Für die Erprobung von Tempo 30 als Regelhöchstgeschwindigkeit in einem Dresdner Stadtgebiet hat sich gestern der Stadtbezirksbeirat Pieschen ausgesprochen. Mit 9 zu 8 Stimmen fiel das Votum für einen Antrag der Stadtratsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen äußerst knapp aus. Gleichzeitig wurde der Vorschlag der Pieschener Grünen abgelehnt, einen entsprechenden Modellversuch im Stadtbezirk Pieschen zu starten. Hier ging es mit 9 Ja- zu 9 Nein-Stimmen noch knapper zu. Ein Pilotprojekt für mehr Sicherheit auf dem Schulweg wurde dagegen einstimmig befürwortet.
Tempo 30 als Regelgeschwindigkeit
Grünen-Stadträtin Ulrike Caspari hatte den Antrag ihrer Fraktion erläutert. Ausgangspunkt sei ein am 17. Januar 2020 vom Bundestag gefasster Beschluss „Sicherer Radverkehr für Vision Zero im Straßenverkehr“, der in 16 Punkten verschiedene Maßnahmen auflistet, die das gemeinsame Ziel haben, „mittelfristig die Anzahl der Verkehrstoten auf Null zu senken“. Unter anderem soll durch eine Änderung der gesetzlichen Vorgaben ermöglicht werden, dass Kommunen „innerorts die Geschwindigkeitsbegrenzung von Tempo 30 km/h für ganze Straßen unabhängig von besonderen Gefahrensituationen anordnen“ können und in Modellprojekten zu untersuchen, „wie es sich auf den Straßenverkehr in Kommunen auswirkt, wenn ein generelles Tempolimit von 30 km/h angeordnet und nur auf Hauptverkehrsstraßen Tempo 50 zugelassen wird“. Dies sei zwar inzwischen Bundesrecht, aber noch nicht umgesetzt, so Caspari. In sieben Städten wären inzwischen Modellprojekte gestartet. „Da könnte Dresden mitmachen“, sagte die Stadträtin.
Weil in Dresden bereits in 90 Prozent des Nebenstraßennetzes eine derartige Geschwindigkeitsbegrenzung gilt – darauf verwies auch Caspari – gestaltete sich die Debatte schwierig. Und so meinte auch Alexander Wiedemann (AfD), dass das Ziel bereits erreicht sei. Er warnte vor den Folgen für den Nahverkehr, wenn die Busse sich an das Tempo 30 der Autos anpassen müssten. „Das macht den ÖPNV unattraktiv“, sagte er. Und Tino Jasef (Freie Wähler) ergänzte, dass den Verkehrsbetrieben sowohl die Fahrzeuge als auch das Personal für die dann notwendige Erhöhung des Taktes fehle.
In Pieschen, so Christoph Böhm (CDU) gebe es gar keine Bereiche mehr, wo man noch Tempo 30 im Nebenstraßennetz einführen könnte. Die Wirkung dieses Antrages für unseren Stadtbezirk wäre dann gleich Null. Rebecca Overmeyer (SPD) widersprach und verwies auf die besonders für Radfahrer gefährliche Bürgerstraße mit ihren Straßenbahngleisen. Franziska Lordick (Grüne) stellte den gemeinsamen Antrag von Grünen, SPD und Linken vor, in dem vorgeschlagen wird, „den Stadtbezirk Pieschen zur Modellregion für Tempo 30“ zu machen. Es gehe um einen Wechsel der Sichtweise. Grundsätzlich soll Tempo 30 gelten und nur auf Hauptstraßen Tempo 50 erlaubt sein. Der Antrag scheiterte dann jedoch, weil nicht alle Stadtbezirksbeiräte der Linken dafür stimmten.
Regeln für Elterntaxis und Schulwegpläne fürs Rad
In einem weiteren Antrag ging es um mehr Sicherheit auf dem Schulweg. Die Stadtratsfraktionen von Linke, Grünen und SPD wollen Haltemöglichkeiten zum Absetzen von Schulkindern in etwa 250 Metern Entfernung vom Schulstandort bei gleichzeitigem Halteverbot vor der Schule testen. Dabei berufen sie sich auf entsprechende Studien des ADAC, die entsprechende Versuche in anderen Städten ausgewertet hat. „Viele Eltern bringen ihre Kinder regelmäßig mit dem Auto in die Schule. Dabei kommt es vor Schulbeginn zu chaotischen und gefährlichen Situationen. Auf Grund von Platzmangel stehen Autos in der 2. oder 3. Reihe und kleine Grundschulkinder können leicht übersehen werden. Daraus ist die Idee der Einrichtung der Elternhaltestellen entstanden: Zu einem festen Zeitfenster wird ein Halteverbot vor den Schulen eingerichtet. Gleichzeitig wird ein Haltebereich in einer Entfernung von ca. 250 Metern zur Schule festgelegt. In diesem Bereich können die Eltern ihre Kinder sicher absetzen. Die Kinder laufen dann den restlichen Weg zur Schule“, erläuterte Caspari den Inhalt des Antrages. Die Stadtverwaltung soll nun aufgefordert werden, fünf geeignete Schulstandorte für das Pilotprojekt vorzuschlagen.
In einem weiteren Punkt spricht sich der Antrag für die aktive Einbeziehung von Kindern und Jugendlichen in die Stadt- und Verkehrsplanung. Dabei geht es vor allem um die Erstellung von Schulwegplänen. Bisher würden entsprechende Pläne für Schülerinnen und Schüler, die mit dem Rad zur Schule kommen, fehlen. Wichtig sei zudem, in diese Diskussion auch die Schulen mit einzubeziehen.