Kurz vor ihrem einjährigen Jubiläum im Oktober verzeichnet Pegida in Dresden wieder deutlichen Zulauf. Bei der Demonstration am Montag Abend versammelten sich nach Angaben der Studentengruppe durchgezaehlt zwischen 7.000 und 7.500 Teilnehmern auf dem Theaterplatz an der Semperoper. Vor dem Schauspielhaus haben Pegida-Demonstranten während es Umzuges Kinder angepöbelt. Die Kinder waren Teilnehmer des „Schultheater der Länder“ und sahen sich bei Verlassen des Schauspielhauses plötzlich dem Pegida-Umzug gegenüber. Unter den Kindern waren viele mit Migrationshintergrund. Nach Angaben der Veranstalter wurden sie von Pegida-Demonstranten verbal beschimpft und mit Gesten bedroht.Das Kultusministerium entschuldigte sich bei den Kindern in einem offenen Brief. Ein Polizeisprecher bestätigte die verbalen Attacken auf die Kinder. Die Situation sei „durchaus verstörend und bedrohlich gewesen“. Pegida-Chef Lutz Bachmann wies die Vorwürfe nach Angaben von Radio Dresden zurück.
Zulauf bei Demos und bei Facebook
Während in den Ferienmonaten die Zahlen um die 3.000 schwankten, geht es seit der Demo am 24. August mit rund 4.000 Pegida-Anhängern Woche für Woche wieder deutlich nach oben. Das findet auch auf der Facebook-Seite seinen Niederschlag. Die Anhängerschar ist wieder auf über 162.000 gestiegen, nachdem die Zahl monatelang um die 158.000 schwankte. 77 Prozent der Facebook-Likes für Pegida kommen aus Deutschland. Ganz im Gegensatz zum häufigen Pegida-Gastredner Ignaz Bearth aus der Schweiz. Der sterntv-Likecheck weist für dessen Facebook-Seite gerade mal 4 Prozent der Likes aus der Schweiz aus, dafür aber über 30 Prozent aus Indien und weitere 10 Prozent aus dem Kosovo und Serbien. Social-Media-Experten sehen darin ein klares Indiz für gekaufte Likes. Ein Sprechchor wurde dazu von den Pegida-Dichtern noch nicht verfasst.
In der Spitzengruppe der Artikel mit den meisten Likes auf der Pegida-Facebookseite findet sich laut Analysetool likesalyzer.com ein Beitrag vom 19. September, in dem Horst Seehofer dem ungarischen Ministerpräsidenten Orban für sein Vorgehen an der ungarischen Grenze dankt – 3.686 Likes und 1.415 mal geteilt. Auch Dresdens Ex-OB-Kandidatin und Pegida-Vereinsmitglied Tatjana Festerling, die sich erst an der ungarisch-serbischen Grenze und jetzt wieder an der Spitze des Pegida-Zuges zeigte, stimmte in den Chor ein und trug ein Danke-Orban-Poster. Orban schütze Europa „vor den Horden der Invasoren aus dem Nahen Osten“, schrieb Festerling. Weil sie im Namen von ganz Deutschland dankte, startete vor drei Tagen eine Protest-Petition auf change.org unter dem Titel „Sprechen Sie nicht im Namen von Germany/Deutschland … Sie sind nicht Deutschland“. Die an Festerling gerichtete Petition haben inzwischen fast 2.000 Sympathisanten unterzeichnet.
AfD schmeichelt sich ein
Pegida profitiert offenbar von dem seit Sommer anwachsenden Zustrom von Flüchtlingen nach Deutschland und auch nach Dresden. Obwohl der Anteil der Asylsuchenden aus den Balkanländern inzwischen deutlich gesunken ist und Kriegsflüchtlinge aus Syrien und Afghanistan deutlich überwiegen, transportieren die Reden im wesentlichen die gleichen Botschaften. Auch die Redner unterscheiden sich von denen der letzten Monate kaum, auswärtige „Prominenz“ kam nicht nach Dresden. Die Reden gleichen sich, die Sprechchöre auch. Angela Merkel, Bundesregierung und Landesregierung sind Volksverräter und sollen zurücktreten. Die Flüchtlinge sind in der Überzahl zu Unrecht im Land. Hinzu gekommen sind Sprechchor-Variationen zum Thema „Pack“ und „Widerstand“. Neu war lediglich die vergangene Woche von Pegida-Vereinschef Lutz Bachmann angekündigte Gründung einer Pegida-Partei, um bei Wahlen bis hin zur Bundesebene antreten zu können.
Während sich die von Bachmann kritisierte AfD auf Landesebene vornehm mit Kommentaren zur Parteigründung zurückhielt, reagierte der Dresdner AfD-Kreisverband überraschend mit einem im einschmeichelnden Ton verfassten offenen Brief. Gemeinsam freue man sich über die wachsende Zahl von Pegida-Demonstranten, und dass darunter auch so manche Mitglieder, Förderer und Interessenten der AfD sind. Warum sich der Kreisverband bei Bachmann dafür bedankt, dass er AfD-Positionen einer so breiten Menge vermitteln konnte, bleibt unklar. Vor allem aber lassen die AfD-ler im Dunkeln, von welchen der Bachmann-Positionen und von welcher Kundgebungs-Rhetorik sich sich eher distanzieren würden.
Im kommenden Monat feiert Pegida einjähriges Jubiläum. Wenn die angekündigte Parteigründung erfolgt, wird Bachmann nach eigenen Worten nicht auf den Kandidatenlisten zu Wahlen auftauchen. „Auf Grund meiner allseits bekannten Vorstrafe mit Bewährung bin ich rechtlich gesehen bis 2019 überhaupt nicht selbst wählbar. Ich kann also selbst überhaupt keinen Vorteil daraus ziehen und werde demzufolge in der neuen Partei nur einfaches Mitglied sein“, erklärte er am 16. September in einem Facebook-Post.