Drei Stadtratsmandate werden durch die Wahl von Kristin Kaufmann, Annekatrin Klepsch und Peter Lames zu Beigeordneten im Rathaus frei. Bereits am 3. September werden Annekatrin Klepsch (Die Linke), die künftige Kulturbürgermeisterin und Peter Lames (SPD) offiziell im Stadrat verabschiedet. Für Klepsch rückt der Mediziner Dieter Scheuch nach. Der emeritierte Professor für Pathologische Biochemie ist 85 Jahre alt und ein Kämpfer gegen die Altersdiskriminierung. „Wer gesund ist und sich gut fühlt, soll arbeiten dürfen. Ich bin auch gegen eine Altersbegrenzung bei Wahlämtern wie zum Beispiel bei Bürgermeistern“, sagte Scheuch im Gespräch. Das Engagement im Stadtrat und im Rathaus sind für ihn kein Neuland. Seit fast zwanzig Jahren arbeitet Scheuch aktiv im Beirat „Gesunde Städte“, einem WHO-Projekt, mit. Von 1994 bis 1999 war er schon einmal gewählter Stadtrat. „Ich weiß, was auf mich zukommt“, sagte er darum. Schon damals hätten die Linken gute Vorlagen erarbeitet, seien aber an der konservativen Mehrheit gescheitert, erinnert er sich und freut sich, dass die Chancen mit der rot-grün-rot-orangenen Stadtratskooperation jetzt besser stehen. Seine Fraktionskollegen werden sich an alte Kommunikationswege mit ihrem neuen Fraktionsmitglied gewöhnen müssen. „Eine e-Mail-Adresse habe ich nicht“, meinte Scheuch.
Zwei Nachfolger für Peter Lames
Der langjährige Vorsitzende der SPD-Stadtratsfraktion Peter Lames braucht gleich zwei Nachfolger. Als neuer Fraktionschef stellt sich Christian Avenarius zur Wahl. Zumindest für eine Übergangszeit will er die Fraktion und den Dresdner SPD-Unterbezirk in Personalunion leiten. Den Posten hatte er erst im vergangenen September nach einer Kampfabstimmung gegen die langjährige Vorsitzende Sabine Friedel übernommen. „Auf Dauer ist die Doppelfunktion aber keine Lösung“, sagte Avenarius.
Als Stadträtin rückt Kristin Sturm nach. Sie hatte hinter Lames im Elbhang-Wahlkreis 5 mit Weißer Hirsch, Bühlau, Pillnitz und Weißig kandidiert. „Ich bin eine Ursozialdemokratin“, sagt sie über sich und das klingt fast, als wäre sie mindestens so alt wie Dieter Scheuch. Sie ist erst 1985 geboren, aber bereits mit 17 Jahren in Nordsachsen zu den Jusos gegangen. „In einer Demokratie muss man sich engagieren“, beschreibt sie ihre Grundüberzeugung, der sie während ihre Ausbildung zur Hauswirschafterin, dann auch als Ausbilderin, während des Abendabiturs und später als Studentin an der TU Dresden und als Ortsbeirätin in Loschwitz treu geblieben ist. Jetzt macht sie gerade ihren Master in Volkswirtschaftslehre. Seit 2007 lebt sie in Dresden, hat ihren Mann über die SPD kennengelernt. Mike Sturm ist Vorsitzender des SPD-Ortsvereins Elbhang-Schönfelder Hochland. Mit Kristin Sturm kommt nun eine Frau die zweite Frau in die nach der Stadtratswahl im Mai 2014 nur aus Männern bestehende SPD-Fraktion. Im Januar dieses Jahres hatte Dana Frohwieser die frauenlose Zeit als Nachrückerin von Albrecht Pallas beendet. Obwohl Sturm eine erklärte Anhängerin der Frauenquote und der Lohngleichheit ist, sich auch in der Arbeitsgemeinschaft sozialdemokratischer Frauen engagiert, will sie als Volkswirtin gern das wirtschaftspolitische Profil der Fraktion schärfen. „Die Förderung des Mittelstandes ist für mich ein zentrales Thema“, erklärt sie und hofft auf einen Sitz im Ausschuss für Wirtschaftsförderung.
Ein Semper-Star für die Linke-Fraktion
Die dritte Nachrückerin – für die künftige Sozialbürgermeisterin Kristin Kaufmann – ist Rica Gottwald. Sie wird erst auf der zweiten Septembersitzung des Stadtrates in den Reihen der Fraktion Die Linke Platz nehmen.
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Die studierte Lehrerin für Mathematik und Geografie unterrichtet an der 30. Oberschule in der Dresdner Neustadt auch Biologie, weil in diesem Fach das Personal knapp ist. „Die Entscheidung für den Stadtrat ist mir nicht leicht gefallen“, sagt sie am Telefon. Es ist Nachmittags, im Hintergrund sind die Stimmen von Kindern zu hören – sie sind noch im Wald unterwegs. Rica Gottwald ist eine engagierte Frau. Schulgarten, Schülerrat, Theatergruppe, Jugendweihe-Verein – da habe sie überlegt, ob sie die Arbeit im Stadtrat noch schaffen könne. Die Fraktion habe ihr Unterstützung zugesagt. „Ich will das versuchen und bin schon total aufgeregt“, freut sie sich jetzt auf eine weitere Herausfoderung. Die Mutter von vier fast erwachsenen Kindern ist 1963 geboren und alleinstehend. „Drei wohnen noch bei mir“, sagt sie und fügt hinzu, dass auch wenn sie größer sind, noch viel Zeit für Kinder nötig ist. Die Frau, die sich, wie sie selbst sagt, wie 23 fühlt, singt sehr gern und offenbar auch sehr gut. Im vergangenen Jahr ist sie beim Tag der offenen Tür in der Semperoper zum „Semper-Star“ gekürt worden. Ihre Hausbewohner hatten sie dort angemeldet und dann hat sie die Jury nicht etwa mit einer Arie, sondern mit dem Chanson „Der Graben“ von Kurt Tucholsky und Hans Eisler überzeugt.
Ein Kämpfer gegen die Altersdiskriminierung, eine Volkswirtin, die sich den Abschluss auf dem langen Bildungsweg erkämpft und eine engagierte Lehrerin und Mutter von vier Kindern – das sind die neuen Gesichter im Stadtrat von Dresden.