Eine der größten Fehlinterpretationen ist die Annahme, dass es sich bei Physiotherapie nur um eine bessere Massage handelt. Zwar ist auch die Massage oft Teil des Behandlungsplans, doch die Therapie selbst ist weit tiefgründiger und kann viel spezifischer auf die Beschwerden abgestimmt werden.
Physiotherapie besteht aus verschiedenen Behandlungsmethoden
So vielfältig wie das Leben selbst sind auch die Ansprüche und Bedürfnisse der Menschen. Erkrankt eine Person und benötigt eine Therapie, richtet sich diese nicht nur bei Ärzten grundsätzlich nach den vorliegenden Beschwerden. Auch Physiotherapie kann in unterschiedliche Bereiche eingeteilt werden und je nach zugrunde liegenden Beschwerden kommen verschiedene Ansätze zur Anwendung. Aber was bedeutet Physiotherapie eigentlich? Das Wort setzt sich aus „Physis (das Erfahrbare, die Natur) und Therapie (Behandlung) zusammen. Es handelt sich also um eine erfahrbare, natürliche Behandlungsmethode bei vielerlei Beschwerden.
Sie kann alternativ oder ergänzend zu Operationen und medikamentösen Behandlungen genutzt werden. Zu den Hauptaufgaben gehören Bewegungstherapien und Krankengymnastik. Ob durch passive oder aktive Bewegung dient die Physiotherapie der Linderung oder gar Behandlung von Beschwerden, die aus unterschiedlichen Gründen entstanden sind. Ziele der Anwendungen können sein:
- Förderung und Verbesserung von Durchblutung und Stoffwechsel
- Verbesserung der Koordination
- Verbesserung und Erhaltung der Kraft
- Stärkung und Erhaltung der Ausdauer und Beweglichkeit
- Verminderung von Schmerzen
Zur Anwendung kommen neben klassischen mechanischen Reizen, zu denen auch die Massage gehört, thermische Reize (Kälte und Wärme), Hydrotherapie (Wasserbehandlung) sowie Elektrotherapie (Behandlung mit Strom). Darüber hinaus spielt oben erwähnte passive und aktive Bewegung eine sehr wichtige Rolle.
Wann wird Physiotherapie nötig?
In Deutschland gab es in den letzten Jahren einen Zuwachs an Physiotherapeuten, denn die Bedürfnisse der Menschen sind gestiegen. Immer mehr Personen klagen über wiederkehrende muskuläre oder knöcherne Beschwerden, Volkskrankheit ist der klassische Rückenschmerz. Physiotherapie kann von Ärzten aber auch bei anderen Beschwerden verordnet werden, hierzu gehören:
- Operationen am Gelenk oder Ersatz von Gelenken
- Durchgemachte Bänder-, und Muskelrisse oder Knochenbrüche
- Amputationen
- Erkrankungen des Zentralnervensystems mit Bewegungseinschränkungen
- Gelenkerkrankungen mit eingeschränkter Mobilität
- Nieren- und Herzerkrankungen
- organische Erkrankungen (Harn- und Geschlechtsorgane, Magen-Darm-Trakt)
Die Auflistung zeigt, wie vielfältig die Ursachen sind, warum Menschen auf einen Physiotherapeuten angewiesen sind. Entsprechend abwechslungsreich sind auch die Therapieoptionen. Die klassischen Rückenbeschwerden benötigten eine andere Behandlung als ein Patient, der nach einem ischämischen Hirninfarkt wieder mobilisiert werden soll.
Die Möglichkeiten der medizinischen Physiotherapie
In modernen physiotherapeutischen Praxen wird die volle Bandbreite der Physiotherapie angeboten. Patienten können direkt von ihrem behandelten Arzt überwiesen werden, haben aber auch die Möglichkeit, sich selbstständig um Physiotherapie zu bemühen. Selbst wenn die Krankenkasse die Kosten hierfür nicht übernimmt (bei eigenem Wunsch ohne medizinische Indikation), kann eine Physiotherapie dennoch Sinn machen! Grundsätzlich lassen sich die Therapieoptionen wie folgt einteilen:
- Die klassische Krankengymnastik: Sie kommt bei Einschränkungen, Erkrankungen und Störungen des Bewegungsapparates zur Anwendung. Das Ziel ist, die Leistungsfähigkeit und Beweglichkeit zu verbessern sowie körperlich schonende Bewegungsabläufe zu erlernen. Staatlich anerkannte Physiotherapeuten dürfen Krankengymnastik anbieten.
- Die manuelle Therapie: Diese Form der Therapie dient vor allem zur Mobilisation bestimmter Körperbereiche und kann durch passive und aktive Bewegungen unterstützt werden. Idealerweise lassen sich die Funktionsfähigkeiten von Muskeln und Gelenken deutlich verbessern.
- Die Gerätetherapie: Bei der medizinischen Trainingstherapie am Gerät können verschiedene Inhalte umgesetzt werden. Das Ziel kann die Wiederherstellung der körperlichen Leistungsfähigkeit sein, wenn eine Verletzung oder ein Unfall den Beschwerden zugrunde liegen. Das Ziel kann aber auch die Therapie chronischer Gelenkbeschwerden sein.
- Die Massage: Massagen werden wiederum in verschiedene Bereiche unterteilt, durch die Bindegewebsmassage beispielsweise wird das Bindegewebe gelockert. Sie kommt bei Verspannungen zum Einsatz. Manuelle Lymphdrainage hingegen unterstützt dabei, den Lymphfluss anzuregen. Massagen werden oft kombiniert mit Krankengymnastik verordnet.
- Rehabilitation von Sportverletzungen: Bei der Sportphysiotherapie geht es primär darum, Sportverletzungen zu behandeln und den Patienten bei der Gestaltung seines Trainings zu unterstützen. Viele ambitionierte Sportler suchen den Physiotherapeuten als Eigenleistung auf, um ihr Trainingsverhalten zu optimieren und die eigenen Fähigkeiten zu trainieren.
Das Element Wasser – für viele Bewegungsübungen von hoher Wichtigkeit
Bei Krankengymnastik geht es vor allem darum, durch passive und aktive Übungen eingeschränkte Gelenke zu mobilisieren sowie die Muskulatur zu kräftigen. Der Übungseffekt kann verstärkt werden, wenn das Training nicht nur auf der Liege durchgeführt wird, sondern im Wasser.
Das Element Wasser hat viele Vorteile für den menschlichen Körper, denn es entlastet Knochen und Gelenke, was Bewegungen erleichtert. Die Schwerkraft geht im Wasser beinahe völlig verloren, sodass auch schwer bewegliche Menschen durch das Element näher an ihre Übungen geführt werden können.
Erfahrene Physiotherapeuten setzen auf unterschiedliche Geräte wie Hanteln, Schwimmbretter, Poolnudeln und vieles mehr, um die Beweglichkeit ihrer Patienten zu fördern. Selbst für Babys und Kleinkinder bietet das Element Wasser bereits viele Möglichkeiten und ihre Bewegungsfähigkeit kann gesteigert werden.
Neben den muskulären Effekten hat Wasser den Vorteil, dass es positiv auf das Herz-Kreislauf-System wirkt. Beim Schwimmen wird die Durchblutung gestärkt, auch Übungen unter Wasser haben einen ähnlichen Effekt. Schuld daran ist der hydrostatische Druck, der die Durchblutung optimiert und zugleich für eine Senkung des Herzschlags sorgt. Ob bei neurologischer Rehabilitation oder bei vorliegenden muskulären Erkrankungen – Wasser bringt viele positive Effekte in die moderne Physiotherapie.
Für welche Altersgruppe ist Physiotherapie geeignet?
Eine Massage können wohl alle Menschen dann und wann gebrauchen, ab einem gewissen Alter wissen wir zu schätzen, wenn kundige Finger die verspannte Muskulatur auflockern. Physiotherapie umfasst mehr als nur Massagen und ist für alle Altersgruppen geeignet. Sie dient einerseits der Behandlung vorhandener Beschwerden, egal ob beim Kleinkind oder beim Erwachsenen, andererseits aber auch der Prävention.
Vor allem ältere Menschen profitieren davon, wenn sie regelmäßig an Physiotherapie teilnehmen. Verliert ein Senior seine Mobilität oder erkrankt bettlägerig, sind es Teams aus Physiotherapeuten, die am Bett für die regelmäßige Mobilisierung sorgen. So soll verhindert werden, dass Muskeln weiter abgebaut werden. Auch wenn der Senior möglicherweise selbst nicht mehr in der Lage ist, seinen Körper entsprechend zu bewegen, kann die externe Bewegung die Muskulatur stärken. Die meisten Profi-Teams bieten nicht nur zahlreiche Anwendungen in ihrer Praxis an, sondern kommen auch im Rahmen eines Hausbesuchs direkt ans Bett.
Als Fazit kann gesagt werden, dass nahezu jeder Mensch von Physiotherapie profitieren kann und dass dahinter weit mehr steckt als nur die klassische Massage.