Wer Stücke kennt, die Heinrich von Kleist geschrieben, und solche, die von Wolfgang Engel inszeniert sind, der dachte sich vorab: „Amphitryon“ wird einfach großartig. Das Stück hatte am vergangenen Wochenende im Staatsschauspiel Premiere. Und: es war einfach großartig.
Das lag nicht an der Inszenierung allein, sondern auch an dem wunderbaren Spiel. Obwohl: Spiel kann man bei Philipp Lux eigentlich gar nicht mehr sagen. Der Mann ist das, was er darstellt, zumindest für die anderthalb Stunden auf der Bühne. Sein Diener Sosias bringt die Verwunderung, die zur Verwirrung wird, so köstlich auf den Punkt, dass man kaum merkt, dass das Ganze von Kleist zwar als Komödie, aber doch sinntiefschwer angelegt worden ist. Es ist so, als ob jemand das Essen so wunderbar zubereitet hat, dass man die bittere Medizin, die drin steckt, nicht schmeckt. Aber sie wirkt.
Frage nach Sein und Schein
Was ist drin? Die Frage nach dem Sein und dem Schein. Jupiter, der ranghöchste der Götter ist verliebt in Alkmene, die, ganz menschlich, mit Amphitryon verheiratet ist. Um sie zu verführen, nimmt der Gott die Gestalt des Ehemannes an und kommt schnell zum Ziel. Götterbote Merkur macht es ähnlich – er wird zu Amphitryons Diener Sosias. Das Verwirrspiel beginnt. „Du kannst zwar machen, dass ich nicht mehr bin, aber nicht, dass ich ich bin“, fleht Sosias am Anfang noch seinen vermeintlichen Doppelgänger an, als der die Faust erhebt. Aber bald schon ist er sich gar nicht mehr so sicher, ob er wirklich er selbst ist. Es ist ein grandioser Regieeinfall und mit dem Bühnenbild perfekt umgesetzt, dass sich die Menschen und ihre Schatten an grauen Stoffwänden, die sich Schicht für Schicht auftun, treffen und dort ein doppeltes Spiel teilen.
Wunderbar umgesetzte Ideen
Es gibt viele und so wunderbar umgesetzte Ideen in diesem Stück. Dann, wenn Amphitryon den Mantel anzieht wie eine Zwangsjacke. Dann, wenn Alkmene mit ihrem vermeintlichen Mann spricht. Geliebter und Gemahl, sagt sie und meint den einen. Doch – das weiß nur das Publikum – sind es zwei.
Sagen. Meinen. Sein. Das Stück regt an, nicht nur, weil immer wieder die Frage gestellt wird: Wer bin ich? Und dann diese Sprache! „Er kam, um dich zu zwingen ihn zu denken“, sagt der betrogene Gatte. Wie bitte? Genau so! Neben Philipp Lux brilliert Ina Piontek als die derb-deutliche Frau des Sosias und Matthias Reichwald schafft es, mit nur wenigen Gesten, deutlich zwischen Gott und Mensch umherzuspringen. Martin Reik als Merkur und Sosias bieten bodenständige Schauspielkost. Nur Paula Skorupa schafft es nicht, der Alkmene diesen Charme zu geben, der sogar Götter bezirzen kann. Fazit: Der Abend ist anstrengend und amüsant – zwei Sachen, die im Theater nur selten miteinander zu erleben sind.
>> Wieder am 13. und 22. Februar und am 5. März, Karten unter Tel.: 0351/491555
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