierte Sichtweise vorherrscht. Dieses Verhalten ist schlicht unsolidarisch“, kritisierte Muth.
Die Grünen bedauern den Schritt von Sanderling, verweisen aber darauf, dass die Intendantin der Philharmonie sehr wohl wusste, dass das neue Betreiberkonzept für den Kulturpalast erst durch den Haushaltsbeschluss des Stadtrates final finanziell untersetzt ist. Darauf habe auch Kulturbürgermeisterin Klepsch mehrfach hingewiesen. Zudem sei es für ein renomiertes Orchester wie die Philharmonie durchaus üblich, Fördermittel und Sponsorengelder einzuwerben, argumentierten die beiden Vorsitzenden der Grünen-Stadtratsfraktion Christiane Filius-Jehne und Thomas Löser. Die Stadt hat knapp 90 Millionen Euro in die Sanierung des Kulturpalastes und den Bau eines der modernsten Konzertsäle Europas investiert. Im April 2017 soll hier die Eröffnung gefeiert werden.
Verwirrung um Musikfestspiele
Zusätzlich belastet wird die Debatte dadurch, dass jetzt scheinbar auch die den Musikfestspielen zugesagten Mittel fehlen, um je 6 Konzerte 2017 und 2018 im Kulturpalast aufzuführen. Die Rede ist von je 300.000 Euro. Nach Lesart der Stadträte hatte Oberbürgermeister Dirk Hilbert (FDP) diese Mittel in seinem 1-Million-Euro umfassenden Tourismusbudget veranschlagt. Das scheint nun nicht mehr der Fall zu sein. Der Intendant der Musikfestspiele, Jan Vogler, warnte davor, die Festspiele mit „Grabenkämpfen zwischen Stadtrat und Oberbürgermeister zu gefährden“. Die Stadt müsse zu ihren bereits 2014 gegebenen Versprechen stehen, forderte Vogler.
Kritik von CDU und FPD
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