Lohmeyer Johannes

Tourismusverband Dresden konstatiert schwerste Krise seit der Wende

Der Tourismusverband Dresden schlägt Alarm. Ein ganzes Bündel an Ursachen habe dazu geführt, dass sich der Dresdner Tourismus „in der schwersten Krise seit der Wende“ befindet, erklärte Verbandschef Johannes Lohmeyer gestern auf der Mitgliederversammlung. Die Bettensteuer, die Reduzierung der verkaufsoffenen Sonntage, das wegbrechende Russlandgeschäft, das seit Jahren chronisch unterfinanzierte Stadtmarketing und die weiter wachsende Bettenzahl in Hotels zählte er als Ursachen für den Rückgang der Übernachtungszahlen in Dresden auf.

Zitate aus Mails an Dresdner Reiseagenturen:

„Ich möchte mir nicht durch Horden hasserfüllter Pegida-Anhänger den Weg in die Oper bahnen. Dresden? Nein Danke“

„… Ihr Kulturangebot fasziniert mich. Doch leider fühle ich mich in der rassistischen Umgebung Dresdens nicht mehr wohl. Bitte deshalb um Verständnis, wenn ich schweren Herzens mich dort fernhalte…“

„… Vielen Dank für das Angebot. Wir lieben die wunderschöne Stadt Dresden, aber wegen der letzten Begebenheiten in der Stadt und Umgebung möchten
wir vorerst Dresden nicht besuchen. …“


Dabei habe sich der August mit einem Minus von 6 Prozent – bedingt auch durch die extreme Hitze – als dramatisch schlecht erwiesen. Insgesamt seien die Übernachtungen in den ersten acht Monaten um 3 Prozent gegenüber dem Vorjahr gesunken, so Lohmeyer. Die seit Juli 2015 erhobene Bettensteuer sei deutschlandweit die zweithöchste Abgabe dieser Form. „Wir haben dadurch schon sehr viel Geschäft verloren, und dies wird sich in den kommenden Jahren fortsetzen“, sagte der TVD-Vorsitzende. Auch die um 2,5 Prozent gewachsene Bettenzahl trage zu dem schlechten Ergebnis bei.

Verschärft werde diese Situation durch die seit einem Jahr anhaltenden Pegida-Demonstrationen. Aus dem sympathischen Vorzeigeland Sachsen und seiner wegen ihrer Schönheit gepriesenen Landeshauptstadt sei innerhalb kürzester Zeit in der öffentlichen Wahrnehmung eine hässliche Nazihochburg geworden. Eine „völlig überzogene und tendenziöse Berichterstattung in den Medien“ habe dazu ebenfalls beigetragen, meinte Lohmeyer. Die Pegida-Anhänger seien eine „verschwindend kleine Minderheit“ und würden dennoch die „Deutungshoheit über das Image unserer Stadt“ beanspruchen, konstatierte Lohmeyer. Er rief die 200 Mitglieder des Tourismusverbandes auf, mit vielfältigen Ideen für ein anderes Image der Stadt zu sorgen.

Mitglieder sind neben Hotels und Reiseagenturen auch die Gastronomie, Kultureinrichtungen und Reiseführer. Wie zum Beispiel die selbständige Stadtführerin Karolina Borowski. Sie würde sich wünschen, dass der Tourismusverband einfach entschiedener Flagge zeigt gegen fremdenfeindliche Hetze. Und dass es mehr Ideen gebe, die Plätze in Dresden am Montag mit positiven Botschaften zu besetzen. „Warum kann man montags auf dem Theaterplatz nicht einfach Opern hören oder klassische Musik“, fragt die Stadtführerin.

Karolina Borowski spürt in den Gesprächen mit Veranstaltern von Tagesreisen, wie schwierig das Geschäft derzeit ist. Viele Menschen fühlten sich verunsichert, die Veranstalter würden ihre Busse nicht voll kriegen. „Mit 15 statt 40 Buchungen pro Bus fahren wir nicht“, so die Antwort. Und der Montag werde bei Tagesfahrten ohnehin gemieden. Auch bei Schulklassen sei der Rückgang deutlich spürbar. Man wolle den Kindern eine fremdenfeindliche Stadt einfach nicht zumuten, so die Erklärung. Die Stadtführerin ist auch selbst schon mit ihren Gruppen an den Rand von Pegida-Demos geraten. „Meine Gäste waren entsetzt von den Parolen und Transparenten“, sagt sie. Um der negativen Wahrnehmung der Stadt etwas entgegenzusetzen, poste sie seit einiger Zeit die schönen Bilder von Dresden über Twitter und Facebook.

Nach Angaben von Lohmeyer ist der Tourismus der zweitwichtigste Wirtschaftszweig der Stadt. Der Jahresumsatz, den der Tourismus in Dresden erwirtschaftet, wird mit rund 1 Milliarde Euro beziffert. Ein Viertel des Umsatzes machen die Touristen im Einzelhandel. Nach der Mikroelektronik sei die Tourismusbranche mit 24.000 Beschäftigten der zweitgrößte Arbeitgeber in Dresden. Lohmeyer kündigte für den 19. März eine Neuauflage des Dresdner Tourismustages an, der 2015 mit rund 5.000 Gästen in den Mitgliedsbetrieben des Verbandes erstmals stattgefunden hatte. Der Verband stehe für ein weltoffenes Dresden, betonte Sprecherin Uta Schirmer. Er sei laut Satzung eine „politisch und konfessionell neutral“ und lehne „jegliche Form von Extremismus, Gewalt und Fremdenfeindlichkeit ab“.

 

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