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Raoul Schmidt-Lamontain will Dresdens neuer Baubürgermeister werden

Nachdem mit Dirk Hilbert (FDP) Dresdens neuer Oberbürgermeister feststeht, wählt der Stadtrat am 6. August sechs der sieben Beigeordneten neu. Die Amtszeit des Beigeordneten für Finanzen und Liegenschaften, Hartmut Vorjohann, geht noch bis Ende 2016. menschen-in-dresden.de stellt die sechs Bewerber vor, heute: Raoul Schmidt-Lamontain.

Diese Nachricht war bei der Auswahl der Beigeordneten durch die Dresdner Stadtratsfraktionen die größte Überraschung: „Beim Bürgermeister für Stadtentwicklung, Bau und Verkehr entschied sich die Fraktion für den 38-jährigen Raoul Schmidt-Lamontain aus Hannover“, erklärte Fraktionsvorsitzende Christiane Filius-Jehne am 24. Juni. Gut zwei Wochen später, am 9. Juli gegen Mitternacht, hatte Schmidt-Lamontain nach kontroverser Debatte auf der Mitgliederversammlung der Dresdner Grünen die Kampfabstimmung gegen den Stadtrats-Fraktionsvorsitzenden und Mitbewerber um das Amt Thomas Löser klar für sich entschieden. „Wir haben uns am Abend davor lange unterhalten“, erzählt Schmidt-Lamontain im Gespräch. Von Lösers Kandidatur habe er erst sehr spät erfahren. Ein Gegenkandidat sei für ihn aber normal, schließlich gehe es auch um ein attraktives Amt. Jetzt freue er sich über das Vertrauen der Dresdner Grünen und hoffe auf gute Zusammenarbeit, auch mit denen, die Löser unterstützt haben.

Beigeordneter für Stadtentwicklung, Bau, Verkehr und Liegenschaften:

Bewerber: Raoul Schmidt-Lamontain (Bündnis90/Die Grünen)
Amtsantritt: 8. Oktober 2015
aktueller Amtsinhaber: Jörn Marx (CDU)

Was gehört zum Amtsbereich?

  • Stadtplanungsamt
  • Bauaufsichtsamt
  • Städtisches Vermessungsamt
  • Hochbauamt
  • Straßen- und Tiefbauamt
  • Liegenschaftsamt (ab 2017)

Raoul Schmidt-Lamontain ist mit einer gebürtigen Wienerin verheiratet, hat ein Kind und nutzt gerade zwei Monate lang die Möglichkeit der Elternzeit. Wird er am 6. August gewählt, steht als nächstes die Wohnungssuche auf dem Programm. „Natürlich werden wir in Dresden wohnen“, meint er. Bis zum Amtsantritt am 8. Oktober werde das aber ganz schön knapp. Dass weder die Hafencity noch Marina Garden bei der Suche in Frage kommen, hat er auch schon erfahren. Auch die unendliche Geschichte der Sanierung der Königsbrücker Straße ist zu ihm vorgedrungen. „Ich werde mir mein eigenes Bild von den Dingen machen und mich mit schnellen Urteilen zurückhalten“, stellte er klar.

Ich war schon immer der Jüngste

Dass viele der Amtsleiter in seinem künftigen Verantwortungsbereich nicht nur alte Hasen, sondern auch deutlich älter sind, stört ihn nicht. „Ich war immer der Jüngste, schon bei meiner ersten Kandidatur in Hannovers Kommunalpolitik“, erinnert sich der 38-Jährige. Als er damals beim Abendessen seine Eltern in seine Absicht einweihte, in Hannovers Nordstadt für die Grünen zu kandidieren, überraschte ihn sein bis dahin politisch eher zurückhaltender Vater mit der Information „ich auch“. Allerdings für die SPD. Beide wurden gewählt, führten sogar Koalitionsverhandlungen im Stadtbezirksrat. „Dann bekamen wir von Mutter und Schwester Politikverbot am Abendbrottisch“, blickt er knapp 20 Jahre zurück. Später war sein Vater Detlev im Stadrat Hannover aktiv, er selbst seit 2006 in der Regionalversammlung. Dort wählte ihn seine Fraktion 2009 zum Vorsitzenden.

Das Projekt Region Hannover findet Schmidt-Lamontain richtig. Die Fusion von Stadt und Umlandkreis habe vieles zum Positiven verändert. Festgefahrene Verkehrsprojekte wurden neu angeschoben, Kliniken und Abfallbetriebe fusioniert, die Gewerbeflächenentwicklung abgestimmt.

Großstadt und Umland zusammen entwickeln


Zum Thema:
Der Stadtrat hat einen neuen Zuschnitt der sieben Amtsbereiche beschlossen. Die abschließende Einigung erfolgt nach der Wahl der Beigeordneten.
>> Neue Verwaltungsstruktur
>> Bisherige Verwaltungsstruktur

„Wir leben in einem gemeinsamen Wirtschaftsraum, in dem auch die Lasten gleichmäßig verteilt werden. Die Großstadt trägt einen Teil der Soziallasten der Umlandkommunen, die Kosten für den Nahverkehr werden gleichmäßig und gerecht verteilt“, nennt er wichtige Vorteile. Um diese Probleme zu lösen, brauche man nicht zwingend das Regionen-Modell aus Hannover. „Aber man muss das Zusammenwirken von Großstadt und Umland besser planen und organisieren“. Davon ist Schmidt-Lamontain überzeugt und man hört es auch, wenn er darüber spricht. In der künftigen Beigeordneten für Umwelt und Kommunalwirtschaft, Eva Jähnigen von den Grünen, hat er da eine begeisterte Mitstreiterin. Auch sie plädiert für ein besseres Miteinander von Stadt und Umland. Zwei weitere Dinge hat sich der künftige Baubürgermeister auf die Fahnen geschrieben. Bürgerbeteiligung und Radwege. Die rechtzeitige Einbeziehung der Einwohner in die Planungsprozesse sei enorm wichtig, meint Schmidt-Lamontain. Und verfügbare Investitionsmittel für den Radwegeausbau nicht nutzen – da müsse schon viel passieren bei einem Amtsinhaber aus der Fahrradpartei.

Das Geheimnis des Namens

Schmidt-Lamontain hat Architektur und Stadtplanung studiert, ist seit fünf Jahren in der Stadtverwaltung der Landeshauptstadt Hannover als Koordinator in der Stadterneuerung tätig und beschäftigt sich mit städtebaulichen Rahmenplänen und dem Stadtumbau in mehreren Hannoveraner Stadtteilen, darunter sozialen Problemgebieten. Er habe die Stadtratsfraktion der Grünen bei seiner Vorstellung „durch seine breite stadtplanerische Erfahrung beeindruckt, seine Ideen für eine ökologische und soziale Entwicklung der Stadt Dresden und sein gewinnendes und zupackendes Auftreten“, meinte Fraktionsvorsitzende Filius-Jehne. „Wir Grünen setzen mit ihm auf einen energischen Neustart in der über viele Jahre vernachlässigten und unkoordinierten Entwicklung der Landeshauptstadt“, formuliert sie auch gleich den Maßstab, an dem sich der künftige Beigeordnete messen lassen muss.

Am Ende unseres Gespräches verrät der Noch-Hannoveraner das Geheimnis des Nachnamens. „Der kommt von meinem Großvater“, erzählt er. Der hieß Otto Schmidt und fand, dass sein Name eher ein Sammelbegriff sei. Darum kombinierte er Schmidt mit dem Nachnamen seiner Frau zu Schmidt-Lamontain und dokumentierte so außerdem die hugenottischen Wurzeln der Familie. „So einfach war das“, meint der Enkel. Das sei eigentlich gar kein Doppelname mehr.