Thema: Stadtrat

Kristin Kaufmann: Ich will nicht in den Sandkasten springen und alle Burgen einreißen

Nachdem mit Dirk Hilbert (FDP) Dresdens neuer Oberbürgermeister feststeht, wählt der Stadtrat am 6. August sechs der sieben Beigeordneten neu. Die Amtszeit des Beigeordneten für Finanzen und Liegenschaften, Hartmut Vorjohann, geht noch bis Ende 2016. menschen-in-dresden.de stellt die sechs Bewerber vor, heute: Kristin Klaudia Kaufmann.

Sie ist schon im Beigeordneten-Modus. Und sie brennt förmlich für das Thema Wohnen. Der gerade gefundene gemeinsame Nenner mit der CDU macht es Kristin Kaufmann mit der neuen Stabsstelle zur Koordinierung der städtischen Wohnungspolitik etwas leichter. Die promovierte Wirtschafts- und Sozialgeografin ist eine der beiden Beigeordneten, für die die Stadtratsfraktion Die Linke das Vorschlagsrecht hat. Und die Stabsstelle ist neu im Verantwortungsbereich der oft so genannten „Sozialbürgermeisterin“.

Beigeordnete für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Wohnen:

Bewerberin: Dr. Kristin Kaufmann (Die Linke)
Amtsantritt: 12. September 2015
aktueller Amtsinhaber: Martin Seidel (parteilos)

Was gehört zum Amtsbereich?

  • Sozialamt
  • Gesundheitsamt
  • Städtische Krankenhäuser
  • Beteiligung der Stadt am Jobcenter
  • Neue Stabsstelle zur Koordinierung der stätischen Wohnungspolitik

Als einzige Fraktion schickt die Fraktion Die Linke zwei Frauen bei der Beigeordnetenwahl am 6. August in die Abstimmung. Annekatrin Klepsch kandidiert als Beigeordnete für Kultur und Tourismus. Dass das von Teilen des Stadtvorstands geplante Duo Klepsch und Falk Neubert nicht antritt, ist der Kampfabstimmung auf dem außerordentlichen Stadtparteitag am 7. Juli zu verdanken. Der als Sozialbürgermeister favorisierte Landtagsabgeordnete Neubert unterlag der Stadträtin Kaufmann, nachdem es zuvor im erweiterten Stadtvorstand ein Patt von 16 zu 16 bei einer Enthaltung gegeben hatte. „Es war ein unschöner Start“, meint Kaufmann drei Wochen später. „Aber ich habe die Mitglieder überzeugt und das freut mich auch heute noch“, fügt sie hinzu.

Dass das Thema Wohnen bisher vorrangig als baupolitisches Thema behandelt wurde, will sie ändern. „Mein Anspruch ist, dass die Stadtpolitik die soziale Komponente des Wohnens besser begleitet“, sagt sie. Kaufmann arbeitet seit zweieinhalb Jahren in einem Forschungsunternehmen von Dekra und TÜV und beschäftigt sich dort viel mit der demografischen Alterung der Gesellschaft. Zuvor hat sie an der TU Dresden und zwei Leibniz-Instituten akademisch gearbeitet. Erst am Institut für Regionalentwicklung und Strukturplanung, wo sie ihre Promotion zum Thema „Kommunikation und Handeln lokaler Akteure des Wohnungsmarkts nach der Komplettveräußerung kommunaler Wohnungsbestände“ Ende 2012 verteidigt hat, dann am IÖR in Dresden. Jetzt will sie in Zusammenarbeit mit den anderen Dezernaten das Problembewusstsein für alle Facetten des Wohnens schärfen.

„Ich habe viele Visionen, ein festgezurrtes Budget und einen begrenzten Personalumfang“, meint die 38-Jährige und weiß um ihren Spielraum. „Ich will auch nicht in den Sandkasten springen und alle Burgen kaputt machen“, sagt sie und macht gleichzeitig einen Anspruch an die Beschäftigten deutlich. „So wenig wie möglich Dienst nach Vorschrift“, sei eine ihrer Hoffnungen auf ein konstruktives Arbeitsklima. Ein Krankenstand von 9 Prozent zeige, unter welch hoher Belastung die Beschäftigten in den Ämtern arbeiten würden. Sie will mit „pfiffigen Ideen“ dafür sorgen, dass die Belastung in ihrem künftigen Verantwortungsbereich gleichmäßiger verteilt wird und dafür viele Ideen der Mitarbeiter einsammeln. „Graupelarbeit“ nennt sie das.

Kaufmann kennt die Zahl der Flüchtlinge, die allein im Juli und August nach Dresden kommen. Wenn sie ihr Amt am 12. September antritt, ist das Zeltlager in der Bremer Straße vielleicht schon wieder Geschichte, die Probleme sicher nicht. Die Erstaufnahmeeinrichtung und eine Containerlösung für die Unterbringung von Flüchtlingen kommen garantiert. Auch wenn hier die Verantwortung beim Freistaat liegt, sind die Konflikte, die daraus resultieren, doch eher lokal. Mit Blick auf ihre sieben Jahre Amtszeit hofft Kaufmann, dass es gelingt,  vielen der Flüchtlinge in der Stadt eine neue Heimat zu geben. Sie sollten dann in vielen Stadtteilen und Quartieren wohnen und Bestandteil der Stadtgesellschaft sein, meint sie.


Zum Thema:
Der Stadtrat hat einen neuen Zuschnitt der sieben Amtsbereiche beschlossen. Die abschließende Einigung erfolgt nach der Wahl der Beigeordneten.
>> Neue Verwaltungsstruktur
>> Bisherige Verwaltungsstruktur

Ein anderer Anspruch betrifft die Langzeitarbeitslosigkeit. „Dieses Thema ist nicht mehr im Fokus der Aufmerksamkeit“, sagt Kaufmann und möchte die öffentliche Beschäftigung neu beleben. Beim Thema öffentliche Beschäftigung wird sich auch der künftige Oberbürgermeister Dirk Hilbert (FDP) an sie wenden. Er will in Dresden ein Beschäftigungsprogramm für Flüchtlinge auf die Beine stellen und die Stadt damit zum deutschlandweiten Vorzeigebeispiel machen . „Zu Dirk Hilbert habe ich ein gutes Verhältnis“, sagte die künftige Beigeordnete.

Privates fasst Kaufmann kurz zusammen: „Ich habe ein Kind, einen Mann, zwei Katzen und weitere zwei Kinder meines Mannes, die regelmäßig da sind.“ Alle fahren gern Fahrrad und lieben Geocaching. „Es macht einfach unheimlich viel Spaß, wenn man einer Schatzkarte folgen muss“, schwärmt Kaufmann. Außerdem kommt man an Orte, die man sonst nicht sehen würde, oder zumindest nicht aus der Perspektive des Schatzes, den es zu finden gilt.

Kaufmann hat nicht nur Geografie studiert, sondern ist auch zertifizierte Projektmanagerin. Projektarbeit sei sehr verbindlich, meint sie. Schon in der Startphase eines Projektes würden alle Personen und Organisationen, deren Interessen durch den Verlauf oder die Ergebnisse des Projektes betroffen sind, analysiert. Die Interesse der Beteiligten müssten dabei transparent gemacht werden. Die Projektmanagerin kann sich gut vorstellen, dass es künftig mehr Projektarbeit in der Verwaltung gibt. Da wird dann wohl doch diese oder jene Sandburg dran glauben müssen.