Im Machtgefüge zwischen Oberbürgermeister Dirk Hilbert (FDP) und der rot-grün-roten Stadtratsmehrheit knirscht es kräftig. Heute sorgten Linke, Grüne und SPD für eine Vertagung der von Hilbert eingebrachten Vorlage zur Stellvertreter-Regelung. Auch zur Verteilung der Geschäftsbereiche bei den Beigeordneten gibt es Zoff. Aus Sicht von rot-grün-rot agiert Hilbert zu viel im Alleingang. Es fehle die in dem komplizierten Machtgefüge notwendige Abstimmung mit den Fraktionsspitzen der Stadtratsmehrheit. Offen sagen will das derzeit niemand. Unisono heißt es, dass man dies intern mit dem Oberbürgermeister klären wolle. Hinter den rot-grün-roten Kulissen ist die Rede von einem Gesamtpaket aus Geschäftsverteilungsplan, Stellvertreter-Regelung und der Frage, welche Beigeordneten künftig in welchen der 17 Aufsichtsräte der städtischen Beteiligungen sitzen.
Die Quittung für Hilbert folgte prompt. Gestern Abend vertagte der Aufsichtsrat der Technischen Werke Dresden GmbH die Wahl des Aufsichtsratsvorsitzenden. Einziger Kandidat war der Oberbürgermeister. Der war, so sagen einige der Beteiligten hinterher „stinksauer“. Dabei ging es gar nicht um die Frage, ob Hilbert den Aufsichtsrats-Vorsitz im größten städtischen Beteiligungsunternehmen innehaben soll. Das ist bei den rot-grün-rot Aufsichtsratsmitgliedern kaum umstritten. Offenbar sieht rot-grün-rot auch wenig Alternativen zur Wahl von Detlef Sittel als 1. Bürgermeister. Das werde schon so werden, heißt es, aber erst, wenn das Klima stimmt.
„Solche Spielchen lehne ich ab“, sagte Hilbert heute auf Anfrage. Er habe den neuen und alten Beigeordneten Vorschläge unterbreitet, in welche Aufsichtsräte er sie entsenden will und eine Bedenkfrist eingeräumt. „Diese ist noch nicht vorbei“, sagte er. Gleichzeitig stellte er klar: „Diese Fragen sind für mich keine Verhandlungsmasse“. Auch die Vertagung der Stellvertreter-Regelung durch Linke, Grüne und SPD stieß bei ihm nicht auf Verständnis. Seit 3. September sei den Fraktionen von Linke, Grünen und SPD sein Vorschlag bekannt. Nachdem in zwei Sitzungen des Ältestenrates keine Bedenken angemeldet worden seien, habe er die Vorlage nun eingereicht. „Wir haben andere Probleme zu lösen, statt solche Spielchen zu spielen“, sagte er und wurde dafür prompt von CDU. FDP und AfD beklatscht.
Rot-grün-rot sieht das anders. „Man kann nur miteinander arbeiten, wenn man sich gegenseitig respektiert“, mahnte heute SPD-Fraktionschef Christian Avenarius im Stadtrat. Rot-grün-rot habe die Mehrheit im Stadtrat, Hilbert die Kandidatin der Mehrheit bei der Oberbürgermeisterwahl geschlagen. „Das ist ein Spannungsfeld, mit dem wir die nächsten Jahre leben müssen“, sagte er.
Am Wochenende hat Hilbert zur Klausur eingeladen. Neben den Beigeordneten nehmen auch die Fraktionsvorsitzenden teil. Das ist ein Novum. Man will sich kennenlernen, aber auch erste Weichen für eine langfristige gemeinsame Strategie stellen, die weiter reichen soll, als Wahlperioden. Eine Klimaprognose wollte niemand abgeben.