Erinnerungskultur

Dresdner Erinnerungskultur: Mehr Inhalte und vor allem Deutungsvielfalt

Der vom Stadtrat eingesetzte Ausschuss für Erinnerungskultur hat heute sein Konzept mit dem Titel „Erinnerung vielfältig gestalten“ präsentiert. Es soll künftig die Grundlage für die Gedenkaktivitäten der Stadt sein. Ausdrücklich sind alle zivilgesellschaftlichen Akteure zu gemeinsamen Veranstaltungen eingeladen, macht Bürgermeister Ralf Lunau auf eine zentrale Intension des Konzeptes aufmerksam. „Die Deutungsvielfalt in der Erinnerungskultur hat in der Diskussion eine große Rolle gespielt und zieht sich als roter Faden durch alle Themen“, sagte Lunau. Die Landeshauptstadt beteiligt sich an der Entwicklung der Erinnerunskultur als „in besonderer Weise verantwortliche Akteurin“. Damit stellen die Ausschussmitglieder, zu denen auch vier sachverständige Einwohner gehören, klar, dass die Stadt nicht die Gedenkrichtlinien für alle formulieren will oder kann.

Gemeinsam mit Vereinen, Initiativen und Verbänden will die Stadt auf einer jährliche Konferenz Schwerpunkte der Erinnerungskultur diskutieren und ein Netzwerk der Akteure aufbauen. Für die Unterstützung von Projekten und Tagungen sollen insgesamt 60.000 Euro bereit gestellt werden. Um die Gesamtkoordinierung aller Vorhaben zu personell zu sichern, empfiehlt der Ausschuss die Einrichtung einer entsprechenden Stelle.

Das Konzept listet für das Erinnern Ereignisse, Orte und Personen auf. „Exemplarische und zum weiter entwickeln“, wie Lunau betont. Das reicht von der urkundlichen Ersterwähnung Dresdens am 31.3.1206, über die Einführung der Reformation 1539, die Ausrufung der Republik 1918, die Deportation Dresdner Juden im März 1943, über den Volksaufstand am 17. Juni 1953 bis zur Gründung der Gruppe der Zwanzig 1989 und der Kundgebung mit Helmut Kohl an der Frauenkirche am 19.12. 1989. Auch eine Reihe historisch bedeutsamer Personen werden genannt.

Vor allem daran stoßen sich die Frauenbeauftragte Inge Ulrich und die Gleichstellungsbeauftragte für Frau und Mann Alexandra Kathrin Stanislaw-Kemenah. Beide lehnen in ihren Stellungnahmen das Konzept ab. Es sei zu wenig verständlich formuliert und die Rolle der Frauen bei vielen geschichtlichen Ereignissen nicht berücksichtigt. Das widerspiegele sich auch im Fehlen vieler historisch bedeutsamer Frauen bei der Auflistung der Personen. Ulrich beanstandet zudem, dass bei den definierten Zeitabschnitten die vierzig Jahre DDR und real exisiterender Sozialismus fehlten.

„Es ist ein belastungsfähiges und gutes Konzept entstanden“, meint Joachim Klose, Chef des Dresdner Büros der Adenauer-Stiftung und Moderator der Arbeitsgruppe 13. Februar. „Wir haben gerungen, ohne jemanden niederzuringen“, beschreibt er den einjährigen Diskussionsprozess im Ausschuss, in dem er als sachverständiger Einwohner saß. Karl-Siegbert Rehberg, Soziologieprofessor an der TU Dresden, betont, dass mit dem Konzept auch ein klarer Schwerpunkt auf die inhaltliche Auseinandersetzung mit dem Erinnern gesetzt wird. „Rituale wie die Menschenkette sind notwendig, aber es soll noch mehr geben“, verweist er auf die Ausschussempfehlungen zur inhaltlichen Arbeit.

Stadträtin Margot Gaitzsch war für die Linke-Fraktion an der Arbeit beteiligt. „Insgesamt ist der Ergebnis positiv“, sagt sie und ist besonders froh darüber, dass sich das Konzept nicht auf einen Veranstaltungskalender beschränkt. Sie begrüßt, dass die Stadt sich hier künftig als ein Akteur unter vielen versteht.

Lunau, der die Ausschussarbeit geleitet hat, geht davon aus, dass der Stadtrat noch im Mai vor seiner Neuwahl über das Konzept entscheidet. Zuvor berät der Ausschuss für Erinnerungskultur abschließend über die Vorlage und soll sich dann, so der ursprüngliche Plan, auflösen.

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