Nach der Vorlage der Studie zu Potenzialen und Restriktionen am Alten Leipziger Bahnhof will sich die Stadtratsfraktion von Bündnis90/Die Grünen für eine zügige Entscheidung zum Masterplanes Leipziger Vorstadt -Neustädter Hafen einsetzen. Auf 1.600 bis 1.700 Wohneinheiten hatten die Experten das Potenzial für das Areal beziffert, das zwischen Leipziger Straße und den Bahngleisen liegt und von der Eisenbahnstraße bis zur Erfurter Straße reicht. „Wir werden mit unseren Kooperationspartnern von Linke und SPD nun über das weitere Verfahren reden“, kündigte Fraktionschef Thomas Löser an. „Die Entwicklung eines neuen Stadtviertels am Alten Leipziger Bahnhof mit Wohnungen und einer lebendigen Kreativszene in unmittelbarer Nähe zur Neustadt, Pieschen und der Elbe ist eine tolle Chance für die Gesamtstadt Dresden“, erklärte Löser.
Bestätigt in ihren Forderungen sieht sich die Bürgerinitiative „Wohnen und Leben am Alten Leipziger Bahnhof“. „Die Studie zeigt deutlich, dass Wohnen hier möglich ist. Darüber freuen wir uns“, sagte deren Sprecherin Judith Brombacher nach einer Pressekonferenz, auf der Baubürgermeister Raoul Schmidt-Lamontain (Grüne) heute die Ergebnisse der Studie präsentiert hat. Pieschen Aktuell hatte bereits vergangene Woche berichtet. Die Bürgerinitiative forderte die Mitglieder des Stadtrates auf, nun den veralteten Aufstellungsbeschluss für einen Globus SB-Markt aufzuheben. Gleiches verlangt auch die Allianz für Dresden. „Die Mischnutzung aus Wohnen, Arbeiten und Kultur ist realistisch und wirtschaftlich, das hat die Stadtverwaltung nun sogar selbst belegt“, betonte Uwe Sochor, Inhaber des Frankreichladen savoir vivre in Pieschen und Mitglied der Allianz für Dresden. „Das ewige Hin und Her beim Alten Leipziger Bahnhof muss ein Ende finden. Es wird Zeit für ein neues Kapitel in der Leipziger Vorstadt“, fügte er hinzu.
Auch die SPD-Stadtratsfraktion plädiert für die Entwicklung eines Wohngebietes. „Die Zweifel an der Eignung des Standortes konnten widerlegt werden“, sagte Hendrik Stalmann-Fischer, Fraktionssprecher für Stadtentwicklung, Bau und Verkehr. „Ich kann mir hier gut ein junges, urbanes Viertel vorstellen. Weltweit wurden in den letzten Jahren alte Bahnflächen in neue Wohn- und Geschäftsquartiere entwickelt. Der Erhalt historischer Gebäude und Betriebsanlagen wird dem Viertel einen eigenen Charme geben. Vorbild kann die ‚Neue Mitte Altona‘ in Hamburg sein, in der alte Güterhallen das Viertel prägen“.
Zweifel an den Schlussfolgerungen der Studie äußerte dagegen Gunter Thiele, der für die CDU-Fraktion im Bauausschuss sitzt. Dass die Wohnbebauung am Standort nicht grundsätzlich ausgeschlossen werden könne, bedeute ja nicht, dass diese dort auch besonders viel Sinn mache. so Thiele. „1.600 Wohnungen und mehr klingt natürlich erst einmal verführerisch. Dabei bilden aus meiner Sicht vor allem die hohen Lärmschutzauflagen und letztlich auch die umweltrechtlichen Belange noch recht hohe Hürden, die zum Schluss ein wesentlicher Kostenfaktor sind“, sagte er. Die CDU-Fraktion werde noch einige Zeit und vor allem noch viele Rahmendaten der Studie zum Abwägen der Situation benötigen.
Nach wie vor suchen Fachleute des Stadtplanungsamtes gemeinsam mit den Vertretern der Globus Holding nach einem alternativen Standort in Dresden. „Ich kann derzeit keinen Zeitpunkt für einen Abschluss der Suche nennen“, sagte Schmidt-Lamontain. Er hält eine einvernehmlich Lösung für möglich. Dann könnte es in vier bis fünf Jahren Baurecht für ein neues Quartier am Alten Leipziger Bahnhof geben. Sollte man sich mit den Globus-Vertretern nicht einigen, würde es ein sehr langer Weg werden.
Die im November 2017 vom Stadtrat in Auftrag gegebene Studie hatte das Stadtplanungsamt gemeinsam mit Planungsbüros und Lärmgutachtern erstellt. „Die städtebauliche Modellstudie führt den Nachweis, dass, den Vorgaben des Masterplanes (Variante 01) folgend, eine Mischnutzung mit hohem Anteil Wohnen im Bearbeitungsgebiet möglich und auch im planungs- und immissionsschutzrechtlichen Sinne zulässig sein wird“, fasste Schmidt-Lamontain das Ergebnis zusammen. „Für Bauherren sei der Aufwand für eine vorgenutzte Innenstadtlage nicht untypisch und führe nicht zu einer Unwirtschaftlichkeit der Investitionen. Die Wertsteigerung liegt deutlich über den zu leistenden Aufwendungen“, betonte der Baubürgermeister.